Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
Zelten hin und her wanderten, aber Anzeichen von Unruhe oder gar Kriegsvorbereitungen konnten sie nicht erkennen.
Da tauchten von Norden her zwei Reiter auf, offenbar aus der Nachhut der Armee der Mampfer.
Als sie die Festungsmauer erreichten, rief einer von ihnen zu den Wachposten hinauf:
»He! Was geht da vor sich? Wir haben einen Feuerschein am Himmel gesehen!«
Jon, der auf dem Turm über dem Nordtor Wache hielt, beugte sich über die Brüstung und rief mit verstellter Stimme heiser:
»Keine Sorge, wir haben den Brand schnell in den Griff bekommen.«
Der Reiter erwiderte nichts und beugte sich zu seinem Begleiter hinüber, um leise mit ihm zu diskutieren.
»Kehrt wieder zu euren Truppen zurück«, fügte Jon in noch tieferer Tonlage hinzu. »Stürmt gen Norden, um dieses Geschmeiß zu vernichten!«
»Die Erlösung wird unser Lohn sein!«, schrie der zweite Reiter zurück.
Jon wusste nicht, was er entgegnen sollte. Nournia, die neben ihm stand, schlug entsetzt die Hand vor den Mund.
»Das ist ein Code!«, flüsterte sie. »Er erwartet eine bestimmte Antwort!«
»Und was soll ich ihm sagen?«
»Keine Ahnung! Das muss die Losung für das Betreten der Festung oder so was in der Art sein!«
Jon zuckte die Achseln und rief zu den Männern hinunter:
»Gelobt sei die Königin!«
Die beiden Reiter sahen sich an, wendeten mit einem jähen Ruck an den Zügeln ihre Pferde und stoben davon.
»Danebengeraten«, sagte Jon.
»Dann können wir uns schon mal auf unangenehmen Besuch einstellen. Die Mampfer werden kehrtmachen!«
Die Morgendämmerung kam nur mühsam gegen die grauen Regenschleier an.
Zelie und Maylis hatten sich gerade zum Schlafen hingelegt, als Howard, der Weitwanderer, in ihre Kammer polterte.
»Im Lager der Zweiten Armee tut sich was! Schnell!«
Sie streiften sich ihre Mäntel über und rannten auf den Wachturm über dem Südtor. Auf einer Seite des Feldlagers herrschte offenbar großer Aufruhr. Die Kavalleristen sprangen auf ihre Pferde, und die Bogenschützen füllten hastig ihre Köcher nach.
Doch die Männer wandten sich nicht der Festung zu, sondern gestikulierten in Richtung eines bewaldeten Streifens zwischen ihren Zelten und dem Fluss am Rand des Passes.
Plötzlich brachen sieben riesige Hunde aus dem Regendunst und zogen schneller als galoppierende Pferde an ihnen vorbei. Auf ihren Rücken saßen zusammengekauert fünf winzige Gestalten.
Zelie blickte durch das Fernglas, das Howard ihr reichte, und schrie:
»Das ist Matt! Matt und einige aus der Truppe, die ihn nach Wyrd’Lon-Deis begleitet hat!«
Rund zwanzig Reiter hefteten sich sofort an ihre Fersen, und zwanzig weitere versuchten, ihnen seitlich den Weg abzuschneiden.
Wenn es den Zyniks gelang, sie abzufangen, hatten ihre Bogenschützen leichtes Spiel.
»Holt die Feuerwerfer her«, befahl Zelie. »Schnell!«
53. Eingekesselt
M elchiot stürzte in Begleitung von zwei Dutzend Pans herbei, die sich in aller Eile Schläuche mit Leuchtkäfern an die Gürtel geheftet hatten.
»Sorgt dafür, dass niemand an die Hunde herankommt«, rief Zelie ihnen zu.
»Wenn wir unsere Fähigkeiten jetzt schon einsetzen, verraten wir den Zyniks unsere Wunderwaffe«, wandte Melchiot ein. »Dann wissen sie, worauf sie sich bei einer Attacke einstellen müssen!«
»Wenn wir nicht eingreifen, werden die fünf Pans da unten vor unseren Augen abgeschossen!«
Melchiot kratzte sich am Kinn. Er wollte nicht wie ein Unmensch klingen, konnte seine Einwände aber auch nicht hinunterschlucken.
»Diese Rettungsaktion könnte sehr viel mehr Pans das Leben kosten«, sagte er.
Zelie kamen erste Zweifel.
Maylis mischte sich ein:
»Diese fünf haben für uns Kopf und Kragen riskiert! Und vielleicht haben sie Malronce’ Geheimwaffe bei sich!«
Melchiot wirkte immer noch skeptisch. Er sah Zelie abwartend an.
»Bezieht Stellung. Wir eröffnen das Feuer«, sagte sie nach kurzem Zögern.
Die Zyniks preschten auf die Hunde zu. Zwischen ihnen und der Festungsmauer lagen fast achthundert Meter.
»Auf diese Entfernung könnten die Blitze ihr Ziel verfehlen und die Hunde treffen«, warnte Maylis.
»Dieses Risiko gehen wir ein«, beschloss Zelie und gab das Signal.
Auf den Gesichtern der Pans tanzte das rot-blaue Licht des Skaraheers, als sie sich konzentrierten und die ersten bunten Blitze in Richtung der Reiter schickten.
Ein Funkenregen erhellte schlagartig das trübe Licht des frühen Morgens, und die wilde Verfolgungsjagd verschwand in einer weißen
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