Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
ins Land der Zyniks zu gelangen.
Noch nie hatten sie sich verletzlicher gefühlt als jetzt, da alle Hoffnungen auf ihnen ruhten.
Während sie in die zuckenden Flammen starrten, wurde ihnen klar, dass von ihren Entscheidungen und ihrem Handeln das Schicksal ihres Volkes abhing.
Matt wälzte sich über eine Stunde in seinem Schlafsack hin und her, bis er endlich Schlaf fand.
Das Feuer war ausgegangen, und die Hunde schnarchten leise.
Da riss ein greller, langgezogener Schrei ihn brutal aus dem Schlaf. Es klang beinahe wie das Lachen eines Ungeheuers. Blitzschnell sprang er auf und zog das Schwert, als habe er nur auf dieses Zeichen gewartet.
15. Grauenhafte Begegnung
D ie Dunkelheit hatte die Umgebung völlig verschluckt. Bäume und Gestrüpp bildeten nur schwarze Tupfer in einem graublauen Schleier.
Die beiden stets wachsamen Weitwanderer waren ebenfalls sofort auf den Beinen.
»Hast du ihn gesehen?«, flüsterte Ben, der dicht neben Matt stand.
»Nein. Er wird von Ast zu Ast hüpfen, auf dieses Geräusch müssen wir achten.«
Neil kroch auf sie zu.
»Das ist ein Nachtschleicher, oder?«
Weder Ben noch Matt antworteten. Angestrengt spähten sie in den Wald ringsum.
Die Hunde begannen alle auf einmal zu knurren.
Wieder zerriss ein schriller Hyänenschrei die Stille. Er kam aus den Baumwipfeln weit über ihnen. Kurz darauf antwortete ein zweiter Schrei, ganz nah.
»Nein«, sagte Matt, »nicht ein Nachtschleicher, sondern zwei. Neil, schau nach, ob alle wach sind. Holt eure Waffen. Wir bilden einen Kreis um die Feuerstelle.«
Seine Gefährten hatten weniger Vorkehrungen getroffen als er. Sie mussten erst in ihre Kleider schlüpfen, bevor sie nach Armbrust, Bogen, Schwert und Stock greifen und Stellung beziehen konnten.
Da Ambre keine Waffe besaß, hielt Matt ihr sein Jagdmesser hin.
»Nimm wenigstens das!«
»Nein, ohne komme ich besser klar«, sagte sie und drückte ihren Rucksack an sich, als beschütze sie einen Schatz.
Plötzlich stürzte eine fahle Gestalt aus dem Gestrüpp, sprang über die aufgeregte Hundemeute hinweg und richtete sich vor den Jugendlichen auf.
Das Wesen hatte einen menschenähnlichen Rumpf mit feinen, knotigen Gliedern und einem länglichen, unförmigen Schädel. Die leichenblasse Haut überzog fleischlose Knochen, und der vorstehende Kiefer entblößte eine Reihe spitzer Fangzähne. In der Dunkelheit leuchteten die Schlitzaugen gelblich.
Die scharfen Krallen des Nachtschleichers pfiffen so schnell durch die Luft, dass niemand reagieren konnte.
Im nächsten Augenblick versuchte Matt, ihm mit einem Schwerthieb den Arm abzuhacken.
Er hörte einen Jungen aufbrüllen, während der Nachtschleicher zu ihm herumfuhr.
Matt spürte einen stechenden Schmerz am Handgelenk, und ein harter Schlag schleuderte sein Schwert drei Meter weit weg.
Noch bevor die anderen ihre Waffen in die Höhe reißen konnten, war der Nachtschleicher im hohen Farnkraut verschwunden.
»Verdammt, ist der schnell«, rief Horace.
»Luiz!«, schrie Floyd.
In der Brust des jungen Mexikaners klaffte eine offene Wunde, sein T-Shirt war blutdurchtränkt. Er schnappte nach Luft wie ein gestrandeter Fisch und sah die anderen verwirrt an.
Neil lief zu ihm.
Aber er kam nicht mehr dazu, dem Verletzten zu helfen. Eine Blätterwolke stob auf, und der Nachtschleicher schoss jäh wieder aus dem Dickicht, packte Luiz mit seinen ungeheuren Greifarmen an den Knöcheln und zog ihn ins Unterholz.
Ben rannte herbei und schwang seine Axt.
Da ließ sich der zweite Nachtschleicher aus den Ästen über ihnen fallen, stieß Ben beiseite und griff gierig nach Tania, die wie gelähmt dastand. Horace’ Stockspitze bohrte sich gerade noch rechtzeitig in die Hand des Monsters, bevor die Krallen ihr die Kehle aufschlitzten.
Horace brüllte vor Wut und Angst. Er schien wie entfesselt.
»Aaaaaaaah! Verreck, du Scheißvieh!«
Matt und Floyd holten im selben Augenblick zum Schlag aus, der eine mit der Faust und all der übernatürlichen Kraft, die in ihm steckte, der andere mit seinem Schwert.
Der Nachtschleicher wich beiden Hieben mit verblüffender Geschwindigkeit aus und nutzte die Blöße, die sich die Jungen gegeben hatten, zum Gegenangriff.
Matt wich nicht schnell genug zurück und wurde an der Seite getroffen. Sofort schoss warmes Blut aus der Wunde und strömte über seine Hüfte. Stöhnend vor Schmerz sank er auf die Knie.
Floyd hatte sich im letzten Augenblick zur Seite rollen können, aber als er den Blick hob,
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