ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
richtige kleine Gemeinschaft aufgebaut. Wir verstehen uns gut, und es gibt so viel zu tun, dass man erst gar nicht auf trübe Gedanken kommt.«
Matt atmete tief ein, um den lähmenden Kummer zu verjagen, der ihm die Kehle zuschnürte und die Tränen in die Augen trieb.
»Und was ist das dritte Lager?«, fragte er. »Du hast von drei Gruppen gesprochen.«
»Die Mampfer. Sie haben sich zu kleinen Sippen zusammengerottet und sind offenbar geschickter und listiger geworden. Sie schlafen nicht mehr irgendwo im Freien und haben sich Waffen gebaut.«
»Sind sie aggressiv?«
Tobias nickte.
»Und wie! Schlimmer als die Menschen! Wenn sie einem von uns begegnen, versuchen sie ihn zu töten. Die Erwachsenen sind viel heimtückischer. Sie entführen Kinder, warum auch immer. Wenn sie eines zu fassen kriegen, hört man nie wieder von ihm.«
»Sie entführen uns?«
»Ja, und zwar massenweise. Die Erwachsenen greifen in Gruppen an und versuchen, so viele Gefangene wie möglich zu machen. Wer erwischt wird, kommt nie mehr zurück. Das ist alles, was wir im Moment wissen.«
»Passiert das häufig?«, fragte Matt verwundert.
»Jetzt nicht mehr. Zumindest nicht in dieser Gegend, hier ist es etwas ruhiger. Na ja, zumindest was die Erwachsenen angeht. Im Wald wimmelt es nur so vor Gefahren.«
Matt machte große Augen. Es war einfach nicht zu fassen. Nichts war mehr wie früher. Wenn er den Sturm und die Flucht aus dem völlig zerstörten New York nicht selbst miterlebt hätte, hätte er seinem Freund kein Wort geglaubt.
Ohne auf Einzelheiten einzugehen, erzählte Tobias von schrecklichen fremden Wesen, die nachts durch die umliegenden Wälder streunten. Dann erklärte er, dass der Sturm viele Kinder verschont hatte. Überlebende aller Altersstufen waren gesichtet worden, von Säuglingen bis zu Siebzehn- und Achtzehnjährigen. Im ganzen Land hatten sie sich ein paar Tage nach der Katastrophe zu Gemeinschaften zusammengetan, zu Gruppen mit zehn, bisweilen auch fünfzig Mitgliedern. Gerüchten zufolge gab es sogar Dörfer mit über hundert Jugendlichen!
»Wie? Gerüchte?«, fragte Matt. »Woher wollt ihr das wissen, ganz ohne Telefon, Radio und andere Kommunikationsmittel?«
»Durch die Weitwanderer! Irgendeiner im Westen hat damit angefangen. Er lebte in einer relativ großen Gemeinschaft und wollte nachsehen, ob es anderswo noch mehr Überlebende gab. Also marschierte er einfach los, quer durchs Land, bis er weitere Gruppen fand. Er nannte sich Weitwanderer und wollte Hoffnung und Nachrichten verbreiten. Das hat einen weiteren Jungen inspiriert, der daraufhin in eine andere Richtung losgezogen ist. Inzwischen folgen etwa ein Dutzend Wanderer ihrem Beispiel und ziehen auf der Suche nach Gemeinschaften wie der unseren durch die Welt, um Nachrichten weiterzutragen.«
»Die sind ja lebensmüde! Bei den Gefahren da draußen!«
Tobias zuckte mit den Schultern.
»Deshalb ist Gastfreundschaft gegenüber den Weitwanderern unser oberstes Gebot. Wir geben ihnen zu essen und bieten ihnen eine Unterkunft. Als Gegenleistung erzählen sie uns, was sie in Erfahrung gebracht haben. Nach dem neuesten Stand gibt es derzeit etwa vierzig Pan-Gemeinschaften.«
»Pan-Gemeinschaften?«
»Ach ja! So heißen wir jetzt. Die Kinder und Jugendlichen bilden zusammen die Gemeinschaft der Pans. Wir wussten erst nicht, wie wir uns nennen sollten. Wir konnten uns einfach nicht einigen. Eines Tages haben wir von einem Weitwanderer erfahren, dass manche im Westen sich diesen Namen als Hommage an Peter Pan ausgedacht haben.«
»Das Kind, das nicht erwachsen werden will«, erinnerte sich Matt.
»Genau. Denn alle Erwachsenen, denen wir bisher begegnet sind, waren böse. Kein einziger wollte uns helfen. Ganz im Gegenteil, sie sind nur darauf aus, uns außer Gefecht zu setzen und mitzunehmen. Sie sind allesamt kalt und grausam. Daher nennen wir sie die Zyniks. Jetzt weißt du das Wichtigste.«
»Warum tun sich die Jugendlichen … die Pans nicht alle zusammen und gründen eine riesige Stadt? Dann wären wir noch viel stärker.«
»Wir stehen ganz am Anfang. Die Weitwanderer gibt es erst seit zwei Monaten. Und sogar sie verirren sich ständig, die meisten finden nicht zu ihrer Gemeinschaft zurück. Es ist schwer, den Überblick zu behalten. Nichts ist mehr wie früher. Manche Weitwanderer kommen unterwegs ums Leben, überall lauern Gefahren. Im Moment versucht jede Gemeinschaft, sich so weit zu organisieren, dass sie sich versorgen und verteidigen kann.
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