ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
anderes übrigbleiben, als auf die Jagd zu gehen. Wir essen schon lange kein Fleisch mehr, und wenn wir nicht bald Getreide anbauen, wird uns irgendwann das Mehl zum Brotbacken ausgehen.«
Tobias ließ den Blick über die unendlichen Weiten der Wälder streifen.
»Es gibt viel zu tun«, fügte er leise hinzu.
»Doug hat hier ziemlich viel zu sagen, nicht wahr?«
Tobias nickte.
»Er ist einer der Ältesten. Er kennt die Insel sehr gut, weil er schon vorher hier gewohnt hat, und er ist ein kluger Kopf. Er weiß unglaublich viel. Und wenn er einmal etwas nicht weiß, kannst du darauf wetten, dass er am nächsten Tag mit der Lösung ankommt. Ich vermute, dass er die meiste Zeit über in den Bibliotheken der Villa steckt. Du hast doch die ganzen Bücherregale gesehen, oder? Sein Vater war ein Intellektueller, der Kunstwerke und Wissen angehäuft hat. Tja, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, was?«
Matt verspürte einen Stich in der Brust, als er an seinen eigenen Vater dachte. Jetzt musste er sich mit dieser Scheidungsgeschichte nicht mehr auseinandersetzen. Keine Trennung, keine Entscheidung, bei wem er lieber wohnen wollte. Fast bedauerte er es, diese grausame Wahl nicht mehr treffen zu müssen. Plötzlich wurde ihm wieder schwindlig, heftiger diesmal, und er spürte, wie erschöpft er war. Er hatte seine Muskeln überstrapaziert, sein Körper konnte nicht mehr. Die Begeisterung, die ihn angetrieben hatte, war verflogen.
Tobias stützte ihn auf dem Weg zu seinem Zimmer, und kaum lag Matt in seinem Bett, sank er in einen tiefen Schlaf.
Er wachte erst kurz vor dem Abendessen wieder auf und ging trotz Dougs Bedenken in den Speisesaal zu den anderen Bewohnern des Hauses hinunter. Da an diesem Abend andere mit der Wache an der Reihe waren, waren alle Einwohner des Kraken anwesend. Nach den beiden Brüdern und Billy mit seinen strubbligen Haaren lernte Matt Calvin kennen, einen kleinen dunkelhäutigen Jungen, der ihn über das ganze Gesicht anstrahlte, während der etwa gleichaltrige Arthur ihn misstrauisch anstarrte, als er die breite Treppe herunterkam. Plusch war nicht bei ihnen, da sie sich lieber draußen aufhielt, wie Tobias ihm erklärte. Sie schlief irgendwo im Unterholz und tauchte nur hin und wieder auf, wenn sie gerade Lust darauf hatte. Futter fand sie selbst, man musste ihr nur manchmal das Fell bürsten.
Matt wurde ein Platz am Tischende zugewiesen, während Travis, der mit seiner verdreckten Latzhose und den Grashalmen in seiner roten Mähne aussah, als hätte er sich eben noch durch den Wald geschlagen, ihnen eine Gemüsesuppe servierte. Owen, mit seinen elf Jahren der Jüngste unter ihnen, der ständig über beide Ohren frech grinste, drückte ein Stück Brotkrume zu einer Kugel zusammen und warf sie dem Rotschopf in die Haare. Doug wies ihn in strengem Ton zurecht.
»Nicht das Essen verschwenden, Owen! Es ist das Wichtigste, das uns noch bleibt.«
Regie nickte eifrig. Er hatte seinen Hut neben sich auf den Tisch gelegt.
»Ich dachte, er könnte erst in ein paar Tagen aufstehen«, wunderte sich Arthur und zeigte auf Matt.
Doug zuckte mit den Schultern.
»Dachte ich auch. Nach fünf Monaten Bettlägerigkeit müssten sich seine Muskeln eigentlich verkrümmt haben, aber wenn man ihn so ansieht, hat man nicht den Eindruck, als sei er sonderlich geschwächt. Ich muss zugeben, dass Matt ziemlich … zäh ist.«
Seine ratlose Miene verriet, dass er keine Erklärung dafür hatte.
Die neun Jungen aßen mit Appetit und gingen dann nach oben, um sich schlafen zu legen. Sie hatten einen harten Tag hinter sich, und niemand wollte lange aufbleiben. Matt verzichtete auf Dougs Angebot, ihn bis zu seinem Zimmer zu begleiten. Inzwischen fand er sich in dem Labyrinth aus Korridoren und Sälen im Haus des Kraken schon ganz gut zurecht.
Doch dann musste er doch falsch abgebogen sein, denn er lief plötzlich nicht mehr in die richtige Richtung und blieb auf einer kleinen Holztreppe vor einem schmalen, hohen Fenster stehen. Draußen hoben sich die Umrisse der Villa, in der es angeblich spukte, dunkel gegen den Nachthimmel ab. Matt überlegte schon, ob er sie etwas länger beobachten sollte, um die seltsamen Vorgänge mit eigenen Augen zu sehen, als er im Flur ganz in der Nähe eine Unterhaltung hörte.
»Wir treffen uns um ein Uhr nachts, einverstanden?«, fragte die erste Stimme.
»Alles klar. Vergiss die Decken nicht, draußen ist es kalt«, antwortete die zweite.
Matt vermutete, dass sie von der Wache
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