ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
gesehen hast, als ich im Koma lag.«
»Das war kein normales Koma. Wir hatten Angst, dass du nie wieder aufwachst.«
»Du scheinst dich in medizinischen Dingen gut auszukennen.«
Sie spitzte die Lippen und überlegte.
»Ich würde mich als Rationalistin bezeichnen. Ich will eben wissen, wie die Welt funktioniert. Du kannst es auch Neugier nennen. Und du, verstehst du zufällig was von Biologie oder Physik?«
»Wegen der Krankheiten, die ihr vorhin erwähnt habt?«
»Das sind keine Krankheiten. Ich versuche einfach, mehr darüber herauszufinden, und dazu brauche ich physikalische Informationen.«
»In den Bibliotheken des Kraken dürftest du finden, was du suchst. Das trifft sich ja gut: Tobias und ich wollten dort heute Abend eine Runde drehen. Wir könnten dir helfen.«
Tobias warf seinem Freund einen verblüfften Blick zu. Sie hatten nichts dergleichen vorgehabt.
Ambres Gesicht leuchtete auf.
»Eine tolle Idee! Wir treffen uns am besten in einer Stunde wieder hier, ich muss noch mal in die Hydra.«
Als sie weg war, sah Tobias Matt spöttisch an.
»Sie gefällt dir, stimmt’s?«
»Hör doch auf! Ich dachte mir, das wäre eine gute Gelegenheit, sie mal näher unter die Lupe zu nehmen.«
Tobias schnaubte.
»Was wollen wir denn um diese Uhrzeit in einer Bibliothek? Manchmal hast du echt komische Ideen!«
»Hast du schon von diesen Krankheiten gehört?«
»Hie und da. Manche haben Angst davor, vor allem seit der letzte Weitwanderer uns erzählt hat, dass es anderswo genauso ist. Es sind nur Kopfschmerzen und Fieber, die schnell wieder vergehen, aber trotzdem ist es unheimlich. Irgendwann kam das Gerücht auf, dass vielleicht auch die Pans dabei sind, sich zu verändern. Schließlich hat sich ja ein Teil der Menschen in Mampfer verwandelt, wieso sollte uns das nicht auch passieren?«
»Wie furchtbar!«, stöhnte Matt. »Und du? Hast du Kopfschmerzen?«
»Nein, und ich hoffe schwer, dass ich keine kriege.«
Sie wandten sich schon ab, um den Saal zu verlassen und in ihren Zimmern zu warten, bis Ambre zurückkam, da hielt Matt noch einmal inne.
»Du, ich wollte dich was fragen: Wie wisst ihr denn, wie viel Uhr es ist?«
Tobias zeigte auf eine alte Wanduhr aus Holz, die in einer Ecke stand.
»Die aufziehbaren Uhrmechanismen funktionieren noch. Nur elektrische oder batteriebetriebene Geräte gehen nicht mehr.«
»Was ist mit den Autos?«
»Spurlos verschwunden. Sie sind zu Metallpfützen geschmolzen, die schon längst von Pflanzen überwuchert sind. Die Städte sind nicht wiederzuerkennen. Man fühlt sich dort wie in tausend Jahre alten Ruinen!«
Sie waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie den Jungen nicht bemerkten, der sich hinter einem Mauervorsprung versteckt hatte und sie heimlich beobachtete. Er spähte ihnen nach, bis sie auf der Treppe verschwunden waren. Dann zog er sich einen grauen Umhang über und schlich in die Nacht hinaus.
19. Die Gemeinschaft der Drei
S ie trafen Ambre zum vereinbarten Zeitpunkt und stiegen unter Tobias’ Führung in die oberen Stockwerke hinauf.
Jeder von ihnen trug eine Öllampe, ihre einzige Lichtquelle außer den Kerzen in den Fackelhaltern, die ursprünglich nur zur Zierde an den Wänden angebracht worden waren. Erfolglos suchten sie zwei Bibliotheken nach wissenschaftlichen Werken ab, bis sie schließlich in einem kleinen, etwas versteckt gelegenen Raum im Dachgeschoss fündig wurden. Gewaltige Bücherregale, die sich gut vier Meter hoch auftürmten, bedeckten die Wände, von denen nichts mehr zu sehen war. Darüber verlief eine schmale Galerie, die man nur über eine knarrende Leiter erreichen konnte.
Im sanften Mondlicht, das durch die Fenster fiel, leuchteten die Buchrücken wie ein buntes Mosaik. Die Mitte des Zimmers wurde von einem Tisch eingenommen, um den vier mit grünem Stoff bezogene Sitzbänke standen.
»Was suchen wir?«, fragte Matt.
»Alle Bücher, die mit Elektrizität und Bewegungsenergie zu tun haben.«
Die beiden Jungen warfen sich einen verdutzten Blick zu. Tobias protestierte:
»Bist du sicher, dass wir darin …«
Ambre fiel ihm ins Wort.
»Wollt ihr mir nun helfen oder nicht?«
Sie nickten und teilten die Regale unter sich auf. Es war nicht leicht, im schwachen Schein der Öllampen die Titel zu entziffern, und häufig mussten sie die Bücher aufschlagen, um die Inhaltsangabe zu lesen. Nach einer Stunde hatten sie erst ein einziges Buch zur Seite gelegt. Ambre, die gerade die oberen Reihen absuchte, beugte sich über die
Weitere Kostenlose Bücher