ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
flüsterte und tuschelte es. Er kam sich wie ein Affe im Zoo vor.
Als endlich Stille eingetreten war, stieg er langsam und steif auf die steinerne Bühne und ließ seine Augen über die Versammlung schweifen.
»Freunde«, begann er, »wie ihr gesehen habt, ist seit dem Sturm irgendetwas mit meinem Körper geschehen. Unter bestimmten Bedingungen entwickle ich außergewöhnliche Kräfte. Ambre, die ihr alle kennt, hält dieses Phänomen für eine ›natürliche‹ Veränderung, von der wir alle betroffen sind.«
Er winkte sie zu sich, um das Wort an sie weiterzugeben. Ambre stand auf, stellte sich neben ihn und erklärte:
»Dougs Überlegungen haben mich zu folgendem Schluss kommen lassen: Die Erde hat einen Selbstverteidigungsmechanismus ausgelöst, der sich sowohl durch das gehäufte Auftreten von Orkanen, Erdbeben und Vulkanausbrüchen als auch durch Temperaturextreme und die Klimaerwärmung angekündigt hat. Wir haben die Warnungen missachtet, und so hat dieser Selbstschutzimpuls am Abend des 26. Dezember seinen Höhepunkt erreicht, als der große Sturm die Welt verwüstet hat.«
Mit aufgerissenen Augen und offenem Mund folgten die Pans ihren Ausführungen. Ein paar runzelten skeptisch die Stirn. Ambre schlenderte auf dem Podest hin und her, während sie weitersprach.
»Der Impuls, wie auch immer er funktioniert, sorgte außerdem dafür, dass bestimmte genetische Codes durcheinandergeraten sind, vor allem bei den Pflanzen, deren Wachstumsgeschwindigkeit durch die Beschleunigung der Fotosynthese …«
Ein ratloses Gemurmel erhob sich. Ambre hob beschwichtigend die Hand.
»Die Fotosynthese ist die Fähigkeit einer Pflanze, Sonnenlicht und Kohlendioxid aufzunehmen und daraus die Stoffe zu erzeugen, die sie zum Leben und Wachsen braucht. Keine Sorge, ich habe die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen, ich habe in der Schule nur gut aufgepasst«, scherzte sie. »Und seit dieser ganzen Geschichte lese ich viele wissenschaftliche Bücher! Um es kurz zu machen: Die Erde hat auf unsere Verschmutzungen und unsere Maßlosigkeit reagiert und die Pflanzen schneller wachsen lassen. Und um sicherzugehen, dass das Problem sich nicht wiederholt, hat sie ihre Blitze über die Menschheit entfacht. In jener Nacht ist ein Großteil der Erwachsenen verschwunden. Einige haben überlebt und begegnen uns heute mit Eifersucht und Hass: die Zyniks. Andere haben den abrupten genetischen Eingriff nicht verkraftet und sind zu wilden Tieren geworden: die Mampfer. Und dann gibt es noch uns, die Pans. Warum hat uns die Erde nahezu vollständig verschont? Ich kann nur vermuten, dass sie noch Hoffnung in uns setzt. Wir sind ihre Kinder, nun ja, ihre Ururur- – ich könnte noch ewig so weitermachen – ihre Ururenkel. Auch wenn es lange her ist, sind wir doch die Frucht ihres Leibes. Sie hat den Glauben an die Menschheit noch nicht verloren.«
Die Zuhörer lauschten so gebannt, dass man den Wind durch die langen Gänge der Villa pfeifen hörte. Ambre sah in ihre besorgten und zugleich neugierigen Mienen. Dann fuhr sie fort:
»Eigentlich hat die Erde nur das getan, was auf kleinerer Ebene in allen von ihr geschaffenen Organismen vor sich geht: Sie hat eine Abwehrreaktion hervorgerufen. Als sie ihre Antikörper entsandt hat, haben wir uns sozusagen angesteckt. Wie alle anderen Lebensformen auf diesem Planeten hat unser Körper darauf reagiert. Ihr habt sicher bemerkt, dass in dieser Welt da draußen kaum noch etwas so geblieben ist, wie wir es von früher kannten. Das Gleiche gilt für uns. Der Impuls hat einen Teil unseres Erbguts modifiziert, das wir von unseren Eltern und Vorfahren überliefert bekommen haben und das uns zu dem macht, was wir sind: Ob blond oder dunkelhaarig, groß oder klein, schmächtig oder kräftig, das alles wird durch genetische Informationen bestimmt, mit denen wir schon auf die Welt kommen und die sich nicht verändern. Die Lebensweise, für die wir uns entscheiden, beeinflusst dann, ob wir muskulös oder dick werden, ob wir für gewisse Krankheiten empfänglich sind oder nicht, ob wir gebildet oder unwissend sind und so weiter. Diese Lebenserfahrung eignen wir uns durch Lernen an. Seit dem Sturm scheint unsere genetische Basis instabiler geworden zu sein und lässt sich durch unser Handeln beeinflussen. Was wir lernen, wirkt auf das ein, was uns angeboren ist. Offenbar entwickeln wir besondere Fähigkeiten im Zusammenhang mit dem, was wir täglich tun. Ich nenne das die Alteration.«
Einige Pans sagten
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