ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
Matt fühlte sich außerstande, seine Kräfte heraufzubeschwören. Beim Training hatte es noch nie geklappt, warum sollte es diesmal funktionieren? Er schien nur über sich hinauswachsen zu können, wenn er von der Gefahr überrollt wurde und in eine Art Trance geriet. Egal, ich muss mein Glück versuchen. Wenn ich den Überraschungseffekt nutze, kann ich sie vielleicht k.o. schlagen. Matts Beine fühlten sich wie Watte an, er zitterte vor Angst. Das würde er nie schaffen!
Der Junge mit der herrischen Stimme blieb genau vor dem Sofa stehen, unter dem er kauerte. Jetzt! Los jetzt! Aber Matt blieb wie gelähmt liegen. Er brachte einfach nicht den nötigen Mut auf.
»Es muss jemand hier gewesen sein!«, beharrte der Junge, der den Suchtrupp anführte. »Ich gehe jede Wette ein, dass es dieser Typ war, dem Doug nicht traut. Dieser Matt.«
»Sollen wir mal in seinem Zimmer nachsehen? Wenn wir uns beeilen, können wir noch vor ihm dort sein. Wenn er nicht in seinem Bett liegt, ist alles klar. Und wenn er ganz außer Atem ist, haben wir ihn ebenfalls!«
»Gute Idee! Schnell!«
Die drei düsten los. Matt kroch unter dem Sofa hervor und befreite Tobias aus dem Schrank.
»Es ist aus!«, rief Matt verzweifelt. »Sie laufen in mein Zimmer. Wenn sie mein leeres Bett sehen, bestätigt sich ihr Verdacht, dass ich hier war und alles über ihren Plan weiß. Dann bin ich erledigt!«
»Dann gehen wir eben in mein Zimmer. Wenn sie schlau sind, sehen sie bestimmt auch dort nach. Alle wissen, dass wir ständig zusammen rumhängen.«
Weniger als fünf Minuten später stellten sich Tobias und Matt schlafend, der eine in seinem Bett, der andere auf dem Sofa. Kurz darauf ging die Tür einen Spalt auf. Die beiden Freunde hielten die Luft an, damit ihr keuchender Atem nicht zu hören war, und jemand flüsterte:
»Siehst du, da sind sie! Ich habe euch doch gesagt, dass es nur der Wind war!«
Die Tür schloss sich wieder, und Matt atmete erleichtert auf.
Das war gerade noch einmal gut gegangen.
31. Nächtliche Besucher
I m Laufe jener drei Tage, an denen ihre Freunde auf der Lauer waren, wurde Ambre mit Fragen überschüttet. Nacheinander kamen fast alle Inselbewohner zu ihr, um zu fragen, ob es normal war, dass ihnen die Beine weh taten oder der Kopf schmerzte, dass sie Alpträume hatten, deprimiert waren oder sich einsam fühlten. Mit der Zeit hatte sie den Eindruck, eher eine Seelsorgerin als eine wissenschaftliche Pionierin zu sein.
Trotz allem stellte sie zu ihrer Zufriedenheit bei fünf Pans klare Anzeichen einer Alteration fest. Was Sergio betraf, bestätigte sich ihre Vermutung: Er war in der Lage, innerhalb kürzester Zeit Funken zu schlagen, und da sie ein weit größeres Potenzial in ihm vermutete, ermutigte sie ihn, ohne Feuersteine zu üben. Außerdem bestand kein Zweifel mehr daran, dass Gwen ein besonderes Verhältnis zur Elektrizität hatte. In einem dreistündigen Gespräch versuchte Ambre ihr klarzumachen, dass die sonderbaren Erscheinungen keineswegs ihre Gesundheit gefährdeten, sondern nur eine natürliche Folge des Sturms waren, eine Entwicklung, die der Selbsterhaltungsimpuls der Erde ausgelöst hatte.
Bill, ein kleiner Pan aus dem Zentauren, konnte winzige Wirbel in einem Wasserglas erzeugen, was Ambre einige Hoffnung machte. Mit etwas Übung würde er im Laufe der Zeit vielleicht deutlich größere Wassermassen beeinflussen können. Schließlich waren da noch Amanda und Marek, die in der Lage waren, bestimmte Pflanzen, Pilze und Früchte selbst aus weiter Entfernung zu riechen. Zunächst hatte Ambre ihre Zweifel, doch dann nahmen die beiden sie auf einen Spaziergang durch den Wald mit, bei dem sie geduldig schnüffelnd umherschlenderten und stets fanden, was sie suchten. Das dauerte zwar ewig und klappte auch nicht immer, aber das Ergebnis war dennoch beeindruckend. Als sie ihr erzählten, dass sie von Anfang an freiwillig auf der Insel Beeren sammeln oder am anderen Ufer Obst pflücken gingen, sah Ambre sich in ihrer Theorie bestätigt. Die Alteration war an einen Bedarf gekoppelt. Je öfter man etwas tat, desto ausgeprägter entwickelte sich die dementsprechend benötigte Fähigkeit.
Die vielen Gespräche ermüdeten sie so sehr, dass sie am Morgen des vierten Tages kaum aus dem Bett kam. Sie wusch sich mit kaltem Wasser, wie es alle Pans taten, aß eine Scheibe Brot und einen Apfel zum Frühstück und machte sich auf zu ihrer »Praxis«, einem einfachen Rundbau aus Stein unter freiem Himmel, der etwa
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