Alterra. Im Reich der Königin
sicher, Herr Berater. Der Offizier, der ihn untersucht hat, versteht nicht viel davon. Er hat seinen Puls nicht gefunden, aber ich habe den Jungen selbst abgehorcht und kann Ihnen garantieren, dass er noch lebt. Wahrscheinlich hat ihm diese sonderbare Weste das Leben gerettet. Er wird bald zu sich kommen.«
»Man hat mir berichtet, dass er eine außergewöhnliche Stärke an den Tag gelegt hat. Ist das wahr?«
»Ich fürchte, ja. Soweit ich gehört habe, könnten nur wenige unserer Männer es mit ihm aufnehmen. Kaum zu glauben!«
»Weiß man, warum er den Trupp angegriffen hat?«
»Um einen Hund zu befreien. Ich weiß, das klingt seltsam, es handelt sich allerdings auch um einen besonderen Hund. Am Widerrist erreicht er eine Höhe von einem Meter fünfzig.«
»Ist das die Ausrüstung, die bei ihm gefunden wurde?«
»Ja. Er trug sie nicht bei sich, aber diese Bündel lagen ganz in der Nähe.«
»Sehr gut. Ich nehme die Sachen an mich. Der Hund kommt auch mit. Offenbar ist ihm das Tier wichtig, also behalte ich es besser bei mir.«
»Ich habe seine Haut noch nicht untersucht. Soll ich das noch tun?«
»Nicht nötig, das wird an höherer Stelle geschehen. Ich werde mich nun etwas ausruhen. Lassen Sie mich holen, sobald er aufwacht.«
Matt hörte, wie sich Schritte entfernten und Türen schlugen. Dann ging das heiß-kalte Wechselbad von neuem los.
Immer wieder glitt er aus der Bewusstlosigkeit in eine Art Halbschlaf, in dem er sich zwar nicht rühren, aber hören und riechen konnte. Ringsum war alles still. Ein unangenehm ranziger Geruch stieg ihm in die Nase.
Schließlich gelang es ihm, die Augen zu öffnen. Er lag auf einem Tisch in der Mitte eines großen Raums, der von Laternen erleuchtet wurde. Der beißende Geruch musste von dem brennenden Lampenfett stammen.
Ihm tat alles weh. Er hatte das Gefühl, dass sein Gehirn von innen gegen die Schädeldecke pochte.
»Ah, du kommst zu dir, sehr gut. Möchtest du vielleicht etwas Wasser? Du musst viel trinken, damit dein Organismus nicht austrocknet.«
Ein etwa vierzigjähriger Mann mit struppigen Haaren und dichtem Bart hob Matts Kopf an und setzte ihm einen Kelch mit Wasser an die Lippen.
Als er sich abwandte, wollte Matt aufstehen und stellte fest, dass er auf den Tisch gefesselt war. Breite Lederriemen. Selbst wenn er all seine Kraft zusammennahm, würde er sie nicht zerreißen können. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Schultern, Arme und den Brustkorb, und so entspannte er seine Muskeln wieder, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Er fühlte sich sehr schwach.
Sein Wächter hatte den Raum verlassen und kehrte in Begleitung eines weiteren Zyniks in einem roten Kapuzenumhang zurück. Ein Mann von rund fünfzig Jahren, mit kaltem, hagerem Gesicht und einem stechenden Blick unter buschigen weißen Augenbrauen. Er trug eine Haube aus Stahl, die seinem Schädel perfekt angepasst war.
»Wie heißt du?«, fragte er hart.
Matt schluckte mühsam, brachte aber kein Wort hervor.
Der Mann verdrehte ihm so brutal das Handgelenk, dass Matt vor Schmerz aufschrie.
»Ich höre?«, sagte sein Peiniger.
»Matt …«, wimmerte er. »Matt Carter.«
»Was machst du hier?«
»Ich … Ich …«
Da seine Stimme brach, musste sich der Mann über ihn beugen, um ihn zu verstehen.
»Ich bin hier, um … dem dümmsten Zynik, der mir über den Weg läuft, ins Ohr zu spucken«, sagte Matt und spuckte den wenigen Speichel aus, den er hatte.
Der Mann richtete sich langsam auf, holte einen Stofffetzen, mit dem er sich das Gesicht abwischte, und stellte sich wieder neben Matt.
Dann rammte er ihm die Faust in den Unterleib, genau an die Stelle, wo ihn die Soldaten schon grün und blau geschlagen hatten.
Der zweite Hieb war noch brutaler.
Matt schrie.
»Ich frage noch einmal: Was machst du hier?«
Matt rang nach Luft, sein Herz schien zu zerspringen.
»Ich habe mich verlaufen«, japste er.
Der Mann ballte drohend die Faust.
»Ich schwöre es!«, flehte Matt. »Ich habe einen Weg nach Süden gesucht und bin aus Versehen hier gelandet!«
»Warum nach Süden?«
»Um mit Königin Malronce zu sprechen.«
Der Mann hielt inne und hob eine seiner dichten Augenbrauen.
»Was willst du von ihr?«
»Sie fragen, was sie von mir will! Ich habe die Steckbriefe mit meinem Bild gesehen«, erklärte Matt mit Tränen in den Augen.
Der Mann musterte ihn argwöhnisch. Er schien nicht zu wissen, was er von der Antwort halten sollte.
»Schön«, sagte er dann und wandte sich ab.
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