Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alterra. Im Reich der Königin

Alterra. Im Reich der Königin

Titel: Alterra. Im Reich der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
Vom Netzwerk:
Ruhepausen am Tag braucht und es in dieser Gegend oft windstill ist, können sie sich streckenweise nur in Strömungsgeschwindigkeit fortbewegen. Mit etwas Glück sind wir sogar vor ihnen in Henok.«
    Tobias hatte sich das Ganze einfacher vorgestellt.
    »Ist das eine Stadt? Ist es weit bis dahin?«
    »Ungefähr drei Tage. Bis dahin müssen wir es auch schaffen, das Schiff abzufangen, sonst ist es zu spät! In Henok können wir höchstens bis Anbruch der Nacht bleiben.«
    »Warum? Wird die Stadt dann zu scharf bewacht?«
    »In dieser Region schwärmen nachts die Schattenfresser zur Jagd aus, deswegen ist Henok auch in einer Höhle erbaut. Sobald es dunkel wird, darf niemand mehr ins Freie. Und außerdem beginnt hinter Henok schon Wyrd’Lon-Deis, und dorthin werde ich mich niemals wagen. Ihr würdet auch niemand anderen finden, der euch über diese Grenze begleitet. Wir müssen euren Freund auf jeden Fall noch vor Henok erreichen.«
    »Und wie gehen wir vor, wenn wir das Schiff eingeholt haben?«
    Der Unschuldstrinker warf Tobias einen verächtlichen Blick zu.
    »Es ist euer Freund, oder nicht? Wie ihr ihn da herausholt, ist euer Problem. Ich spiele nur den Chauffeur.«
    Tobias lehnte sich entmutigt auf seinem Sitz zurück und starrte in die Landschaft hinaus, die unter dem Fenster vorbeiglitt.
    Es würde nicht leicht sein, Matt zu retten.
    Zum ersten Mal beschlichen ihn Zweifel. Er wusste rein gar nichts über die Gefahren und Hindernisse, von denen der Unschuldstrinker gesprochen hatte.
    Stürzten sie sich vielleicht geradewegs ins Verderben?
    Aus den Augenwinkeln sah er zu Ambre hinüber, die stumm und entschlossen geradeaus blickte.
    Sie hat sich ganz tief in sich selbst verkrochen,
dachte er,
sie muss jetzt irgendwie lernen, mit ihrem Opfer zu leben.
    Dass Abenteuer Spaß machten, konnte man wirklich nicht behaupten.
    In dreihundert Metern Höhe, bei einer Geschwindigkeit von dreißig Knoten, kam Tobias zu einer furchtbaren Erkenntnis.
    Wenn es in dieser realen Welt tatsächlich Helden gab, dann war ihr Leben die Hölle.

[home]
    DRITTER TEIL
    Zu Wasser und in der Luft
    32. Ein schwimmendes Gefängnis
    M att hatte lange geschlafen.
    Lag es an den Salben und Elixieren, die sie ihm seit gestern gegen seinen Willen verabreichten?
    Wie spät mochte es sein? Es war sicher schon helllichter Tag …
    Matt schlug die Decke zurück und stellte mit Entsetzen fest, dass man ihm einen feuchten Wickel und mehrere Verbände angelegt hatte. Als er sie herunterriss, kamen seine blauen Flecke, Beulen und Schnittwunden zum Vorschein. Die Verletzungen waren zum Glück nur oberflächlich, aber die Kopfschmerzen flammten wieder auf.
    Sie hatten es ihm gründlich heimgezahlt.
    Benommen setzte er sich auf und wartete, bis er einigermaßen klar denken konnte. Dann sah er sich in der Kajüte um.
    Er war immer noch auf dem Schiff. Sie fuhren Richtung Süden.
    Zu Malronce.
    Matt sah seine Kleider über einem Stuhl hängen, zog sich an und trat ans Fenster. Das Bullauge ließ sich nicht öffnen. Von draußen drang gleißendes Sonnenlicht herein. Wahrscheinlich war es schon Nachmittag.
    Vor Schmerz pochten ihm die Schläfen. Matt schenkte sich ein Glas Wasser ein und trank es in einem Zug leer. Das Ufer, das er durchs Fenster erkennen konnte, war mindestens hundert Meter entfernt. Die Strömung schien sehr stark zu sein, und wenn es in diesem Fluss gefährliche Tiere gab, würde er eine so lange Strecke wohl kaum schaffen. Der Fluss war hier sehr viel breiter als in der Stadt.
    Und Plusch? Was haben sie mit ihr gemacht? Wenn sie ihr auch nur ein Haar gekrümmt haben, drehe ich ihnen allen den Hals um, bevor ich von diesem Scheißkahn fliehe!
    Erschrocken fiel Matt auf, dass er vor Wut bebte. Je öfter er in Kämpfe verwickelt wurde, desto mehr Zyniks musste er töten, und desto niedriger wurde seine Hemmschwelle, Gewalt auszuüben. Er durfte nicht zulassen, dass er sein menschliches Gewissen verlor.
    Die Alteration hatte ihm eine geradezu übernatürliche Kraft verliehen, dank der er es nun mit den stärksten Zyniks aufnehmen konnte. Neben dem Überraschungseffekt, der ihm jedes Mal zugutekam, profitierte er im Kampf vor allem von seiner Reaktionsschnelligkeit, seiner Entschlossenheit und den Fechtlektionen auf der Carmichael-Insel.
    Aber das war kein Grund, sich an dieser Überlegenheit zu berauschen. Er durfte Gewalt nicht als Antwort auf alle seine Probleme und Enttäuschungen sehen.
    Was würde sonst aus ihm werden?
    Ein Zynik! Wenn ich

Weitere Kostenlose Bücher