Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
sprang auf, stellte sich Kastriot in den Weg und fauchte den Albaner an: »Verdammt, Kastriot, du wirst dein Messer stecken lassen, du blöder Idiot!«
Beide Männer standen einen Moment wie erstarrt. Mit ihrer wilden hellblonden Mähne kam Elena Benny vor wie eine unbezähmbare Walküre, die die Männer durch ihre bloße Erscheinung das Fürchten lehrte. Kastriot zögerte noch einen Moment und fluchte etwas in seiner Muttersprache. Doch dann siegte seine Wut, und er zog ein langes Messer aus seiner Jacke. Mit einem Satz sprang er an Elena vorbei und auf Benny zu. Der sah sich eilig nach etwas um, das er als Waffe nutzen konnte, und fand diese in Form einer Sonnenschirmstange, die vergessen auf dem Boden lag. Benny hob sie auf und packte sie fest mit beiden Händen an einem Ende. Mit einem kurzen, schnellen Doppelschritt ging Benny auf Kastriot zu. Dann ließ er das andere Ende der Stange durch die Luft sausen und dem heranstürmenden Skipetaren auf den kahlen Schädel krachen, und bevor dieser überhaupt reagieren konnte, zuckte die Stange wieder hoch und sauste, von einem Kampfschrei Benny begleitet, nochmals herunter, diesmal an Kastriots Hals. Der sackte in sich zusammen und fiel bäuchlings über den Tisch, wo er regungslos liegen blieb. Benny atmete tief durch und ließ die Stange sinken. Elena starrte ihn aus großen Augen an. »Hey, was war denn das?«
»Kendo«, sagte Benny kurz und versuchte ein Grinsen. Dann öffnete sich die Tür des Citroen, und der Fahrer stieg aus. Er hielt eine Pistole in der Hand. Benny beobachtete den Mann, der so breit wie hoch zu sein schien, misstrauisch und hob seinen Stock wieder an.
»Nicht, Oleg!«, rief Elena.
Der riesenhafte Russe winkte ab und erwiderte: »Keine Angst, Golubuschka, ich bring das in Ordnung.«
Er steckte die Pistole weg, packte den bewusstlosen Albaner am Hosenbund und hob ihn scheinbar mühelos mit einer Hand hoch. Mit der anderen Hand fasste er Elena am Handgelenk und zog sie zum Wagen.
»Es tut mir leid, Benny!«, rief das Mädchen noch zurück, dann fiel die Tür zu, und der Leichenwagen brauste mit quietschenden Reifen davon. Benny blieb eine Zeitlang wie versteinert stehen. Dann trat der Kellner neben ihn.
Benny grinste und drückte dem Mann die Schirmstange in die Hand. »Kann ich zahlen?«
25. Kapitel
Lorenz versuchte, die Wanderkarte auf dem Holztisch auszubreiten. »Schieb mal bitte den Kaffee weg, Gustav.«
Gustav nahm die Tasse und schüttete ihren Inhalt in hohem Bogen auf den Rasen. Eine Mitarbeiterin der Seniorenresidenz schaute missbilligend auf, sagte aber nichts, als sie sah, wer da am Tisch saß.
»Wegstellen hatte ich gedacht, nicht wegschütten«, schimpfte Lorenz. »Wenn das die Klinkenberg sieht.«
Gustav Brenner grinste. »Dieses Zeug ist auf dem Rasen besser aufgehoben als in mir.«
Bärbel lachte. »Gustav, du bist nicht nur ein schräger Vogel, sondern auch ein ausgesprochener Kaffee-Chauvinist!«
»Mag sein«, grummelte Gustav. »Glücklicherweise kann man über Geschmack jedoch nicht streiten. Lasst nun lieber mal sehen, was unser Heimathistoriker uns heute zeigen will.«
Lorenz entfaltete nun die Wanderkarte der Rureifel ganz. »Wir haben zwei Dinge zu tun: Einmal hat meine Rita uns die Hausaufgabe gegeben, eine wissenschaftliche Publikation zum Grabmal des Erzbischofs von Hochstaden nach Hintergründen für ein Verbrechen zu durchforsten. Zum anderen müssen wir uns der Person dieses alten Gauners und seiner Beziehung zur hiesigen Region nähern. In seinem Gefängnis waren wir bereits, jedoch auf dem Schlachtfeld, auf dem er gefangen wurde, noch nicht. Und da unsere liebe Bärbel uns gezwungen hat, bei schönem Wetter für heute einen Ausflug zu planen, und da dummerweise heute schönes Wetter ist, hier also der Lageplan des heutigen Einsatzgebietes.«
Lorenz strich die Karte glatt und beugte sich über den Tisch. Da fiel plötzlich ein Schatten auf die Karte. Lorenz murmelte ganz leise in seinen Bart: »Kommissar Wollbrand ahnte das Unheil, dem hier sein Schatten vorauseilte.«
Dann sah er auf und sagte: »Frau Klinkenberg, seien Sie gegrüßt.«
Die Leiterin der Seniorenresidenz stand vor ihnen. Sie wirkte aus dem Sitzen betrachtet noch länger und hagerer, als sie es bei ihrer Körpergröße von über einsachtzig ohnehin schon war.
»Einen wunderschönen guten Tag zusammen«, erwiderte Sibylle Klinkenberg. »Geht es Ihnen gut?«
»Bis jetzt schon«, knurrte Lorenz.
»Oh ja, vielen Dank«, sagte Bärbel
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