Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
Sicherheit.«
Lorenz brummte unhörbar einen Kommentar des Kommissar Wollbrand in seinen Bart und schwang ein Bein über den Sattel. »Gut«, meinte er. »Ich kriege noch einen Fuß auf die Erde.« Dann schob er sich an, vorsichtig von Gustav und Bärbel ausbalanciert, und rollte los. Schnell setzte er sich in den Sattel und begann zu treten. Er geriet sofort in Schräglage, wurde aber von Gustav gestützt, kam wieder in die Balance und strampelte los. Lorenz nahm allen Mut zusammen und beschleunigte. Je mehr Fahrt er aufnahm, umso stabiler wurde er. Dann bremste er wieder ab, kam zum Stillstand und drehte sich nach den Freunden um.
»Worauf wartet ihr, elendes Fußvolk? Auf in den Kampf zum Schlachtfeld am Badewald!«
26. Kapitel
Eine halbe Stunde und etliche wilde Schlenker später hielt Lorenz etwas erschöpft sein Rad an und stieg ab. Er knurrte: »Der in Ehren ergraute Ermittler hätte auch nicht mehr im Traum daran gedacht, sich auf seine alten Tage von seinem Team zu solchem Unsinn überreden zu lassen. Doch wie erwartet hatte er auch dies mit Ruhe und Können gemeistert.«
Bärbel und Gustav stiegen ebenfalls ab und betrachteten das Haus, vor dem Lorenz angehalten hatte. Es war weit und breit das einzige Gebäude in einer Landschaft, die von Wiesen und Waldstücken geprägt war.
»Das ist das Forsthaus Bade«, meinte Lorenz. »Im Herzen der Gegend, die seit Menschengedenken der Badewald heißt.
»Ad Vatucam«
, las Bärbel vor.
»Was heißt das?«, fragte Gustav, der den Schriftzug an der Hausfront auch gelesen hatte. »Du bist doch gewiefte Lateinerin.«
»Ja«, meinte Bärbel. »Aber das ist nicht so eindeutig zu übersetzen. Ich würde sagen, es heißt so viel wie 'befestigtes Haus' oder auch 'zur Gutswache'.«
»Du bist ja richtig zu gebrauchen«, zeigte sich Lorenz beeindruckt. »Hast du etwa schon einmal Caesarius von Heisterbach gelesen?«
»Nee. Wer ist das?«
»Er war um zwölfhundertvierzig herum Abt der Zisterzienserabtei Heisterbach am Fuße des Siebengebirges. Durch ihn sind wichtige Begebenheiten aus dieser Zeit überliefert. Ein alter Pfarrer aus Blens hat seine Schriften und die seiner Zeitgenossen studiert und stellte Beziehungen her zum antiken Aduatuca oder Odvacka, wie es die Kimbern und Teutonen nannten. Die nördliche Verteidigungsanlage dieser antiken Stadt hieß übrigens Niteca, also Streiteck oder auch Niederes Eck, vermutlich das heutige Nideggen. Von wegen Neideck oder so. Aber das stammt aus der Zeit lange vor Konrad von Hochstaden. Der stand in Opposition zum Kaiser, hatte 1239 Jülich zerstört und zog nun nach Nideggen, um den kaisertreuen Widersacher Wilhelm endgültig kleinzukriegen. Es kam aber andersherum, Konrad wurde schwer verwundet und kam in Kerkerhaft, wie ihr wisst.«
»Wir stehen ja quasi mit den Füßen auf Tausenden von Jahren Geschichte«, staunte Bärbel.
»Klar«, meinte Lorenz. »Hier kannst du Faustkeile aus der Steinzeit finden, altrömische Erzgruben, fränkische Streitäxte in Hügelgräbern und mittelalterliche Pfeil-und Speerspitzen. Und wenn du Erich von Däniken oder unseren Benny Bethge fragst, vermutlich auch Landeplätze von außerirdischen Raumschiffen.«
»Wo gibt’s hier Hügelgräber?«, fragte Bärbel.
»Zum Beispiel am Muschling bei Berg. Wir sind eben dran vorbeigefahren.« Lorenz grinste. »Ich hätte sie dir gezeigt, aber ich war da viel zu sehr mit der Kontrolle meines Fahrzeugs beschäftigt. Das schauen wir uns ein andermal an.«
»Und wonach suchen wir jetzt hier eigentlich?«
Lorenz zuckte mit den Schultern und sah sich um. »Ich weiß nicht so genau. Eigentlich wollte ich nur die Gegend auf mich wirken lassen. Vielleicht hat Gustav eine konkrete Idee.« Er sah Gustav an, der noch immer die Fassade des Forsthauses Bade betrachtete.
»Gustav?«
Er erhielt keine Antwort. Bärbel trat zu Gustav und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Was ist los? So still?«
Gustav antwortete nicht, stattdessen schob er wortlos sein Rad von der Straße weg in Richtung der Wiesen.
Lorenz seufzte. »Oje, ich glaube, das kennen wir doch.«
Gustav ging weiter. Als der Untergrund holpriger wurde, ließ er das Rad einfach fallen. Bärbel und Lorenz sahen sich kurz an, dann folgten sie dem Freund rasch und hatten ihn bald eingeholt. Bärbel versuchte ihn festzuhalten, doch er zog sie mit sich fort.
»Gustav, bist du noch bei uns?«, rief Bärbel.
»Lass nur, er kann dich nicht hören«, meinte Lorenz. »Er hat sich mal wieder
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