Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
Bärbel einen Geldschein aus ihrer Handtasche nahm und in die Kiste legte.
»Ich hoffe, das war nur ein Fünfer«, sagte er zu Bärbel, als sie weitergingen. »Was, wenn sie sich dafür nur eine Flasche Schabau kauft?«
»Dann ist es eben das, was sie haben will. Vielleicht kauft sie aber auch Futter für ihren Hund und eine Bibel. Wer weiß das schon.«
Lorenz murmelte noch eine Bemerkung Kommissar Wollbrands dazu und war im Übrigen froh, als sie das Bahnhofsgebäude verlassen hatten und über den Domplatz gingen.
»Und wo ist jetzt der Roncalliplatz?«, fragte Lorenz. Bärbel antwortete: »Wir laufen gerade drauf rum. Wie war denn noch die Hausnummer?«
Lorenz schaute auf seinem Spickzettel nach. »Lass mal gucken, Hardering, Dombauarchiv, Roncalliplatz 2. Da haben wir’s doch.«
Sie mussten ein wenig suchen, bis sie den unscheinbaren Eingang zu dem schlichten Bürogebäude gefunden hatten, das sich einen Steinwurf entfernt von dem gewaltigen gotischen Dom befand. Sie traten in das enge Treppenhaus, welches zu Lorenz' Erleichterung einen Aufzug aufwies, und wurden wenig später von einem lebhaften Mann mit jugendlichen Gesichtszügen begrüßt, dessen graue Locken den Betrachter in völlige Unschlüssigkeit ob seines Alters stürzten.
»Ich bin Klaus Hardering. Hauptkommissarin Bertold hat Sie angekündigt.«
Lorenz gab ihm die Hand. »Ich bin Lorenz Bertold, und als Mitstreiter habe ich Bärbel Müllenmeister und Gustav Brenner mitgebracht.«
Der Leiter des Dombauarchivs gab allen die Hand. Bei Bärbel stockte er. »Sagen Sie, Sie sind nicht etwa Frau Professor Barbara Müllenmeister aus Düsseldorf?«
Bärbel lächelte. »Das war ich einmal, Herr Dr. Hardering. Jetzt bin ich nur noch die Bärbel aus Nideggen.«
Hardering strahlte. »Das ist ja eine Überraschung. Ich habe einige Ihrer Vorlesungen verfolgt, obwohl das für mich als Kunsthistoriker gar nicht zum Kernprogramm gehörte. Es freut mich, dass wir uns einmal persönlich kennenlernen.«
Lorenz staunte. »Das ist ja ein Ding. Frau Professor wird bei ihrem Vorleben erwischt.«
Dr. Hardering lachte. »So gut habe ich Frau Müllenmeister nicht kennenlernen dürfen. Aber immerhin gut genug, um zu wissen, dass Sie ein starkes Team sind, wenn es um Nachforschungen zu einem Kunstwerk geht.«
»Sie wissen also, wonach wir suchen?«
»Leider nicht, sonst hätte ich selbst schon Nachforschungen anstellen können. Die Kommissarin sagte, der Mord im Dom stehe vielleicht im Zusammenhang mit der Suche nach einem Artefakt, welches sich im Besitz des Konrad von Hochstaden befunden haben soll.«
»Und?«, fragte Bärbel. »Der Erzbischof war doch sicherlich im Besitz vieler wertvoller Kunstgegenstände.«
»Sicherlich. Doch die wirklich wertvollen Dinge sind, soweit sie bekannt sind, alle katalogisiert; das meiste davon befindet sich im Domschatz. Es wurde nichts gestohlen, nicht einmal der Ansatz eines versuchten Diebstahls. Wenn jemand nach einem Artefakt aus dem Besitz Konrads sucht, muss es etwas Unbekanntes sein.«
»Sind denn die Kataloge vollständig?«, fragte Gustav.
»Das weiß man natürlich nie. Eines unserer größten Probleme ist, dass das Archiv 1794 nach Paris verschleppt wurde und vieles verlorenging. Da kann natürlich auch einiges untergegangen sein, was Konrad betrifft, der als grundsteinlegender Erzbischof am Anfang des Domarchivs steht.«
Lorenz fragte nachdenklich. »Waren denn Grabbeigaben damals überhaupt üblich?«
Hardering schüttelte den Kopf. »Nicht in dem Sinne, dass man wertvolle Gegenstände in die Grablege gegeben hätte. Vielleicht ein persönlicher Gegenstand mit ideellem Wert für den Verstorbenen, aber auch das wäre schon eher eine Ausnahme. In einem Bischofsgrab im Dom findet man üblicherweise Reste der Mitra, des Gewandes, vielleicht der Schuhe. Und bei einem so alten Grab wie dem Konrads ist selbst das kaum noch wahrscheinlich.«
»Da sagen Sie was«, meinte Lorenz. »Wir haben die Publikationen von Rode und Kroos zur Grablegung Konrads gelesen. Mir scheint sicher, dass seine Überreste in der Johanneskapelle liegen.«
Hardering lachte. »Diese Publikationen sind schon eher Streitschriften. Aber Ihre Schlussfolgerung stimmt sicherlich. Unklar ist allerdings, wo die erste Grabstätte Konrads war. Haben Sie auch gelesen, dass man im alten karolingischen Dom, der dem neuen Dom im dreizehnten Jahrhundert weichen musste, genauer in der alten Krypta, Mauerausbrüche gefunden hat, die zur Tumba des Konrad
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