Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
gewesen sein, und man vermutet wohl, dieses Stück nun als Grabbeigabe finden zu können.«
»Genau«, bestätigte Lorenz. »Und die Täter müssen wohl auch gut informiert sein, denn in der Achskapelle haben sie gar nicht erst gesucht. Und nun kommt der Mord in Nideggen ins Spiel. Der ermordete Pole sprach kurz vor seinem Tod mit einem geheimnisvollen Mann, von dem wir vermuten, dass er ein russischer Mönch und Jäger des verlorenen Schatzes ist. Der Mörder des Polen war mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der Mörder des Geistlichen im Dom. Was hat der Russe in Nideggen gesucht? Wir wissen, dass Konrad von Hochstaden neun Monate dort als Gefangener Wilhelms des Vierten im Kerker saß. Dessen Grabmal befindet sich in der Nideggener Kirche Sankt Johannes, wo wir die beiden Männer kurz vor der Ermordung des Polen zufällig gesehen haben. Ganz offensichtlich verfolgt der russische Mönch die Spuren des alten Konrad, um an das Artefakt zu kommen.«
»Und was machen wir jetzt in Köln?«
»Ich will mit diesem Dr. Hardering sprechen. Er kennt das Archiv des Doms sehr genau. Vielleicht finden wir mit seiner Hilfe eine Spur, die der Feind bislang übersehen hat.«
»Das ist aber spannend«, meinte Bärbel. »Und was ist mit dem Toten von Schwammenauel, von dem deine Enkelin berichtete?«
Lorenz zuckte die Schultern. »Weiß nicht. Jedenfalls müssen wir um den nicht weinen. Das war ein serbischer Söldner und Handlanger eines russischen Mafioso, der in der Unterwelt als der Pate vom Rursee bekannt ist. Ihm gehört übrigens die Yacht, die uns auf dem See fast gerammt hätte. Und wenn mich nicht alles täuscht, ist dieser Pate auch der Vater des Mädchens, das unserem Benny den Kopf verdreht hat. Dieser Pate vom Rursee nun arbeitet mit dem Mönch aus Nowgorod zusammen. Ritas großer Freund Paul sagt, der serbische Söldner sei von einem türkischen Mafiakiller umgelegt worden. Die Türken sind mit dem Paten und seinen Männern im Clinch, es geht wohl um die Vorherrschaft im organisierten Verbrechen. Vielleicht werden wir in Nideggen bald erleben, dass von den Italienern, Indern und was sonst noch dort Restaurants betreibt, Schutzgelder erpresst werden.«
Gustav warf ein: »Das hätte der alte Konrad wohl auch getan.«
»Genau.« Lorenz grinste schief in seinen Bart. »Im Grunde ging es bei dessen Fehde mit Wilhelm von Nideggen genau darum, wer das Geld aus Land und Leuten herauspressen durfte. Eigentlich war das nichts anderes als ein Mafiakrieg. Und Konrad hat verloren. Allerdings kam er gegen Zahlung eines fetten Lösegeldes wieder frei, behielt seine Ämter, wurde verhältnismäßig alt und starb als einer der mächtigsten Männer des Kaiserreichs. Anders als sein Widersacher und Kerkermeister Wilhelm, der Konrad zwar um siebzehn Jahre überlebte, dann aber in Aachen bei dem Versuch, die Stadt zu erobern, von einem Schmied erschlagen wurde.«
»Die Frage ist nun, ob es ein geheimes Vermächtnis Konrads gibt.«
Bärbel erschauerte. »Und was, wenn wir das herausfinden?«
Gustav lachte. »Kommt darauf an, was es ist. Vielleicht finden wir die Bundeslade und beenden alle Kriege dieser Welt. Oder wir finden heraus, dass Konrad der Erfinder des Kugelschreibers war.«
Bärbel gab Gustav einen Schubs. »Alberner Kerl!«
Lorenz brummte: »Kommissar Wollbrand wusste schon länger, dass er ein Team von Kindsköpfen um sich hatte. Dennoch kamen sie der Lösung des Rätsels näher.«
Wenig später rollte der Zug in Köln ein. Minutenlang ging es im Schleichtempo durch die Stadt. Lorenz sah auf die Häuser, die direkt an den Schienen standen. Triste Hinterhöfe, in denen selbst die auf Leinen hängende Wäsche farblos wirkte. Lorenz vermutete, dass die große Stadt mit ihrem Dreck alles in einen Grauschleier hüllte. Er wunderte sich, wie die Menschen hier leben konnten. Vermutlich würden diese Leute dasselbe denken, wenn sie sein Domizil sehen würden.
Kurz darauf hielt der Zug unter dem Dach des Hauptbahnhofs. Die drei stiegen aus und folgten den anderen Fahrgästen am Gleis entlang und dann eine Treppe hinunter. Lorenz schüttelte den Kopf über die Ansammlung von Geschäften, die allesamt Nahrungsmittel »to go« anboten, etwas, das er grundsätzlich ablehnte. Fast wäre er über eine Frau mit lilafarbenem Irokesenschnitt gestolpert, die neben ihrem struppigen Hund auf dem Boden saß und darauf hoffte, dass man ihr den Tageslohn in eine aufgeklappte Zigarrenkiste warf. Lorenz schüttelte erst recht den Kopf, als
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