Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
die Tauben, wenn Sie im Domarchiv recherchieren? Was konnte Ihnen der Herr Dr. Hardering sagen?«
»Lassen wir das. Was wollen Sie?«
»Ich möchte Sie warnen.«
»Wovor?«, fragte Bärbel.
»Ich weiß«, fuhr Sorokin fort, »dass Sie nicht an Ruhm, Macht oder Geld interessiert sind. Dazu sind Sie zu alt und vielleicht auch zu weise. Aber dennoch suchen Sie nach etwas, was Sie nicht kennen. Sie glauben, es geht um Geschichte, vielleicht um Werte, vielleicht auch um Gerechtigkeit. Aber in Wahrheit geht es um das ewige Leben – und die ewige Verdammnis.«
»Huh«, sagte Gustav ungerührt. »Entschuldigen Sie, wenn ich jetzt keine Gänsehaut bekomme. Die Ewigkeit ist für mich ein zu großes Ding, um davon betroffen zu sein.«
Der Mönch sah Gustav durchdringend an. »Sie sind ein Mann ohne Vergangenheit. Deshalb glauben Sie, sich nicht fürchten zu müssen. Sie werden aber eines Tages Ihre Wurzeln erkennen, und Sie werden sich fürchten.«
»Das reicht jetzt«, sagte Lorenz bestimmt. »Keine Orakel mehr. Was wollen Sie?«
»Ich sagte es bereits – ich möchte Sie warnen. Suchen Sie nicht weiter. Mischen Sie sich nicht ein. Sie würden Schaden nehmen.«
»So, Sie wollen uns also drohen?«
Sorokin schüttelte langsam den Kopf. »Ich bin es nicht, der Ihnen Schaden zufügen wird. Möge Gott Ihnen beistehen.«
Mit diesen Worten drehte der Mönch sich um und ließ die drei Freunde stehen.
Lorenz brummte leise: »Kommissar Wollbrand wusste diesen großen schwarzen Vogel nicht recht einzuschätzen. Eines aber war klar: Die Warnung war kein leeres Gerede gewesen.«
Dann sagte er laut zu den anderen: »Wie dem auch sei, jetzt gehen wir auf jeden Fall ins
Früh
und trinken ein Kölsch. Wo wir einmal da sind.«
Auch die beiden Männer, die in einiger Entfernung am Rande des Platzes standen, wussten das eben Gesehene nicht recht einzuschätzen. Der kleine, kahlköpfige Mann sagte zu seinem Begleiter: »Der Chef sagt zu mir: Kastriot, beobachte den Mönch und guck, was er tut und mit wem er spricht. Jetzt sehe ich, dass wir noch andere zu beobachten haben. Was sucht der Mönch immer noch hier, und warum spricht er mit den alten Knackern?«
Branco Sadic verzog die Mundwinkel. »Ich sage dir, wir legen die Kerle alle um, sobald wir den Auftrag erfüllt haben.«
Kastriot Visar Kreshnik erwiderte: »Aber wenn wir doch gar nicht wissen, was genau der Auftrag ist?«
Sadic schnaubte verächtlich. »Hast du etwa noch nie jemanden umgebracht, ohne zu wissen, wofür?«
Der Albaner lachte leise. Er mochte es, mit jemandem zu reden, dessen Gedankengänge er nachvollziehen konnte. Er tastete unter der Jacke nach seinem Dolch. Das kalte Metall zwischen seinen Fingern gab ihm die Sicherheit, der richtige Mann am richtigen Ort zu sein.
34. Kapitel
Hier finden wir den Schlüssel zu der ganzen Geschichte.« Lorenz fasste nach dem Türgriff, der die Form eines knienden Büßers hatte, und öffnete die Tür zur Nideggener Pfarrkirche Sankt Johannes Baptist. Bärbel warf einen schnellen Blick auf das grün patinierte Bronzeportal und die darauf dargestellte Enthauptung des Täufers, dann folgte sie Lorenz in das Innere der Kirche, ebenso Gustav und Benny.
Bald hatten sich ihre Augen an das Halbdunkel der stillen Kirche gewöhnt. Benny betrachtete das Grabmal im Eingangsbereich. »Wonach suchen wir eigentlich, Opa Bertold?« »Zeichen, mein Junge«, antwortete Lorenz. »Wir werden uns alles hier anschauen, die Bilder, die Säulen, die Statuen, das Grabmal von Wilhelm und Ricarda natürlich. Irgendetwas, das einen Hinweis auf ein wertvolles Artefakt liefern könnte, eine Reliquie, was weiß ich.«
»Lasst uns mal überlegen: Wir vermuten doch, dass diese Reliquie direkt auf Jesus Christus zurückgeht«, sinnierte Bärbel. »Was gibt es denn da so? Ich denke mal Nägel oder Holz vom Kreuz, Teile seiner Kleidung, die Dornenkrone – aber all das gibt es schon irgendwo auf der Welt, oft genug auch doppelt und dreifach.«
»Stimmt«, grinste Gustav. »Jesus wurde mit Hunderten von Nägeln an einem ganzen Wald gekreuzigt, er trug zehn Dornenkronen und ein Dutzend Windeltücher, wurde in mindestens acht Leichentücher gewickelt, alles Unsinn.«
»Unser Ketzer«, grinste Lorenz. »Aber leider hat er recht. Ein heiliger Rock ist in Trier, die Reste eines Paares Sandalen Jesu kann man in Prüm bewundern und seine Windeltücher in Aachen. Vermutlich scheiden Kleidungsstücke und Holz aus, so etwas überdauert die Zeit nur in speziellen
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