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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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worden. Diese Frauen lebten in einem festen Lager irgendwo in der Steppe, aber seine genaue Lage war geheim.
    »Manchmal habe ich mir vorgestellt, wie es wohl sein würde, die Kupferschmiedinnen zu retten und freizulassen, aber da ich mich noch nicht einmal selbst befreien kann, ist es nur ein Traum.« Dalish runzelte die Stirn und blickte auf die Kupferarmbänder, die an ihrem Handgelenk klirrten, und Marrah und Arang verfielen in Schweigen. Sie wußten, Dalish mußte sie tragen; sie war schließlich Slehans Konkubine, und keine Konkubine ging ohne reichlichen Armschmuck. Dennoch war es schrecklich, an die armen Sklavinnen zu denken, die gezwungen worden waren, diese Armbänder aus gestohlenem Tempelschmuck zu hämmern.
    Aber ihre Unterhaltungen waren nicht immer so trist. Manchmal erzählte Dalish ihnen auch sonderbare Dinge, die sie lächeln ließen. Eines Morgens erklärte sie ihnen, daß menstruierende Frauen keine Milch berühren dürften, weil die Nomaden glaubten, sie würde sauer werden. Bei einer anderen Gelegenheit behauptete sie, die Krieger urinierten immer in die Richtung der untergehenden Sonne – eine so alberne Vorstellung, daß Marrah und Arang lachten und ungläubig den Kopf schüttelten, doch später erkannten sie, daß Dalish die Wahrheit gesagt hatte.
    Aber es waren Dalishs Geschichten über die Hansi-Götter, die sie am meisten interessierten. Sie wußten bereits, daß die Nomaden einen Sonnengott namens Han anbeteten; Dalish erklärte ihnen jedoch, daß Han auch als der Gott des Leuchtenden Himmels bekannt war. Die Hansi sahen Ihn als einen gefährlichen Kriegerhäuptling, der bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang das Blut seiner Feinde trank. Die Sterne waren seine Pferde und Rinder, und er trieb sie jede Nacht auf die himmlischen Weiden. Die Hansi glaubten, sie seien Hans Lieblingsvolk, seine »Wölfe«, und Han hätte ihnen das Recht gegeben, alles auf Erden zu beherrschen. Nach Han waren Choatk, der Gott der Unterwelt, und Aitnok, der Sturmgott, ihre wichtigsten Götter. Als Marrah wissen wollte, ob die Hansi auch irgendwelche Göttinnen hätten, erwiderte Dalish, daß es tatsächlich einige gab; sie waren jedoch alle Ehefrauen und Konkubinen ohne jede Macht, außer durch ihre göttlichen Herren.
    »Das Wichtigste, was du über die Nomaden wissen mußt, ist, daß sie Frauen und Kindern keinen Wert beimessen. Sie sind Krieger, und alles Weibliche erfüllt sie mit Verachtung. Wir betrachten die Erde als den lebendigen Körper der Göttin, aber für sie ist sie tot. Die Steppen sind ein Gefängnis, in das Han sie Hunderte von Generationen zuvor verbannt hat, als ihre ersten Vorfahren versuchten, die Sternenpferde vom Himmel zu stehlen. Alles Gute und Schöne ist männlich, und es ist dort oben am Himmel, unsichtbar und unerreichbar.«
    Dann versuchte sie ihnen zu erklären, wie die Nomadenstämme organisiert waren, aber es gab so viele Häuptlinge und Unterhäuptlinge, daß Marrah und Arang den Überblick verloren. Es schien, als verbrächten die Nomaden einen Großteil ihrer Zeit damit, sich gegenseitig das Vieh zu stehlen und um Wasserrechte zu kämpfen. Viele der Fehden reichten Generationen zurück, und es schien ganz und gar nicht ungewöhnlich für einen Häuptling, einem anderen Treue zu schwören und ihn dann hinterrücks niederzustechen.
    »Laßt es mich ganz einfach ausdrücken«, sagte Dalish eines Morgens, als sie durch das endlose Gras trabten. »Ihr seid nicht von den Hansi selbst gefangengenommen worden, sondern von einer kleineren Stammesgruppe, die sich die Chanki nennen. Slehan ist der Häuptling der Chanki, und er und seine Männer sind arme Verwandte, die dem Großen Häuptling der Hansi gegenüber zu Loyalität verpflichtet sind wegen irgendeiner Schlacht, die sie wer weiß wie viele Generationen zuvor verloren hatten.« Sie lächelte, als wäre der Gedanke, daß die Chanki eine Schlacht verloren, äußerst erfreulich.
    »Zuhan schickt immer die Chanki, damit sie für ihn die Dreckarbeit machen. Slehan mag vielleicht wie ein wichtiger Mann in seinem eigenen Stamm wirken, aber beobachtet nur mal, wie er sich benimmt, wenn wir in Zuhans Lager kommen. Er wird im Staub kriechen.« Ihr Lächeln verblaßte, und ihre Miene wurde ernst. »Oder vielleicht wird er diesmal auch nicht im Staub kriechen. Schließlich bringt er Achans Sohn und seine Tante mit, ganz zu schweigen von den vielen neuen Sklavinnen, deshalb kann er sich eines herzlichen Empfangs sicher sein. Sicher, die

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