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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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einer knappen Geste zu schweigen. Er bot einen beeindruckenden Anblick, wie er da auf seinem prachtvollen schwarzen Wallach saß, mit reich bestickten Beinlingen und einem Teil des goldenen Schmucks bekleidet, den er in Shambah gestohlen hatte.
    »Sieh ihn dir an«, sagte Dalish voller Verachtung, sobald er außer Hörweite war. »Sein Stolz ist lang, aber sein Dolch ist kurz.«
    Zur Bekräftigung machte sie eine obszöne Geste mit ihrem kleinen Finger, bevor sie ihre Stute zu einer schnelleren Gangart antrieb.
    Wieder ritten sie in östlicher Richtung durch das hohe Gras. Es waren jetzt jedoch weniger Krieger. Die meisten von Slehans Männern waren in ihre eigenen Lager zurückgekehrt, aber jene, die übrigblieben, waren jung und stark, und sie gaben ein schnelles Tempo vor. Dennoch war dies kein Kriegstrupp. Jeden Abend kurz nach Sonnenuntergang machten sie Rast, entzündeten kleine Feuer und brieten Streifen von Fleisch auf den heißen Steinen, das zäh wie Leder war, aber eßbar, und Marrah brauchte nicht länger angewidert den Blick abzuwenden, wenn sie sich Nahrung in den Mund schob.
    Wenn sie auf dieser endlosen flachen Ebene nach Zuhans Lager gesucht hätte, hätte sie umherwandern können, bis sie alt und grau gewesen wäre, ohne jemals auch nur eine verkohlte Feuerstelle zu finden, aber es dauerte weniger als eine Woche, bis Slehans Kundschafter mit der Nachricht zurückkehrten, daß sie die Spuren der Herde des Großen Häuptlings entdeckt hatten. Bald würden die ersten Schneefälle einsetzen, und Zuhan hatte sich wie erwartet nach Süden gewandt. Die Kundschafter vermuteten, daß er zu demselben Ort strebte, wo er im letzten Winter kampiert hatte.
    »Früher hat er nie zweimal an derselben Stelle sein Lager errichtet«, erkärte Dalish Marrah. »Aber sie sagen, er ist inzwischen so alt und mächtig geworden, daß er niemanden mehr fürchtet. Im vorletzten Frühling rief er seine Krieger zusammen, und sie haben den letzten Rest der Tcvali ausgelöscht. Seit der Zeit hockt Zuhan in seinem Zelt, raucht Hanf und trinkt Kersek und beklagt sich, daß ihm allmählich die Feinde ausgehen.«
    Am nächsten Morgen kamen sie zu einem breiten Band flachgetretenen Grases. Sie wandten sich nach Süden und folgten der Spur, und innerhalb weniger Tage sahen sie den Rauch von Zuhans Zelten am Horizont aufsteigen.

15. KAPITEL
    Obwohl die Lagerfeuer in unmittelbarer Nähe zu sein schienen, ritten sie noch fast den ganzen Morgen, bevor ihnen Zuhans Wachen in den Weg traten. Die ersten beiden kamen in scharfem Galopp auf sie zu, mit gespanntem Bogen und schußbereit. Sie waren kaum mehr als Halbwüchsige, aber sie forderten Slehan heraus, als hätte er einen kompletten Kriegstrupp hinter sich.
    »Wenn ihr in Frieden kommt, legt eure Waffen nieder«, kommandierten sie, und zu Marrahs Verblüffung warfen Slehan und seine Krieger ihre Speere zu Boden und schnallten ihre Schwerter ab. Die Wächter ritten näher und inspizierten den Haufen Waffen. Dann musterten sie die unbewaffneten Krieger. Sie schienen mißtrauisch, und zwar nicht grundlos, da Slehan und seine Männer immer noch Dolche trugen, die lang genug waren, um ihnen die Kehlen aufzuschlitzen, aber offenbar war damit irgendein Brauch hinreichend erfüllt worden. Der größere der beiden zog sein Pferd herum und preschte davon, um Zuhan zu sagen, daß er Besuch bekäme. Sobald er außer Sicht war, baute sich der andere Wachtposten mit seinem Pferd vor dem Waffenhaufen auf, so daß sich jeder, der versuchen würde, seine Waffen zurückzuholen, mit Gewalt einen Weg bahnen müßte.
    Insgesamt war es ein so unfreundlicher Empfang, wie Marrah ihn noch nie erlebt hatte, aber es mußte wohl die Art sein, wie die Hansi gewöhnlich Gäste begrüßten, denn niemand schien beleidigt oder überrascht. Als ein Dutzend weiterer Krieger herbeigaloppiert kamen und sie umzingelten, reagierten Slehans Männer gelassen. Und Slehan selbst kehrte den bewaffneten Wachen den Rücken zu, als wären sie irgendein unbedeutendes Ärgernis, und wenn er überhaupt von der Anzahl von Pfeilen eingeschüchtert war, die auf sein Herz zielten, so zeigte er es nicht.
    Das gleiche konnte man von Marrah allerdings nicht behaupten. Zuhans Krieger strahlten Brutalität aus, wie ein Feuer Hitze ausstrahlt, und sie konnte sich mühelos vorstellen, wie sie sich auf Slehan stürzten. Vielleicht dachte Arang das gleiche, denn als sie ihn anschaute, starrte er mit grimmiger Miene stur geradeaus. Dalish schien

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