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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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ist, werden wir euch in die Höhlen hinunterbringen und euch das älteste Geheimnis zeigen, das die Erde zu bieten hat.«
    Nachdem sie diese verlockende Einladung ausgesprochen hatte, wandte sich Zahar ab und führte sie ohne ein weiteres Wort den Weg hinauf, wobei Emzate und Urne die Nachhut bildeten.
    Wenn die Leute des Küstenvolks Gäste einluden, das wenige mit ihnen zu teilen, was das Dorf anzubieten hatte, dann waren sie lediglich bescheiden und höflich. Es war Sitte, zu behaupten, daß das Essen nur eine bescheidene kleine Mahlzeit sei, während man den Gästen dicke Scheiben saftigen Hirschbratens und riesige Stücke frisch. gebackenen Brotes vorsetzte, große Schüsseln mit eingelegten Früchten und Sahne herbeischleppte, die Becher der Gäste mit Honigmet füllte und dafür sorgte, daß sie von jeder Köstlichkeit probierten. Aber als die Priesterinnen von Nar sagten, daß sie nur wenig hätten, sprachen sie die Wahrheit.
    Es wurde bald offensichtlich, daß die drei wie Einsiedlerinnen lebten, sich nur von Eichelbrei ernährten und im Freien schliefen, so oft es das Wetter erlaubte. Wenn es schneite oder regnete, zogen sie sich in eine kleine Höhle zurück und hielten einander warm. Wenn sie nicht gerade eine religiöse Zeremonie vollzogen, war es ihnen verboten, nach Sonnenuntergang noch ein Feuer anzuzünden, es sei denn, eine von ihnen wäre krank oder das Eis auf dem Bach wäre dicker als einen Fingerbreit.
    Dennoch hatte Marrah kaum jemals glücklichere Menschen gesehen. Die drei waren wie ein Trio von Sechsjährigen, die ununterbrochen redeten und lachten und sich gegenseitig neckten, unfähig, einen Pfad entlangzugehen, den sie schon Hunderte von Malen zuvor gegangen waren, ohne immer wieder stehenzubleiben, um auf einen Schmetterling oder einen besonders schön geformten Felsen oder einen atemberaubenden Ausblick zu zeigen. Natürlich war es die Pflicht der Priesterinnen von Nar, Pilger daran zu erinnern, daß Freude etwas Heiliges war, aber als Marrah im Eingang zu ihrer Höhle saß und kalten Eichelbrei aß, hatte sie den Eindruck, daß die Frauen auch glücklich gewesen wären, wenn es nicht ihre Pflicht wäre.
    »Es ist fast, als wären sie betrunken«, stellte Stavan fest.
    Marrah fragte Ume, ob sie und die anderen irgendwelche heiligen Elixire tränken oder spezielle Kräuter äßen. Ume schüttelte den Kopf und lachte. »Nichts als Eichelbrei und Wasser«, erwiderte sie. »Aber warte nur, bis du die Höhlen siehst.« Und das war alles, was sie aus ihr herausbekommen konnten. Den Priesterinnen von Nar war es nicht erlaubt, die Höhlen zu beschreiben oder auch nur über sie zu reden, außer in sehr allgemein gehaltenen Worten, und auch nur, wenn sie im Freien waren.
    Nachdem alle ihre Mahlzeiten beendet hatten, erhoben sich die Priesterinnen, holten mehrere Fackeln aus Kiefernharz und führten die Reisenden ohne weitere Förmlichkeiten zum Eingang der Höhlen. Es war keine beeindruckende Öffnung, nur ein Loch, das teilweise von Büschen verdeckt war, in keiner Weise gekennzeichnet und leicht zu übersehen, wenn man nicht wußte, daß es dort war, aber es wehte ein kühler Luftstrom heraus.
    Zahar drehte sich zu dem kleinen Trupp um. »Ich hoffe, keiner von euch fürchtet sich vor der Dunkelheit«, sagte sie. Und dann fuhr sie fort zu erklären, daß sie zuerst lange Zeit durch einen schmalen Tunnel kriechen müßten, bevor sie zur ersten Höhle kamen. »Es ist verboten, Feuer in dem Tunnel anzuzünden«, warnte sie, »und selbst wenn wir es dürften, wäre es unmöglich, weil nicht genug Platz für uns und die Fackeln ist. Es ist auch nicht erlaubt zu sprechen, aber macht euch keine Sorgen; es besteht keine Gefahr, daß ihr euch verirrt.«
    Marrah fand das nicht sehr beruhigend, und nach dem Ausdruck auf Arangs Gesicht zu urteilen, hatte sie den Verdacht, daß ihm die Sache ebenfalls nicht ganz geheuer war. Shema und Stavan dagegen machten den Eindruck, als begrüßten sie die Vorstellung einer langen Kriechtour durch die Dunkelheit. Rhoms und Zastras Gesichtsausdruck war nicht zu entziffern. Beide blickten zum Eingang der Höhlen hinüber, aber was sie dabei dachten, blieb jedem zu raten überlassen. Jedenfalls zog sich keiner von dem Unternehmen zurück. Einer nach dem anderen ließen sie sich auf die Knie fallen und folgte Zahar in das Loch.
    Es war sehr eng. Der Boden des Tunnels war aus glattem Stein, aber feucht und glitschig. Als Marrah in dem matten Zwielicht vorwärtskroch, konnte

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