Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde
drei albernen Frauen, und warum stehen sie auf dem Weg und lachen wie die Kinder? «
Sie wies auf die jüngeren Frauen, die sich immer noch vor Lachen die Seiten hielten. »Genug«, sagte sie. Die dunkeläugige Frau beruhigte sich auch sofort wieder, aber die jüngste hatte offenbar Schwierigkeiten. Jedesmal, wenn sie Stavan ansah, prustete sie wieder übermütig los. Marrah mußte zugeben, daß tatsächlich etwas Komisches an der Art war, wie Stavan die drei Frauen böse anfunkelte. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch keine weniger gefährlich wirkenden Menschen gesehen. Bevor das Mißverständnis noch größer werden würde, übersetzte sie für ihn.
Erst dann zog Stavan seine Hand vom Heft seines Dolches zurück. »Lachende Priesterinnen«, meinte er kopfschüttelnd. Marrah spürte deutlich, daß er sich töricht vorkam, aber er überspielte seine Verlegenheit geschickt. »Welche Sprache sprechen sie ?« wollte er wissen.
»Die Alte Sprache«, erklärte sie. »Nur Priesterinnen sprechen sie. Und Händler«, fügte sie hinzu, während sie Rhom und seinen Schwestern einen Blick zuwarf. »Wir werden wahrscheinlich nichts anderes mehr hören, bis wir nach Shara kommen – zumindest nichts, was wir verstehen könnten.«
Stavan seufzte. »Wieder eine andere Sprache – und dabei habe ich gerade erst angefangen, ein paar von den Geräuschen zu verstehen, die ihr Küstenleute von euch gebt. Nun ja, ich schätze, dagegen kann man nichts machen.«
»Hat der Riese verstanden?« erkundigte sich die älteste Frau. Marrah versicherte ihr, daß dies der Fall sei. »Gut, dann wird es Zeit, daß wir uns vorstellen. Ich bin Zahar.« Sie wies auf die dunkeläugige Frau. »Dies ist Emzate, und«, sie zeigte auf das Mädchen, das seinen Heiterkeitsausbruch endlich überwunden hatte, »dieser Ausbund von Fröhlichkeit wird Ume genannt.«
»Mit anderen Worten«, fiel Rhom ein, »eure Namen bedeuten Kindheit, Reife und Alter.«
»Richtig.« Zahar nickte. »Die Heilige Dreifaltigkeit, die drei Aspekte der Sie-die-alles-ist: Junges Mädchen, Matrone, Alte Hexe.«
»Ich benutze diese Namen nicht«, murrte Shema. »Ich kann nicht sehen, daß wir in irgendeiner Weise besser dran sind als zuvor, bevor sie sich vorgestellt haben.«
»Ach, sei still«, zischte Zastra. »Sie sind die Priesterinnen von Nar, und sie können sich nennen, wie es ihnen gefällt.«
»Woher habt ihr gewußt, wie wir heißen ?« erkundigte sich Arang in perfekter Alter Sprache.
Urne sah überrascht aus. »Er spricht die Heilige Sprache ?« »Natürlich.« Zahar lächelte. »Hättest du von Sabalahs Sohn etwas anderes erwartet? «
Sie wandte sich an Arang. »Ich würde dir ja gerne erzählen, wir hätten euch in einer Vision kommen sehen, aber die Wahrheit ist, daß euch die Leute des Waldvolks im Auge behalten haben, seit dem Tag, als ihr von Xemta aufgebrochen seid. Die Dorfmutter unterrichtete sie davon, daß sechs Leute durch den Wald unterwegs seien: drei Händler aus dem Süden, ein weißhaariger Riese und eine junge Frau und ein Junge, die sich als die Kinder von Sabalah vorgestellt hatten. Ich erinnere mich noch gut an Sabalah. Sie kam vor vielen Jahren hierher, als ich die Matrone von Nar war, Emzate das junge Mädchen und die frühere Alte Hexe noch in den Sechzigern war. Deine Schwester war damals ein Kind, ein dickes, lachendes Bündel. Ich hielt sie auf meinem Schoß und sang sie in den Schlaf, und jetzt sehe ich, daß sie zu einer hübschen jungen Frau herangewachsen ist. Vor ein paar Tagen schickten die Leute vom Waldvolk einen Boten, um uns zu sagen, daß ihr sechs die westliche Abzweigung des Ibai Nabar genommen hättet und in unsere Richtung unterwegs wärt. Es waren keine Zauberkünste nötig, um herauszufinden, daß ihr wahrscheinlich irgendwann heute nachmittag ankommen würdet; deshalb haben wir uns neben den Pfad gesetzt, um euch auf unsere übliche Weise willkommen zu heißen.«
Sie drehte sich zu Marrah um. »Aber ich glaube, wir haben euch lange genug warten lassen. Ihr müßt müde und durstig sein nach dem letzten Aufstieg, und ihr brennt sicher schon darauf, die Höhlen zu sehen, und wir erfüllen nicht unsere Pflicht euch gegenüber. Jene, die ihr Zeichen tragen, sollen niemals um irgend etwas bitten müssen, was wir anzubieten haben, so wenig es auch sein mag. Wenn ihr uns jetzt also folgen wollt, dann werden wir euch an einen Ort führen, wo ihr essen und eine Weile ausruhen könnt, und wenn euch anschließend danach zumute
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