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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Fußabdrücke.
    »Seine Leute haben ihn nicht geholt«, signalisierte er seinem Gefährten, und der andere Krieger machte ein besorgtes Gesicht. »Ist er aus eigener Kraft gegangen? «
    » Ja.«
    »In welche Richtung? «
    Der blonde Krieger zeigte nach Westen.
    »Er kann nicht weit sein«, signalisierte der Größere. »Nein.«
    Der große Krieger machte das Zeichen für »Changar« und zog dann einen Finger über seine Kehle mit dem Zeichen für »zwei«. Der blonde Mann zuckte zusammen und nickte. Changar hatte gedroht, ihnen beiden die Kehle durchzuschneiden, wenn sie nicht mit Stavans Kopf zurückkehrten.
    »Keine Sorge«, erwiderte der größere der beiden in Zeichensprache. »Wir werden ihn schon finden.« Und dann machte er das Zeichen für »Sieg« und »Tod«.
    Die Spur war nur kurz und endete an einem kleinen Bach. »Es ist ins Wasser gewatet«, signalisierte der blonde Krieger.
    Der große mit dem kahlgeschorenen Kopf lächelte triumphierend. »Dann wird er auch irgendwo wieder herauskommen müssen.«
    Sie trennten sich; der eine wanderte bachaufwärts und der andere bachabwärts, während sie nach umgedrehten Steinen und abgeknickten Zweigen Ausschau hielten oder nach Blättern, die ohne ersichtlichen Grund auf dem Wasser trieben. Sie erwarteten nicht unbedingt, eine Spur im Schlamm zu finden oder den Abdruck des Speerschafts – andererseits waren solche Dinge immer möglich, wenn der Flüchtling verwundet war.
    Vorläufig kümmerte es sie wenig, ob sie klare Hinweise auf ihr Opfer fanden. Vlahan hatte sie auf diesen Überfall geschickt, weil sie die besten Fährtensucher des ganzen Clans waren. Der größere Krieger brüstete sich gerne damit, daß sie sogar noch besser als Mukhan waren, den Vlahan zur Strafe für das Entkommen der Hexe Marrah hingerichtet hatte. Wenn Stavan aus dem Bach kam –und früher oder später würde ihm gar nichts anderes übrig bleiben –, würden sie seine Fährte aufnehmen und ihm endgültig den Todesstoß versetzen.
    Der große Krieger wanderte lange Zeit am Wasser entlang, bewegte sich dabei so lautlos wie ein Schatten, und ihm entging nichts. Er achtete auf jedes verdächtige Kräuseln auf der Wasseroberfläche, jedes Kieselsteinchen, jeden Ast, der tief genug hing, damit sich ein Mann daran hochschwingen und verschwinden konnte. Allmählich wurde er ungeduldig, als er noch immer keine einzige Spur fand. Schon begann der Bach schmäler zu werden. Ohne Zweifel würde er in irgendeinem schlammigen Marschgebiet enden. Nur ein Dummkopf lief in einen Sumpf hinein, und Stavan war kein Dummkopf. Der Krieger malte sich aus, wie Gukhan gerade dabei war, Stavan aufzuspüren, seinen Kopf zu nehmen und all den Ruhm für sich einzuheimsen. Ich habe nie Glück, dachte er erbost.
    Bald kam er zur Quelle des Baches, einem schlammigen Teich voller Schilfgras und Algen. Der Wasserspiegel war in letzter Zeit abgesunken, und der gesamte Rand des Teiches bestand aus feuchter Tonerde, in der sich jeder Abdruck deutlich abzeichnete. Vorsichtig umkreiste er den Teich auf der Suche nach menschlichen Spuren, obwohl er sich inzwischen fast sicher war, daß Stavan nicht diese Richtung genommen haben konnte. Alles, was er fand, waren die Hufabdrücke von Wild, die lange, gewundene Spur einer Schlange, das zierliche Muster von Schildkrötenfüßen und Vogeltritte, die kreuz und quer übereinanderliefen – was bedeutete, daß trotz des trüben Wassers reichlich Fische in dem Teich waren.
    Enttäuscht und verärgert setzte sich der Krieger ans Ufer und starrte eine Weile auf die Fläche vor sich, in der Hoffnung, etwas von Interesse zu entdecken; aber es gab nichts zu sehen außer Wasser, Schlamm, Gräsern und Vogelkot. Schließlich erhob er sich wieder auf die Füße, spuckte giftig aus und kehrte um, von einem Gefühl des Selbstmitleids erfüllt. Zweifellos war Gukhan inzwischen schon wieder auf die Lichtung zurückgekehrt und stopfte soeben Stavans Kopf in seine Satteltasche.
    Wenn Gukhan es jedoch ebenfalls nicht geschafft hatte, die Fährte aufzunehmen, dann steckten sie in ernsthaften Schwierigkeiten. Der große Krieger hatte nicht die Absicht, mit leeren Händen ins Hansi-Lager zurückzukehren. Er hing zu sehr an seinem Leben, um es zu opfern, nur weil dieser Deserteur Stavan entwischt war, um an einer Stelle zu sterben, wo ihn selbst der beste Fährtensucher nicht finden konnte.
    Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. Stavan hat blondes Haar, überlegte er, und Gukhan ist ebenfalls blond.

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