Althalus
Gher. »Sie kann hören,
was wir denken -auch wenn sie's gar nicht will. Emmy hat ihr grad beigebracht, wie sie diese Ohren woanders hin richten kann. Das muss doch jedem klar sein.«
Leitha blickte den Jungen erstaunt an. »Woher weißt du das?«
»Keine Ahnung«, gestand Gher, »es hat ganz einfach Sinn gemacht. Natürlich bin ich dir immer ausgewichen, seit wir beieinander sind.«
»Ausgewichen? «
»Ich hab spüren können, was du gemacht hast, drum bin ich schnell zur Seite gewichen und du hast an mir vorbeigeschossen.«
Dweia blickte den Jungen in tiefem Staunen an.
»Na so was«, murmelte Althalus.
»Was willst du damit sagen? «, fragte Dweia heftig.
»Nichts, Liebes«, antwortete Althalus mit Unschuldsmiene. »Gar nichts.«
»Ist es nicht an der Zeit für…«, begann Eliar.
Andine gab ihm ein Stück von einer Frucht, und er verstummte.
»Beschäftige du dich mit den anderen, Liebster«, bat Dweia. »Ich werde dann kurz mit jedem unserer Mitstreiter unter vier Augen sprechen, um ein paar Dinge zu klären.«
Er blickte sie verwundert an.
»Auf diese Weise geht es schneller, Althalus. Sie werden mir ihr Herz öffnen, wenn sie allein sind. Vor allen anderen wäre es ihnen peinlich. Jeder hat das eine oder andere kleine Geheimnis, das er nicht vor der Gemeinschaft offenbaren möchte.«
»Du hältst also nichts von öffentlichen Geständnissen?«
»Öffentliche Geständnisse sind eine Art persönliche Zuschaustellung. Sie erfüllen keinen Zweck und sind Zeitverschwendung.« »Ich dachte wir hätten alle Zeit der Welt.« »Nein, so viel haben wir nun auch wieder nicht.«
»Worüber reden sie, Meister Althalus?«, fragte Gher. Er blickte auf Dweia und Bheid, die zusammen vor dem offenen Buch am Tisch saßen.
»Ich nehme an, dass Dweia Bheids Geist von falschen Vorstellungen befreit. Bheid wurde als Priester in Astrologie unterrichtet, da blieb eine Menge Unsinn haften.«
»Glaubt überhaupt jemand an diesen Quatsch?«
Althalus zuckte die Schultern. »Die Menschen möchten wissen, was geschehen wird und glauben, dass die Astrologie es ihnen verraten kann. Es stimmt die meiste Zeit zwar nicht, was aber nichts daran ändert, dass die Leute weiterhin daran glauben.«
»Ist das nicht dumm?«
»Ein bisschen, aber die meisten Menschen brauchen irgendetwas, an das sie glauben können. Es gibt ein paar, die an nichts glauben, aber die sind etwas ungewöhnlich.«
»Ich hab nie sehr viel geglaubt. Die Sonne geht wahrscheinlich morgen auf und der Frühling kommt nach dem Winter, aber so gut wie alles andere geschieht durch Zufall.«
»Das kommt der Sache ziemlich nahe, würde ich sagen. Ich glaubte früher an die Glücksfee, aber Dweia hat mich gewissermaßen davon kuriert.«
Gher kicherte plötzlich. »Andine hat es gerade wieder getan. Eliar merkt es gar nicht, dass er dauernd gefüttert wird, nicht wahr?«
»Wahrscheinlich nicht«, pflichtete Althalus ihm bei. »Eliar ist ein netter unkomplizierter Junge. So lange Andine ihm etwas zu es sen beschafft, stellt er keine Fragen. Er achtet nicht einmal darauf, was sie tut.«
»Ich versteh nicht, was mit ihr los ist. Wie ich zu euch gekommen bin, hat sie ihn nicht aussteh'n können. Jetzt ist sie ständig um ihn besorgt.«
»Sie bemuttert ihn, Gher. Frauen tun das gern, wie ich bemerkt habe. Anfangs hat sie ihn gehasst, aber das ändert sich immer mehr.«
»Ich bin froh, dass sie dadurch jetzt nicht mehr an mir rumfummelt. Ich hab wirklich genug davon gehabt, dass sie mich ständig frisiert hat.«
Nach mehreren Tagen ließ Dweia Bheid allein mit dem Buch und wandte ihre Aufmerksamkeit Andine zu. Vieles von ihrer Unterhaltung war deutlich zu hören. Die Arya von Osthos war ein wunderschönes junges Mädchen mit schwarzbraunem Haar und großen dunklen Augen. Und vor allem war sie von ungezügeltem Temperament. Der Dolch hatte sie zum Gehorsam angewiesen, und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
Althalus hatte seinen Sessel unauffällig näher an die Tür gerückt und verbrachte die meiste Zeit damit, die anderen zu beobachten, ohne dass sie es bemerkten.
»Was tust du eigentlich, Althalus?«, fragte Dweia ihn eines Spätnachmittags, als sie im Turmgemach allein waren. »Beobachten, Em, beobachten und lernen. Hast du mir das nicht nahe gelegt?«
»Und was hast du inzwischen gelernt?«
»Dass wir eine sehr seltsame Personengruppe um uns versammelt haben, die nicht das sind, was sie auf den ersten Blick zu sein schienen. Mit Ausnahme von Gher sind sie
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