Althalus
mir so etwas nie antun werdet.« »Wäre das so schmerzhaft?«, fragte Andine ihre Freundin. »Es wäre furchtbar!« Wieder schauderte Leitha. »Wie hat Ko man
darauf reagiert, Althalus?«
»Wenn ich mich recht entsinne, verschwand er rasch die Straße hinunter. Die Selbstgespräche, die er dabei führte, wären nichts für die Ohren unschuldiger Maiden gewesen.«
»Haben wir nicht schon Mittag?«, erkundigte Eliar sich plötzlich.
»Seit dem Frühstück sind erst ein paar Stunden vergangen«, erinnerte Andine ihn, doch ihre Stimme klang ungewöhnlich sanft, und sie ließ nichts von ihrem üblichen Spott oder ihrer offenen Feindseligkeit gegenüber dem jungen Arumer spüren.
»Ich weiß, dass es für euch lästig sein muss, wie ich ständig übers Essen rede«, entschuldigte Eliar sich mit verlegener Miene. »Aber ich kann einfach nicht anders! Eine Stunde, nachdem ich gegessen habe, bin ich schon wieder am Verhungern!«
»Warum stopfste dir nicht die Taschen mit was zu Futtern voll, Eliar?«, riet ihm Gher. »So tät'st du immer was zu knabbern haben, wenn der Hunger dich überkommt.«
Eliar war sichtlich schockiert. »Oh, das könnte ich nicht, Gher! Es würde von schlechten Manieren zeugen, würde ich im Beisein von euch anderen etwas essen!«
Das erheiterte Andine so sehr, dass sie herzhaft lachte.
17
Das Haus war für die anderen ein Ort in der Fremde, für Althalus je doch das Zuhause, und es war schön, wieder zurück zu sein. Dweia setzte ihre Unterrichtsstunden über die Geschichte der Welt fort, doch Althalus war mit den Gedanken meist woanders. Er fand, dass er bereits genug von der Welt kannte. Wenn Dweia ihre Zeit mit sinnlosem Unterricht vergeuden wollte, war es ihre Sache. So hatte sie wenigstens einen Zeitvertreib, und vor dem Frühjahr würden sie ohnehin nicht aufbrechen.
Nachdem ein paar Wochen vergangen waren, kam Althalus ein merkwürdiger Gedanke. Er wartete, bis er und Dweia allein waren,
ehe er mit ihr darüber sprach.
»Deiwos hat dieses Haus erbaut, nicht wahr?«
»Das richtige Wort ist ›erschaffen‹, nicht erbaut. Da besteht ein Unterschied, weißt du.«
»Hat er es dir gegeben?«
»Nein, ich habe es geklaut.«
»Dweia!«
Sie lachte. »Das lässt dich aufhorchen, nicht wahr? Deiwos kam hierher, um nachzudenken, nachdem er die Sterne aus seinen Gedanken erschaffen hatte. Dann ging er wieder fort und ließ das Haus zurück. Da er es nicht mehr benutzte, bin ich einfach eingezogen - als Emmy die Katze.«
»Was ist, wenn er das Haus zurück haben will?«
»Dann hat er Pech. Jetzt gehört es mir, Althalus. Wenn Deiwos ein Haus will, soll er irgendwo ein anderes erschaffen -auf dem Mond von mir aus.«
»Weiß er, dass du es so siehst?«
»Er müsste es zumindest wissen, ich habe es ihm oft genug gesagt. Deiwos hat diese Welt erschaffen und mit Menschen belebt. Das war seine Aufgabe, und die ist erfüllt. Jedenfalls gehört das Haus jetzt mir. Er hat hier nichts mehr verloren.«
»Wir werden erst im Frühjahr aufbrechen, nicht wahr?«
»Die Jahreszeiten haben hier keine Bedeutung, Schatz. Das solltest du inzwischen doch wissen. Wir brechen auf, sobald wir bereit sind.«
»Wir können nicht mitten im tiefsten Winter reiten, Em.«
»Um wie viel willst du wetten, Althalus?«
»In Kürze wird der Schnee fünfzehn Fuß hoch liegen und die Sonne wird nicht mehr aufgehen. Das dürfte uns wohl hier festhalten. «
»Nein. Hör jetzt zu, Althalus. Pass auf und lerne.«
»Du kannst einen bis aufs Blut reizen, Em.«
»Schön, dass du's einsiehst.«
»Geht das noch lang so weiter, Meister Althalus?«, fragte Gher ein paar Tage später leise beim Mittagessen.
»Was ? «
»Dieser ganze Kram, wer vor tausend und nochmal tausend Jahren an Orten, von denen ich noch nie gehört hab, was Bestimmtes getan hat. Verratet Emmy bitte nicht, dass ich das gesagt hab, aber es wird schrecklich langweilig. Wen kümmert's schon, was vor fünftausend Jahren im Deikanischen Reich passiert ist?«
»Ich war einmal dort«, erzählte Althalus dem Jungen. »Zu einer Zeit, ehe ich herkam und Emmy mich in die Pfoten bekam. Die Kaufleute von Deika waren alle sehr reich, doch es mangelte ihnen an gesundem Menschenverstand, sodass sich für einen Mann mit meinem Beruf interessante Möglichkeiten eröffneten. Der Gedanke an reiche, aber sehr dumme Männer war mehr als erfreulich.«
»Was ist dann geschehen?«, fragte Gher aufgeregt.
Althalus erzählte ihm eine reich ausgeschmückte Version
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