Althalus
glaube, du solltest auf ›gezügelt zügellos‹ hinarbeiten. Das könnte dir nicht schaden, und ich würde mich um vieles wohler fühlen.«
Bheid starrte sie einen Augenblick an, dann lächelte er sanft. »Selbstverständlich, Leitha«, versprach er. »Ich glaube ›gezügelt zügellos‹ wird mir gelingen, wenn du dich dann besser fühlst. Dafür sind Freunde schließlich da, nicht wahr?« Sie dankte ihm mit einem strahlenden Lächeln.
»Halt dich da raus, Althalus«, ermahnte ihn Dweias schnurrende Stimme.
»Was immer du sagst, Liebes.«
»Die Entstehung der Gletscher führte zu einer Dürre, die in den Landen im Süden große Unruhen verursachte«, erzählte Dweia den Gefährten ein paar Tage später. »Reichtum und Macht und prunkvolle Städte sind bedeutungslos, wenn es nichts zu essen gibt. Das ist natürlich der Schlüssel zu Ghends Plan, Das Chaos ist sein Verbündeter - und die Gletscher verursachen Chaos.«
»Hast du mir nicht mal gesagt, dass Ähnliches schon zuvor passiert ist?«, erinnerte Althalus sie.
»Ja, das ist jetzt die vierte Eiszeit in den letzten Millionen Jahren. Bisher waren diese Eiszeiten auf Klimaveränderungen oder Meeresströmungen zurückzuführen, die ihre Richtung wechselten. Diese Kältekatastrophe aber ist das Werk Daevas. Es ist ein wichtiger Teil seines Planes, die Reiche im Süden zu zerrütten -ihr Geldwesen, ihre Verwaltungen und ihre Regierungen -, damit die Menschen dort sich dem nächstbesten starken Mann zuwenden, der die Ordnung wiederherzustellen verspricht. Die Zivilisation ist dem Zusammenbruch nahe. Es droht ein allgemeiner Aufstand.«
»Mein Volk würde sich nie gegen mich auflehnen!«, rief Andine heftig.
»Da wäre ich mir nicht so sicher, Liebes.« Dweia lächelte mitfühlend. »Ghend hat bereits Aufwiegler in Osthos, und euer Krieg gegen die Kanthoner erleic htert ihnen den Auftrag.«
»Wir haben diesen Krieg nicht angefangen!«
»Ich weiß. Als Althalus und ich uns auf unserem Weg von Arum nach Osthos befanden, trafen wir Khalor, Eliars Sergeantgeneral. Er bezeichnete den Aryo von Kanthon als Schwachkopf. Ich bin sicher, dass einer von Ghends Knechten viel mit den strategischen Entscheidungen des Aryos zu tun hatte.«
»Sergeant Khalor war nicht sehr glücklich über diesen Krieg«, erinnerte Eliar sich. »Er bedachte den Häuptling der Kanthoner mit allen möglichen wenig schmeichelhaften Namen.«
Andines große Augen verengten sich nachdenklich. »Das bedeutet, dass Ghend meinen Vater auf dem Gewissen hat, nicht wahr?« »Ghend war letzten Endes für den Tod deines Vaters verantwort
lich«, bestätigte Dweia.
»Eliar?«, rief Andine auf ihre gewinnendste Weise.
»Ja, Andine?«
»Würdest du für mich arbeiten? «
»Ich verstehe nicht ganz.«
»Ich brauche jetzt einen tüchtigen Berufssoldaten. Die Bezahlung ist sehr gut - sowohl in klingender Münze wie in anderen Dingen.« Sie legte eine Hand auf sein nacktes Knie.
»Ich müsste erst mit meinem Häuptling darüber reden, Andine, aber ich bin sicher, dass wir eine Vereinbarung treffen können. Was, genau, erwartest du von mir?«
»Ich wäre dir unendlich dankbar, wenn du diesen Ghend für mich aufspüren und niedermetzeln würdest -und ich möchte dabei sein und zusehen, während du ihn abschlachtest. Ich will, dass Blut fließt, Eliar - viel, viel Blut, und ich will Ghend laut schreien hören vor Schmerz. Wie viel wird mich das Ganze kosten? Was meinst du?«
»Dafür werde ich ganz bestimmt nichts von dir verlangen, Andine. Wir sind jetzt Freunde und es wäre nicht richtig von mir, Geld für einen so kleinen Gefallen zu verlangen, nicht wahr?«
Andine stieß einen Freudenschrei aus, schlang die Arme um Eli-Hals und küsste ihn leidenschaftlich. »Ist er nicht der netteste Junge, den ihr je gesehen habt?«, wandte sie sich an die Gefährten.
Dweia saß am nächsten Vormittag am Marmortisch. Sie hatte eine Hand auf dem Buch liegen und ihre grünen Augen blickten gedankenverloren.
Althalus und die anderen betraten das Turmgemach und nahmen still ihre Plätze ein.
»Ich möchte, dass ihr ganz genau aufpasst«, wandte Dweia sich an die kleine Versammlung. »Ihr alle wisst von der ›Benutzung‹ des Buches und wie Eliar den Dolch ›benutzt‹. Jetzt ist es an der Zeit, dass ihr lernt, das Haus zu ›benutzen‹.« Sie erhob sich und blickte von einem zum anderen. »Das wird vielleicht schwierig für euch sein. Es wird euch möglicherweise schwer fallen, einiges von dem hinzunehmen, was
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