Althalus
von der Wahrheit, wie du glaubst, dass er verdauen kann, und vertusche das Übrige. Sag ihm, dass die Arumer kommen, um in diesem Krieg für ihn zu kämpfen, dann wird er dich mit offenen Armen aufnehmen. Wir müssen unseren Fuß in die Tür kriegen, Bheid, und das ist die schnellste Möglichkeit, die ich weiß.« Er blickte zur Sonne, die soeben aufgegangen war. »Be geben wir uns in die Stadt. Die Weißkuttenträger im Tempel dürften inzwischen aufgestanden sein.«
Beim Betreten des Tempels setzte Bheid eine hochmütige Miene auf und verlangte von den Kirchenmännern in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete, umgehend zu Exarch Yeudon geleitet zu werden. Althalus beobachtete ihn, schwieg jedoch. Mit ein bisschen Übung, dachte er, könnte Bruder Bheid einen ganz anderen Beruf erfolgreich ausüben.
Doch nicht alle Weißkutten ließen sich von Bheids Auftreten einschüchtern. Im Vorzimmer des Exarchen saß ein übereifriger Priester an einem kleinen Tisch. Er hatte den gleichen überheblichen Gesichtsausdruck, über den Althalus in Deika so verärgert gewesen war. »Ihr müsst warten, bis Ihr aufgerufen werdet«, teilte er Bheid hochmütig mit.
»Wenn dieser Narr sich nicht sofort von seinem Hintern erhebt, tötest du ihn, Eliar«, befahl Bheid düster.
»Ihr seid der Befehlshaber, mein Scopas«, entgegnete Eliar und zog den Dolch.
»Ihr würdet es nicht wagen!« Der so von sich überzeugte Vorzimmerwächter plagte sich auf die Füße, doch der Hochmut auf seinem Gesicht wich blanker Angst.
»So ist es schon besser. Geh und sag deinem Exarchen, dass Scopas Bheid mit einer dringenden Botschaft vom Exarchen der Schwarzkutten hier ist. Es mag zwar nicht das Geschick der Welt davon abhängen, wie schnell du gehorchst, deines aber sehr wohl! Beweg dich!«
Der verängstigte Priester in der weißen Kutte stolperte zur Tür des Exarchen.
»Dem habe ich Beine gemacht, was?«, murmelte Bheid grinsend.
»Du machst das genau richtig, Bheid«, lobte Althalus.
»Der Exarch ist bereit, Euch zu empfangen, Eminenz«, meldete der eingeschüchterte Wächter mit tiefer Verbeugung. »Wird auch Zeit«, brummte Bheid. Dann führte er Althalus und Eliar in das prunkvolle Studiergemach Yeudons.
An den Wänden standen Regale mit Büchern und Schriftrollen, und Lammfellläufer lagen auf dem polierten Steinboden. Exarch Yeudon war ein dünner, fast ausgemergelter Mann in weißer Kutte mit großer Kapuze. Er hatte silbriges Haar und ein von tiefen Falten gezeichnetes Gesicht, das den Gefährten erheitert entgegenblickte. »Was hat Euch so lange aufgehalten, Scopas Bheid?«, fragte er mit leichtem Lächeln.
»Sind wir einander bereits begegnet, Eminenz?«, fragte Bheid.
»Nicht persönlich, Scopas, aber ich habe ständig Berichte erhalten -in ziemlich verängstigtem Tonfall -, seit Ihr den Tempel betreten habt. Ich hatte fast schon erwartet, dass Ihr meine Tür einrammt.«
»Ich gebe zu, dass ich ein wenig unhöflich war. Ich fürchte, das liegt an der Botschaft meines Exarchen. Ich entschuldige mich.« »Das ist nicht nötig, Scopas Bheid. Hättet Ihr Bruder Akhas wirklich getötet?«
»Wahrscheinlich nicht«, antwortete Bheid. »Im Lauf der Jahre habe ich allerdings festgestellt, dass das Wort ›töten‹ einem sehr schnell die Türen öffnet.«
»Nun, Bruder Akhas hat es jedenfalls Beine gemacht. Sagt mir, Scopas Bheid, was kann so wichtig sein, dass Ihr mit Mord gedroht habt, um es mir mitzuteilen?«
»An Eurer Nordgrenze braut sich etwas zusammen, Eminenz«, sagte Bheid ernst. »Das ist uns bereits bekannt, Scopas Bheid. Gibt es sonst noch etwas?«
»Die Sache ist wesentlich ernster, als sie auf den ersten Blick zu sein scheint, Eminenz - jedenfalls so ernst, dass sie meinen Exar chen bewegt hat, Euch Unterstützung anzubieten.«
»Ist die Sonne erloschen, als ich nicht darauf geachtet habe?«, rief Yeudon sichtlich erstaunt. »Was kann Emdahl derart erschüttert haben, dass er so weit geht?«
»Habt Ihr vielleicht von einem Mann namens Ghend gehört, Eminenz?«, fragte Bheid vorsichtig.
Yeudons Gesicht wurde kreidebleich. »Das ist nicht Euer Ernst!«
»Ich fürchte ja, Eure Eminenz. Wir Schwarzkutten haben Quellen, die den Weiß-oder Braunkutten nicht zugänglich sind. Exarch Emdahl hat vergangene Woche erfahren, dass einige von Ghends Knechten die Stämme von Südansu aufwiegeln. Offenbar plant Gelta, die Königin der Nacht, in Wekti einzufallen.«
»Also hat Daeva das Spiel eröffnet«, stellte Yeudon mit
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