Althalus
Spätnachmittag ein und setzten sich sofort mit Scopas Eyosra und den anderen ranghöheren Braunkutten zusammen.
»Er ist wie ein Stier, Pappi«, berichtete Leitha. »Er setzt sich über alle im Tempel hinweg und scheint eine ganze Menge mehr zu wissen, als er von Rechts wegen wissen sollte.«
»Unser Orden ist darauf spezialisiert, alles Wissenswerte zusammenzutragen«, erklärte Bheid. »Auf dieser Welt gibt es kaum etwas, wovon mein Exarch nicht erfährt. Ich habe gehört, dass er ziemlich kurz angebunden sein kann, wenn er es mit einer Ausnahmesituation zu tun bekommt. Wir sollten sehr behutsam mit ihm umgehen.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, entgegnete Althalus. »Wenn er an der Wahrheit interessiert ist, kann ich ihm mehr davon geben, als er zu bewältigen imstande ist. Exarch Emdahl mag ja wie ein Stier in einer Herde Ochsen sein, aber ich habe stärkere Hörner als er.«
Der Bote der Braunkutten-Hierarchie erschien am nächsten Morgen mit einem amtlichen Dokument, in dem die Anwesenheit des Herzogs von Kenthaigne im Tempel »erbeten« wurde.
»Seid ein guter Junge und teilt den Exarchen mit, dass wir kommen werden, sobald es sich ermöglichen lässt«, sagte Althalus in herablassendstem Tonfall zu dem aufgeblasenen Boten.
Bheid wand sich. »Ihr führt Euch schlecht ein, Althalus«, warnte er stumm.
»Es ist meine Absicht, Emdahl ein wenig zappeln zu lassen«, erklärte Althalus. »Warten wir eine halbe Stunde, dann erscheinen wir im Tempel. Ich glaube, du solltest dich im Hintergrund halten, Bheid. Ich werde Emdahl ziemlich hart ins Gebet nehmen, wenn man das bei einem Priester sagen darf. Ich möchte nicht, dass er seinen Zorn an dir auslässt.«
Sie blieben noch eine Zeit lang in Baskois bequemem Salon sitzen. »Gehen wir jetzt zum Tempel«, bestimmte Althalus schließlich, »und machen uns ein paar Kirchenmänner gefügig.«
»Geht Ihr nicht ein wenig zu weit?«, fragte Andine. »Natürlich«, antwortete Althalus verschmitzt. »Ich will Emdahls ungeteilte Aufmerksamkeit.«
Beim Betreten des Tempels ernteten sie einige unfreundliche Blicke. Althalus achtete nicht auf die offene Feindseligkeit und marschierte geradenwegs zu Aleikons Privattempel. »Sind sie da drin?«, fragte er den Priester, der als erstes zu ihm gekommen war.
»Äh -nein, Hoheit«, erhielt er zur Antwort. »Exarch Aleikon fühlt sich immer noch nicht wohl, und die Exarchen Emdahl und Yeudon besprechen sich im Leseraum.«
»Dann solltet Ihr mich sofort zu ihnen führen.« Der Priester eilte voraus. Althalus marschierte in eisiger Ruhe hinter ihm her.
»Es dürfte gleich so weit sein, Durchlaucht«, flüsterte der aufgeregte Priester, als sie zu einer Bogentür gelangten.
»Ihr wart in den vergangenen Wochen sehr hilfreich, junger Mann«, sagte Althalus, »darum möchte ich Euch nicht in Schwierigkeiten bringen. Habt Ihr nicht etwas Unaufschiebbares in einem anderen Teil des Tempels zu tun?«
»Das lässt sich einrichten, Durchlaucht«, antwortete der Pries ter dankbar und eilte davon.
»Was hast du vor?«, fragte Dweia stumm aus dem Haus.
»Mir ihre Aufmerksamkeit sichern, Em. Ich werde einige Anstandsregeln missachten und sogleich zu Yeudon und Emdahl vordringen. Ich habe nicht vor, nach ihrer Pfeife zu tanzen, wie sie es wahrscheinlich von mir erwarten.«
Er stieß heftig die Tür auf und ging auf Emdahl und Yeudon zu. »Ich hörte, dass ihr mich sehen wollt«, sagte er zu den beiden verblüfften Kirchenmännern. »Hier bin ich. Was habt ihr für ein Problem? «
»Wieso kommt Ihr erst jetzt?«, fragte Emdahl scharf.
»Das übliche Vorgehen, Eminenz«, antwortete Althalus mit einem übertriebenen Kratzfuß. »Da man Besucher gewöhnlich eine gewisse Zeit im Vorgemach abkühlen lässt, übernahm ich das selbst in komfortablerer Umgebung. Wir haben vieles zu besprechen, meine Herren, also lasst uns zur Sache kommen. Was genau wollt Ihr wissen?«
»Alles«, antwortete Emdahl eisig. »Beginnen wir gleich mit der wichtigsten Frage. Wer seid Ihr, Althalus? Es gibt seit einiger Zeit in diesem Teil der Welt beträchtliche Unruhen, und Ihr scheint mit Euren Leuten bei einigen mitten drin zu stecken. Wo immer Ihr wart, Ihr habt Euch wider die Mächtigen erhoben, und das entspricht nicht dem natürlichen Lauf der Dinge, wie wir ihn sehen. Die Kirche will wissen, was Ihr vorhabt.«
Althalus ließ sich in einen Sessel am anderen Ende des Tisches fallen und lehnte sich zurück. »Wieviel Wahrheit seid Ihr zu akzeptieren
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