Althalus
anwirbt, das Buch zu stehlen, werde ich dann nicht ungefähr drei Monate früher im Haus eintreffen? Und wenn dem so ist, wie viele andere Dinge werden sich dann ebenfalls ändern? «
Dweia runzelte leicht die Stirn. »Da bist du auf einen wunden Punkt gestoßen, Althalus. Es gibt sehr vieles, das mehr oder weniger so bleiben sollte, wie es ist.«
»Das ist doch gar nicht so schwierig, Emmy«, warf Gher ein. »Wir brauchen es bloß so machen, dass Ghend und Khnom Galbak nicht ganz so leicht entkommen. Wir können von Eurem Fenster aus zuschauen und jedes Mal, wenn er die Hufspuren von seinem Pferd verwischt, kann Eliar eine neue Fährte hinter ihm legen, auf die Galbak stößt. So wird Ghend einen ziemlich aufregenden Sommer haben, und er wird erst ungefähr zur richtigen Zeit in Nabjors Lager kommen.«
»Das ist einen Versuch wert, Em«, pflichtete Althalus dem Jungen bei. »Und wenn wir es so machen, besteht keine sonderliche Eile, zu Nabjors Lager zu kommen. Zumindest wird es mir genug Zeit geben, ein Bad zu nehmen und mir was Frisches anzuziehen.«
»Ich glaube, ich falle gleich in Ohnmacht.« »Hör auf, deine Witzchen darüber zu machen, Em. Nach ein paar Jahrhunderten wird Baden zur Gewohnheit.« »Du wirst dich doch von diesem lächerlichen Umhang trennen, nicht wahr? «
»Kommt nicht in Frage! Ich habe einen ganzen Winter damit verbracht, es so zu deichseln, dass ich meinen wolfsohrigen Umhang behalten kann!«
»Und ich dachte, der Zweck dieses Winters wäre gewesen, Ghend so auszutricksen, dass du sein Buch stehlen kannst.« »Das natürlich auch, aber der Hauptzweck war, diesen Umhang zu behalten.« Sie seufzte. »Ich glaube, wir sind noch lange nicht so weit, wie ich dachte.«
46
»Es ist schön, wieder zu Hause zu sein«, sagte Gher, als er und Althalus im Frühherbst nordwärts durch das bewaldete Hule ritten. »Mir haben die Bäume irgendwie gefehlt.« Da runzelte er die Stirn. »Aber es sind gar nicht die gleichen Bäume, oder?«
»Manche vielleicht schon«, antwortete Althalus. »Die kleineren.«
»Leben Bäume denn so lang'?« »Einige, ja.«
»Und sie werden immer größer, nicht wahr?«
»Oh, ich könnte mir vorstellen, dass es da eine Grenze gibt.«
»Was ist das eigentlich für ein Ort, zu dem wir reiten?«
»Du wirst ihn wahrscheinlich wieder erkennen, Gher. Dort bist du zu uns gekommen -gleich nachdem Eliar und ich dich erwischten, als du unsere Pferde stehlen wolltest. Es ist einer dieser ›wichtigen Orte‹, auf die wir von Zeit zu Zeit stoßen.«
»Das ist gruslig«, murmelte Gher.
»Darüber musst du mit Emmy reden.« Althalus blickte zu den Baumriesen hinauf. »Wir haben eine Menge geändert, während wir unserer Aufgabe nachgingen, aber die Bäume sind noch dieselben, und ich bin sicher, dass sich auch Nabjors Lager nicht so sehr verändert hat.« Er grinste. »Aber diesmal fühle ich mich besser. Das letzte Mal hatte ich mieseste Laune, weil ich ein ganzes Jahr lang vom Pech verfolgt wurde.« Er legte den Kopf schief, um einem fer nen Klang zu lauschen, den sie immer wieder hörten, seit sie durch die Tür nach Hule geritten waren. »Das ist ebenfalls ganz anders. Beim letzten Mal war es dieses Wimmern, das wir so oft hörten. Diesmal ist es Eliars Dolch.«
»Das bedeutet, dass wir gewinnen werden, nicht wahr?« »Es ist schwer, das mit Sicherheit zu sagen, aber ich glaube, dies mal sieht es viel besser aus.« Althalus blickte auf den Pfad. »Nabjors Lager ist gar nicht mehr weit. Ich werde dich mit ihm bekannt machen. Du solltest wieder in dein altes Kauderwelsch verfallen. Ghend wird bald eintreffen und würde sich wundern, wenn du anders sprichst als in Gostis Fort. Ein guter Dieb sollte auf so etwas achten. Wenn du jemand betrügen willst, ist es unabdingbar, dass du eine andere Person darstellst.«
»Vorten, dass ich sie bin, nicht ich?«
»Richtig -ein Dieb hat eine große Auswahl an vorten Persönlichkeiten. Er kann sich mit der Zeit recht gut in sie hineinversetzen und sich in jedem Fall immer genau der richtigen bedienen.« Althalus kratzte sich nachdenklich an der Wange. »Ich glaube, diesmal werde ich den glücklichen Althalus vorten -das heißt, ich muss es gar nicht vorten, es ist wirklich so. Das letzte Mal habe ich kaum etwas anderes getan, als über mein Pech zu jammern. Aber wenn man sich glücklich fühlt, ist man besser drauf.«
»Dann wisst Ihr, wo's langgeht?«
»So ist es, Gher. Das letzte Mal hatte Ghend die Sache im Griff, diesmal
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