Althalus
Geistlichen lie ben einfältige Gemeindemitglieder.« Khnom bedachte Althalus mit einem verstohlenen Blick, um festzustellen, wie dieser die etwas frevlerische Bemerkung aufgenommen hatte.
Althalus verzog keine Miene. »Könnten wir unsere Zelte hinter den Läden aufschlagen?«, fragte er.
»Das hätten sie nicht gern -und selbst wenn, würdet Ihr's wahrscheinlich bereuen. Sie beten nämlich viel und nicht gerade leise. Wir Geschäftsleute haben unser eigenes Viertel, wenn man es so nennen kann, drüben bei den Überresten der Ostmauer.«
»Wie kommen diese Priester zu Geld, wenn sie etwas kaufen möchten?« »Sie erstellen Horoskope für Leute, die an diesen Unsinn glauben, und verlangen einen ziemlich hohen Preis.«
»Gut. Sie betrügen ihre Gemeindemitglieder, und wir betrügen sie. Ich mache gern Geschäfte mit jemandem, der sich für schlauer hält als ich. Ich danke Euch für die Auskunft.«
»War mir eine Freude, Euch zu helfen. Braucht Ihr irgendwelche Töpfe oder Pfannen?«
»Im Moment nicht. Trotzdem vielen Dank.«
»Er weiß, wer du bist, Althalus«, warnte Emmys Gedankenstimme.
»Das ist mir klar. Er ist schlau, das gestehe ich ihm zu, aber er benimmt sich nicht wie ein echter Händler.«
»Woran hast du das erkannt? «
»Er hat mich kein einziges Mal nach meinem Gewerbe gefragt. Das aber ist die erste Frage, die ein Händler stellt. Keiner möchte einen Konkurrenten in seiner Nähe. Sollten wir uns seiner entledigen? Eliar und ich könnten ihm gleich das Lebenslicht auspusten.«
»Nein. Es ist nicht eure Aufgabe, gegen Khnom vorzugehen. Seid vorsichtig in seiner Nähe.«
»Wohin gehen wir jetzt?«, erkundigte Eliar sich.
»An der Ostmauer ist ein Händlerviertel, dort werden wir unser Lager aufschlagen«, antwortete Althalus. »Gleich in der Früh halten wir dann Ausschau nach dem, den wir brauchen.«
»Könnten wir vielleicht Seife machen?«, fragte Eliar, während sie ihre Pferde die schuttbestreute Straße entlang führten.
»Wahrscheinlich. Warum?«
»Emmy möchte, dass ich ein Bad nehme. Das scheint Frauen immer als Erstes in den Sinn zu kommen. Auch meine Mutter redet von nichts anderem, wenn ich sie zu Hause besuche.«
»Ich nehme an, du badest nicht sehr gern?«
»Oh, ich bade, wenn es wirklich notwendig ist, aber einmal die Woche genügt doch üblicherweise, oder? Es sei denn, man hat den Stall ausgemistet.«
»Emmy hat eine sehr empfindsame Nase. Wir sollten nichts tun, das sie kränken könnte.«
»Du könntest auch ein Bad gebrauchen, Althalus«, murmelte Emmys Gedankenstimme.
»Ich brauche kein Bad, Em!«, protestierte er stumm.
»Da täuschst du dich. Du brauchst sogar dringend eins! Du reitest jetzt schon mehrere Wochen und riechst aufdringlich nach Pferd. Bade! Bald! Bitte.«
Sie begannen früh am nächsten Morgen, und Eliar stellte sich nach einigen verlegenen Anfangsversuchen durchaus geschickt an. Sein offenes jungenhaftes Gesicht half ein wenig, wenn er einen Priester nach dem anderen mit seiner Frage löcherte. Die meisten weigerten sich zuzugeben, dass sie nicht lesen konnten, wie Althalus bemerkte. Ihre übliche Entgegnung war ein schroffes: »Ich bin zu beschäftigt für solch einen Unsinn.« Einige erboten sich jedoch zu einer Deutung - gegen Entgelt. Ein Fanatiker mit tief liegenden Au gen behauptete hitzig, die Schrift müsse ein Werk des Teufels sein, da er sie nicht lesen könne.
Althalus und Eliar ließen ihn mitten auf der Straße stehen, während er noch immer wetterte und wild gestikulierte.
»Da kommt noch einer«, sagte Eliar leise. »Was haltet Ihr davon, wenn wir von nun an Wetten abschließen, was die Burschen sagen werden, wenn ich ihnen den Dolch zeige? Der da scheint mir einer von denen zu sein, die immer zu sehr beschäftigt tun.«
»Ich glaube eher, er ist einer von denen, die Geld für eine Deutung verlangen«, entgegnete Althalus grinsend.
»Wie kommt Ihr darauf? «
»Er schielt, weil er mit einem Auge nach Deiwos am Himmel schaut und mit dem anderen auf den Boden nach einer Münze, die jemand verloren haben könnte.«
»Ich hoffe bloß, er ist nicht wie dieser Fanatiker. Der nächste, der meinen Dolch ein Instrument des Teufels schimpft, kriegt meine Faust ins Gesicht.«
Der Priester, der ihnen auf der leeren Straße entgegenkam, wirkte ausgemergelt, und seine schielenden Augen und das zerzauste Haar ließen an einen Wahnsinnigen denken. Seine zerschlissene braune Kutte war steif von Dreck und sein Körpergeruch schier
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