Althalus
er sich: »Das heißt, eigentlich haben wir den Dolch ge
hört, aber da es im Grunde genommen Gottes Klinge ist, kommt es auf das Gleiche heraus, nehme ich an.« »Warum hat der Dolch diesen Laut von sich gegeben?« Die Stimme des Priesters zitterte immer noch und war voller Ehrfurcht. »Ich glaube, auf diese Weise gibt Gott uns zu verstehen, dass du derjenige bist, den wir gesucht haben. Ach ja, ich bin Eliar.« »Man nennt mich Bheid«, erwiderte der Priester und blickte dem jungen Arumer verwirrt ins Gesicht. »Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen, Bheid.« Eliar schüttelte dem Priester die Hand. »Bist du nicht arg jung, schon ein Heiliger zu sein?«, wunderte sich Bheid. »Alle anderen Heiligen, die ich kenne, sind viel älter.«
Eliar lachte. »Mich hat noch nie jemand einen Heiligen genannt. Ich bin nur ein Söldner, der zufällig für Gott arbeitet. Ich begreife nicht einmal, was vor sich geht, aber das macht nichts. Ein Söldner muss nicht verstehen, er muss bloß tun, was man ihm befiehlt.«
Bheid wollte sich erheben, doch Eliar legte ihm die Hand auf die Schulter. »Es ist vielleicht besser, wenn du noch eine Zeit lang still sitzt«, meinte er. »Denn wenn du dich auch nur in etwa so fühlst wie ich, nachdem ich die Klinge gelesen hatte, sind deine Knie wohl noch ziemlich wacklig. Gott hat eine sehr laute Stimme. Das ist dir sicher nicht entgangen.«
»Wie hätte mir das entgehen können!«, entgegnete Bheid inbrünstig. »Was müssen wir jetzt tun?«
»Da fragst du besser Althalus. Er ist derjenige, der mit Emmy reden kann, und Emmy trifft die Entscheidungen.«
»Wer ist Emmy? «
»Soviel ich verstanden habe, ist sie die Schwester Gottes, aber momentan sieht sie wie eine Katze aus und verbringt die meiste Zeit damit, in der Kapuze von Althalus' Umhang zu schlafen. Es ist ein wenig kompliziert. Emmy ist älter als die Sonne und richtig süß, aber wenn man einen Fehler macht und sie verärgert, kann sie einem die Nase abbeißen.«
Bheid blickte Althalus vielsagend an. »Der arme Junge ist im Kopf nicht ganz richtig, stimmt's?«
»Eliar? O doch. Er hat allerdings seit einer Stunde oder mehr nichts zu essen gehabt. Da ist er möglicherweise nicht mehr ganz zurechnungsfähig.«
»Ich fürchte, bald verstehe ich gar nichts mehr«, gestand Bheid.
»Gut. Das ist der erste Schritt zur Weisheit.«
»Es würde für mich vielleicht mehr Sinn ergeben, würde ich Euer Sternzeichen kennen -und das von Eliar. Wenn ich eure Horoskope lesen könnte, wüsste ich vielleicht genau, wer ihr seid.«
»Glaubst du wirklich daran, Bheid?«, fragte Althalus.
»Astrologie ist der Grundstein der Religion«, versicherte Bheid. »Deiwos hat unsere Bestimmung in die Sterne geschrieben. Die Priesterschaft hat die Pflicht, die Sterne zu studieren, damit wir dem Menschen das Wort Gottes verkünden können. Was ist Euer Sternzeichen? Wann wurdet Ihr geboren?«
»Vor sehr langer Zeit, Bheid«, antwortete Althalus mit einem schwachen Lächeln. »Ich fürchte, du würdest nicht viel Glück haben, mein Horoskop zu lesen, weil die Sterne sich seither sehr ver ändert haben. Sie hatten andere Namen und die Menschen, die zu ihnen emporschauten, sahen andere Sternbilder wie du jetzt. Die untere Hälfte des Wolfes war das Unterteil der Schildkröte, wie die alten Himmelsbeobachter das Sternbild nannten, und was die Astrologen jetzt den Keiler nennen, war die obere Hälfte des Wolfes.«
»Das ist Blasphemie!«, rief Bheid.
»Darüber würde ich mir keine allzu großen Sorgen machen, Bheid. Diese Astrologen sind längst tot und können dir nichts mehr anhaben.«
»So habe ich es nicht gemeint.«
»Ich weiß, aber sie würden es so sehen, nicht wahr?« Althalus legte die Hand auf Bheids Arm. »Es gibt keine Bilder am Himmel, weißt du. Wie ich schon sagte, sind die Sterne nicht miteinander verbunden, um uns Bilder zu zeigen -aber das hast du bereits geahnt, nicht wahr? Das ist wohl auch die Ursache deiner Glaubens krise, nehme ich an. Du möchtest, dass es da oben einen Wolf und einen Eber und einen Drachen gibt, doch wenn du hinaufblickst, kannst du sie nicht wirklich sehen. Habe ich Recht?«
»Ich versuche es!« Bheid wimmerte beinahe. »Ich versuche es so sehr! Aber sie sind einfach nicht da!« »Die Dinge haben sich für dich geändert, Bheid. Du brauchst nicht mehr Rat suchend zum Himmel zu schauen, weil Eliar Dei
wos' Dolch hat. Diese Waffe sagt uns, wohin wir als nächstes müssen.«
»Werden wir Awes verlassen?
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