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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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auch für die Kriminalen eine very important person war. Der Grund: Den Kriminalbeamten waren die ausgezeichneten connections vom Ersten Bürgermeister Brunner natürlich nicht verborgen geblieben. Wie auch, Brunner war bekannt dafür, dass er immer und überall irgendjemand Wichtigen kannte. Ja, Brunner gehörte einem gut funktionierenden Spezi-Geflecht Oberbayerns an, sogar ganz Bayerns, und manchmal ging es auch über Bayern hinaus.
    »Ich weiß jetzt nicht, wie ich diese Unannehmlichkeiten wiedergutmachen kann«, hat Brunner gesagt und unterwürfig die Stimme gesenkt. Er trat dabei zwei Schritte ins Zimmer hinein und auf den sich jetzt langsam aufrichtenden Plotek zu. Zuerst dachte Plotek noch, Unannehmlichkeiten hin oder her, am liebsten wäre mir jetzt, wenn Brunner schleunigst wieder das Zimmer verlassen würde. Als sich aber der breite Schatten von Brunner über das Plumeau legte, dann über den auf dem Bettrand sitzenden Plotek, und der Türrahmen noch immer leuchtete wie angezündet, ist in Ploteks Hirn plötzlich eine Idee aufgezogen wie ein hochsommerlicher Sonnenaufgang. Plotek stand vom Bett auf und räusperte sich, um den richtigen Tonfall zu finden. Er hat ihn gefunden und vorwurfsvoll gesagt: »Na ja, schön war das nicht, Herr Brunner, aber. . .«
    Noch bevor er den Satz vollenden konnte, war ihm Brunner schon ins Wort gefallen, wieder unterwürfig und tausendmal um Verzeihung bittend.
    »Ich schlage vor, wir spülen den ganzen Ärger einfach runter!«, stellte der Erste Bürgermeister dann noch ganz waghalsig in den Raum.
    Bestimmt war Brunner senior von Brunner junior darin eingeweiht worden, dass Plotek dem Alkohol gegenüber ganz positiv eingestellt war und einem Tequila nicht gut widerstehen konnte.
    »Gehen wir!«, hat Plotek gar nicht mehr vorwurfsvoll erwidert, so dass Brunner jetzt richtiggehend erstaunt war und erst mal verstummt ist.
    Noch erstaunter, aber überhaupt nicht mehr schweigsam, war Brunner dann, als Plotek im Gasthof Zur Post sowohl das Weißbier als auch den Tequila ausgeschlagen und dafür ein Glas Wasser mit zwei Aspirin bestellt hat. Im Gasthof hat Brunner dann wieder angefangen zu reden und zu reden und wollte gar nicht mehr aufhören. Vor lauter Brunner-Worten wurde es Plotek wieder mal ganz schwindlig im Kopf. Einfach auslaufen lassen, hat Plotek gedacht. So lange zuhören, bis nichts mehr drin ist im Brunner. Und dann auffüllen, Fragen stellen und Antworten erhalten. Aber bis dahin musste er noch mehrere Monologe von Brunner über sich ergehen lassen. Mit nur einem Thema, nämlich: Brunner, also er selbst. Zuerst in Bezug auf die Passionsspiele von Altötting. Dann in Bezug auf ganz Altötting. Und zuletzt generell, quasi die Brunnersche Lebensphilosophie. Die interessierte Plotek überhaupt nicht. Das konnte er dann auch nicht verbergen, was Brunner zwangsläufig merken musste. Aber anstatt das Thema zu wechseln, dachte Brunner, wechsle ich lieber die Lokalität. Quasi einfach was Besseres bieten.
    »Da hab ich noch was ganz Besonderes für Sie!«, hat Brunner prophezeit. Also, raus aus der Post, Plotek in den 500er Mercedes geladen und dann, erster Gang, zweiter, dritter und mit Vollgas über die Staatsstraße durch den Alzgerner Forst Richtung Emmerting. Wie Brunner so in seinem nagelneuen Mercedes saß, mit einer Hand am Lenkrad, die andere lässig auf der Armatur aufgestützt, musste Plotek denken, dass die Autokratie in Bayern scheinbar noch immer nicht abgeschafft ist. Ein Provinzfürst ist Brunner, nicht unbedingt unsympathisch, dafür umso gefährlicher. Er ist einflussreich und sicher mit allen Wassern gewaschen, was so viel bedeutet wie, er ist sich für den eigenen Vorteil und den Altöttings zu nichts zu schade.
    Kurz vor der Ortschaft Emmerting, direkt an der Bundesstraße, wo Hund und Katz sich Gute Nacht sagen, tauchte die Waldeslust auf, ein ehemaliges Forsthaus. Jetzt wohnte allerdings die Beute darin und die Jäger waren auf Besuch. Soll heißen, von außen war klar, was den Besucher innen erwartete. Brunner hat den dicken Mercedes nicht auf den Parkplatz, sondern zu den Mülltonnen hinters Haus gestellt, dann sind sie über den Hintereingang in die Waldeslust rein. Es war ein Provinzpuff mit Nutten aus dem Ostblock. Polinnen, Ukrainerinnen, Tschechinnen und eine Dunkelhäutige aus Mosambik. Deutsche gab es keine, weil die zu teuer und zur Zeit die Exoten hoch im Kurs waren. Brunner hat Plotek durchs Schummerlicht an den Tresen geschoben, ihm

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