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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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den Mund ein wenig geschürzt, die Brust rausgedrückt und war zu allem bereit. Plotek dagegen zu nichts.
    »Aber wenn Sie mich jetzt bitte . . .«, versuchte Plotek die Merz Monika hinauszukomplimentieren.
    »Ja, bin schon weg!«, flüsterte die Merz Monika und schaute, als ob sie für immer bleiben wolle.
    »Ich danke Ihnen«, hat Plotek fast schon gehaucht. Und dann ist die Merz Monika überglücklich davongeschwommen. Aber denkste, an der Tür ist sie sofort wieder umgedreht und zurückgepaddelt. Also Columbo-like auch bei der Merz Monika.
    »Ach so, Herr Plotek, noch etwas. Die Computertomographie. Ich habe mich kundig gemacht für Sie. Also, Sie legen sich auf eine Trage, werden dann in so eine. . . eine weiße Röhre geschoben, die dreht sich dann so um Sie herum, und draußen, da zeigt dann so ein anderes Gerät an, wo bei Ihnen die bösartigen Geschwülste sitzen. Tut nicht weh, geht schnell und ist sicher.«
    Sofort hat wieder ein Stechen im Kopf von Plotek angefangen. Und wie auf Knopfdruck war die gute Stimmung dahin.
    »Ich komme die Tage noch mal bei Ihnen in der Praxis vorbei, wegen der Überweisung.«
    »Ich freue mich!«
    »Ja!«

8

    In der Nacht träumte Plotek wieder von Gehirnoperationen. Natürlich wegen der Merz Monika, den bösartigen Geschwülsten und der Computertomographie. Er war quasi bis ins Unterbewusstsein hinein verseucht. Allein von der Begrifflichkeit her, vom Klang der Worte, befand er sich schon im Endstadium. Also war ein Erwachen unmöglich. Von der Anästhesie ist er direkt hinübergeglitten in den Endtotzustand. Vielleicht hat er deshalb so einen himmlischen Schlaf gehabt. Ohne einmal aufzuwachen. Also, nichts mit Schreien, um sich schlagen oder gar weinen. Er war dem Schicksal ergeben, ohne jedes Aufbegehren mehr. Dieses Mal ist die Lindemann-Fräse nicht stecken geblieben. Nein, kein »Iiiiiiii« und kein »Aua, mein Schädel!«, sondern ein sauberer Schnitt durch den Schädelknochen, einmal um Plotek herum. Vorher wurden aber noch vier größere Bohrlöcher gesetzt, wegen dem Druckausgleich. Dann wurde die Schädelplatte abgenommen und in die Kochsalzlösung gelegt. Dann Skalpell, Mikroskop, Schere – ein kompletter Chirurg tauchte in der Hirnmasse ab und veranstaltete da ein Gemetzel bis zum Hirnstamm. Richtig ausgemistet hat der. Schubkarren voll Glioblastome, weiche schwabbelige Gewebeteile, ödematöse Hirnwindungen und Eimer voll blutiger Flüssigkeiten hat er herausgeschafft. Der OP-Raum, also im Prinzip Ploteks Hotelzimmer außerhalb von Ploteks Kopf, war eine Schlachterei. Plotek selbst hatte, im Traum bei vollem Bewusstsein, Ähnlichkeiten mit einem Schwein – natürlich nur in den eigenen Augen. Apropos Augen, auch die wurden abgetrennt und ausgeräumt. Also, der Blick wanderte in den Kübel, wo gigantische Nukleoli erkennbar waren. Aber auch zelldichtes Tumorgewebe, Leptomenin und segmentkernige Granulozyten. Es wurde so lange ausgeräumt, bis nichts mehr in Ploteks Schädel drin war. Bis es nur noch dunkel war, es nur noch Luft und zwei schwarze Löcher gab. Und dann, als die Schädeldecke wieder geschlossen werden sollte, gab es einen Zwischenfall. Der Tod wurde verschoben und es ging noch mal zurück ins Leben. Unvorhergesehen oder nicht, auf jeden Fall: »Herr Plotek, der Herr Brunner ist am Telefon!«
    Plotek dachte noch: Warum ruft der Depp nicht hier im Zimmer an? Der kann jetzt warten, die Schädeldecke ist wichtiger. Aber denkste, wieder Klopfen am Schädelknochen und: »Herr Plotek, es ist aber wichtig!«
    Also ist Plotek eben ohne Schädeldecke aufgestanden, benommen zur Tür gewankt, hat geöffnet, geschaut und die Wirtin gesehen. Die ist wieder wie zur Salzsäule erstarrt. Plotek war offenbar erneut Sodom und Gomorrha und die Wirtin ein personifiziertes, lang gedehntes »Huuuuuuch!«. Eine Hand ist sofort zum Mund geschnellt, die andere vor die Augen, und das Gesicht darunter wurde feuerrot. Kein Wunder, hat Plotek gedacht, bei einem aufgesägten Kopf ohne Hirn und allem. Da ist die Wirtin aber selber Schuld, wenn sie mit beiden Beinen im OP steht. OP? Na ja, dann kamen doch Zweifel bei Plotek auf, weil, wenn die Augen nicht sehen, was der Kopf vermutet, ist in der Regel etwas faul. Um Plotek herum waren keine Krankenschwestern, kein Chirurg, kein Besteck, keine medizinischen Geräte zu sehen, sondern nur ein Schrank, ein Bett, Nachttisch und eine Garderobe. Also war das nicht ein Operationssaal, sondern ein Hotelzimmer. Als Plotek so um sich

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