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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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schaute, fröstelte es ihn plötzlich. Der ganze Plotek hat gezittert. Was für den Kopf noch erklärlich war, weil Leere und Durchzug, konnte Plotek hinsichtlich des Körpers nicht verstehen. Bei der Wirtin war es dagegen genau umgekehrt. Den aufgesägten Kopf von Plotek konnte sie nicht erkennen, dafür Plotek splitternackt. Die Wirtin hat jetzt gestottert, noch immer hinter vorgehaltener Hand, wie ebenfalls völlig leer geräumt. Natürlich wunderte sich Plotek jetzt schon ein wenig, weil sein ausgeräumtes Hirn mehr und mehr wieder zwischen die Schädelwand zurückgelangt ist. Auch ohne Chirurg, Pinzette, Mikroskop und Skalpell, nur mit Ploteks wiedererlangtem Willen. Oder, wo ein Wille ist, wird bald auch ein Hirn sein. Und wo dann ein Hirn ist, ist das Denken nicht weit. Quasi Umkehrschluss. Oder die Frage nach Huhn und Ei, philosophisch jetzt. Aber egal. Plotek ging auf jeden Fall plötzlich ein Licht auf. Er hat nicht nur seine Nacktheit bemerkt, sondern auch, dass das überhaupt kein Operationssaal war, also nichts mit Operation, leer geräumtem Gehirn und allem. Nein, das war ein Hotelzimmer, sein Hotelzimmer, sein Hotelzimmer in der Eintracht. Sofort ist eine Hand vor den Mund geschnellt, eine andere auf den Kopf. Und da war kein Loch, also Glück gehabt, einerseits. Andererseits, wenn kein Loch, dann kein Traum – also Realität. Folglich ist die Hand sofort vom Kopf aufs Geschlecht gewandert, wegen der Scham jetzt.
    »Wenn Sie bitte nach unten kommen würden, der Herr Brunner ist am Apparat«, sagte die Wirtin im Weggehen, schon mit dem Rücken zu Plotek. Na ja, von sagen konnte eigentlich keine Rede sein, hingeworfen hat sie die Worte wie ausgespuckte Speichelbatzen, wo sie neben dem Schuhabstreifer liegen geblieben sind. Mickrig, vernuschelt und nur mit viel Phantasie zu verstehen.
    »Danke!«, wollte Plotek hinterherrufen, aber es war nichts
    zu machen. Wenn das Wollen nicht kann, muss das Danke bleiben, wo es ist. Einzig ein Grunzen kam aus seinem Mund. Das hat die Wirtin aber nicht mehr gehört, weil sie bereits auf der Treppe nach unten gewesen ist. Worüber Plotek nicht traurig war.

    »Es ist was Schreckliches passiert«, vernahm Plotek mit dem Hörer am Ohr eine Stimme. Kratzig, rau, fast tonlos, als hätte sie die ganze Nacht durchgezecht. Wenn er’s nicht gewusst hätte, er hätte Arno nicht erkannt. Die Wirtin stand jetzt hinter dem Tresen, noch immer rot im Gesicht und mit ausweichendem Blick. Sie war übers Spülbecken gebeugt, mit einem Bierglas und einer Bürste beschäftigt, als wollte sie das Etikett abschrubben. Also Flucht in Arbeit, soll heißen, die Scham war jetzt bei ihr.
    »Was ist denn los?«, hat Plotek in den Hörer gehaucht und schon ist bei ihm Mitgefühl aufgekommen. Dann hörte Plotek plötzlich nichts mehr. Als ob es Arno die Stimme ganz verschlagen hätte. Jetzt wurde es Plotek unheimlich, also mit Nackenhärchen, Gänsehaut und allem.
    Dann hat er zaghaft gefragt: »Hallo, bist du noch dran?« Und wieder lange nichts.
    Nur Schnaufen. Als Plotek schon dachte, jetzt leg ich aber auf, kam endlich: »Ja!« Und: »Komm vorbei, bitte, ich bin im Stiegler Keller !«
    Und dann nichts mehr, also auch kein Tut, Tut. Plotek hat aufgelegt und sich bei der Wirtin, noch immer rot, als ob sie, ein Leben lang an einer heißen Herdplatte gestanden hätte, nach dem Weg zum Stiegler Keller erkundigt. Die Wirtin erklärte es Plotek, ohne ein einziges Mal in seine Augen zu schauen. Sie sprach links an Plotek vorbei in Stichworten zum Zapfhahn. Und dabei hat sie noch immer das Glas wie verrückt geschrubbt.
    »Innere Trostbergerstraße hoch, rechts, Reischlstraße, links, Bahnhofstraße, Bahnhofsstraße hoch und dann über den Tillyplatz, rechts in die Kreszentiaheimstraße. Dann gleich bei der Mechanischen Krippe gegenüber ist die Gaststube Stiegler Keller .«
    Plotek hat sich beim Zapfhahn bedankt und ist dann nichts wie raus.

    Auf dem Weg zum Stiegler Keller ist Plotek der Zeller Froni begegnet. Und die war wie immer sehr reserviert. Das war Plotek schon länger aufgefallen. Irgendwie konnte die Zeller Froni Plotek nicht ausstehen. Auf jeden Fall hat sie ihn kaum beachtet und ihn privat meistens geschnitten. Auf der Bühne dagegen war sie die Liebenswürdigkeit in Person, genau so, wie es die Rolle verlangte, und Plotek gegenüber wie ausgewechselt. Na ja, vielleicht war die Zeller Froni die Einzige, die schauspielerisch mit Plotek konkurrieren konnte. Das Zeug dazu hatte sie. Wie

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