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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Katze endlich aus dem Sack.
    Plotek war aber noch ganz bei der Erinnerung. Er dachte, nie wieder Schauspiel, nie wieder Theater, auch nicht mit Hilfe der Psychologie. Weil Konsequenz ist wichtig, und Glück muss es auch noch woanders geben. Wo? Keine Ahnung. Wenn schon kein Glück, dann wenigstens einen anderen Beruf. Vielleicht eine Umschulung zum Schreiner oder Gärtner. Was Handwerkliches eben. Nicht mit dem Kopf, ohne Denken, ohne Team. Nicht in der Gruppe, ganz allein. Vielleicht Portier, Nachtportier. Aber bis zur Rente ist das auch trostlos. Wenn schon los, dann ohne Trost, also lieber arbeitslos. Haha!, hätte Plotek jetzt über den schlechten gedanklichen Reim lachen können, wenn er nicht so deprimiert gewesen wäre. Arbeitslosigkeit als Chance, kam ihm in den Sinn. Selbstbewusstsein aufbauen, tun, was man vorher nicht konnte, sein lassen, was man vorher musste.
    »Ich?«, fragte Plotek aus der Erinnerung heraus.
    »Ja, du, Plotek! Du!«, prallte es von Arno wie ein Pingpongball beim Tischtennis zurück. »Du bist unsere letzte Hoffnung!«
    »Nie!«
    »Susi, noch zwei!«
    Susi brachte noch zwei Tequilas. Ringring. Eines der beiden Handys klingelte wieder. Aber dieses Mal war nichts mit »Ja!« und »Hallo!«, kein schnurloser Geschäftssinn, kein Wichtigmachen. Arno hatte jetzt anderes, Existenzielleres zu tun. Die letzte Runde wurde von ihm eingeläutet. Der Endspurt war angesagt. Noch mal alles auf eine Karte setzen. Durchstarten und die Entscheidung suchen. Nach allen Regeln der Überzeugungskunst. Was im Fall von Arno, in Bezug auf Plotek, Honig um den Mund schmieren bedeutete. Also, Komplimente, Komplimente, Komplimente. Arno fing an, Plotek um den Finger zu wickeln und mit klebriger Substanz zuzuschleimen. Das war allerbeste Schule, Bauernfängerei quasi.
    »Du warst schon immer der Beste«, sagte Arno, »und der Talentierteste! Hundertprozentig professionell!«, und so weiter. Und noch einen Honigbatzen legte er nach und noch einen und immer größere. Mit allen Komplimenten fuhr Arno auf, die man eben so macht, um dem Eitlen den Standpunkt auszutreiben. Aber Plotek blieb eisern. Obwohl Komplimente natürlich auch Balsam für’s Gemüt sind. Die hört man immer gern, auch wenn es einem schlecht geht. Das merkte Arno auch. Arno war eben doch sensibler als mancher gedacht hatte. Der Baum wackelt, kam es Arno in den Sinn. Er zog sofort weitere Trümpfe. Lauter Asse. Eins nach dem anderen. Geld und Frauen. Wenn die Komplimente nicht mehr ausreichen, kommt immer das Geld ins Spiel. Und wenn das Geld auch nicht mehr genügt, ist der letzte Trumpf das andere Geschlecht. Zumindest bei Arno. Aber noch mal zurück und zuerst zur Gage.
    »Viertausend! Steuerfrei auf die Hand, für eine Woche. Plus Extravergütung der einzelnen Vorstellungen. Wenn der Lappen 21-mal hochgeht und du ein Prozent von der Abendkasse bekommst, sind das noch mal acht Riesen. Mindestens. So viel bekommst du nirgends sonst.«
    Da hatte Arno natürlich Recht. Und jeder, der gewollt hätte, hätte jetzt gemusst. Aber Plotek wollte ja nicht. Obwohl er fast nicht mehr anders konnte, trotz Marburg und dem Schwur. Nein, das ist nicht Psychologie, das ist Marktwirtschaft. Und Manipulation. Ein Gemisch aus Arnos Talent und seinem Geschäftssinn.
    »Und dann, Plotek, ich sag es dir, die Jungfrau Maria ist ein Augenschmaus, jaja die Zeller Froni ist ein Prachtweib und gar nicht dumm. Nein, die studiert Brauereiwesen in Weihenstephan. Die ist eine gute Partie, die Tochter vom Fremdenverkehrsdirektor. Das ist eine Frau, die findest du wirklich selten. Die hat was . . . von . . . von . . . von der. . . frühen Kinski, du weißt schon, in dem Tatort mit dem Lehrer, wie hieß der noch . . . Reifeprüfung glaub ich. Ja, jedenfalls hat die da was von.«
    Und dann pfiff Arno hinauf zum verrauchten Froh-und-Munter-Himmel, dass es Plotek ganz schummrig im Kopf wurde. Wie ein ganzer Wald im Hirn hat sich das angefühlt, wie eine Welt voller Rotkelchen, mehrstimmig das Halleluja zwitschernd. Natürlich war das wieder nur ein Trick von Arno mit der Kinski, weil er wusste, dass Plotek früher ein großer Fan und hin und weg von ihr gewesen war. Eigentlich immer noch. Plotek wackelte, zitterte, sicher auch wegen dem Alkohol, dann fiel er, stürzte vom Barhocker herunter auf den Froh-und-Munter-Boden und blieb vor dem Tresen liegen. Geschafft, dachte Arno, wegen dem Geschäftssinn. Und Plotek: Scheiße! Wegen der Beule am Kopf.

2

    Zuerst war der Schmerz von

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