Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)
Art dunkelgrünes Wickeltuch gehüllt war, und wies Anne einen Platz neben sich im hinteren Teil des Raumes zu. Während der vordere Bereich durch die runden Fenster hell erleuchtet war, lag dieser – fensterlos – fast völlig im Dunkeln.
Kaum hatte Anne Platz genommen, als die faltigen Hände der alten Frau nach ihrem Gesicht tasteten. Anne verharrte schweigend auf ihrem Platz, bis die weise Samira innehielt und lächelte. „Du hast also zu mir gefunden, Isadoras Tochter.“ Ihre Worte enthielten keine Frage. „Ich heiße dich willkommen im Magnoliensaal“, fuhr Samira fort, „auch wenn du ja heute nicht zum ersten Mal hier bist. Sicherlich hat man dich darauf vorbereitet, dass die weise Samira eine Voraussage über dein Leben treffen wird. Aber bevor ich mich in den Zustand versetze, der mir gestattet, die Zukunft zu sehen, sollten wir über einige Dinge sprechen.“ Anne hatte zunächst genickt, doch dann fiel ihr ein, dass Samira es nicht sehen konnte. So sagte sie: „Ich bin froh, endlich mit jemandem über all dies sprechen zu können. Ich habe in einem Buch gelesen, dass ich eine Somnia bin. Also haben wir uns wohl in meinem Traum tatsächlich getroffen?“ Samira blickte in Annes Richtung, obwohl sie sie nicht sehen konnte. „Ich selbst war zu dieser Stunde in einem Zustand der Trance. So könnte man sagen, dass wir uns beide im Traum begegnet sind. In meinen Träumen behindert mich mein schwaches Augenlicht nicht – ich sehe meine Visionen immer klar und deutlich. Doch nun, da du in der Welt der Magie lebst, Anne, musst du damit aufhören, Traum und Wirklichkeit auf diese Weise zu unterscheiden.“
Anne war überrascht, weil Samira wusste, dass sie bisher nicht in einer Welt der Magie gelebt hatte. „Ich sehe jedes Wort, dass du denkst, Anne, seit du diesen Raum betreten hast. Du musst mir deine Geschichte nicht erzählen – ich kenne sie bereits. Ich weiß um die Ängste, die du hast, und die Gefühle, die du hegst. Seit mein Augenlicht erloschen ist, sind meine übrigen Sinne geschärft und die Gabe der Hellsichtigkeit, die ich wie du seit jeher besitze, erlaubt mir, mehr zu erfahren, als ich es mit meinen Augen jemals könnte.“ Anne war zutiefst beeindruckt und fasziniert von Samira. „Dann wisst Ihr auch, welche Fragen mich beschäftigen?“ wollte sie wissen. „Oh ja!“ Samira lächelte. „Wir haben nicht genügend Zeit, um auf alles einzugehen. Andere werden kommen und dir mit deinen Zauberkräften helfen. Sie werden dich lehren, was du wissen möchtest. Doch es gibt etwas, worüber wir sprechen müssen, denn niemand anderer weiß um deine Träume.“
Anne war nun doch ein wenig enttäuscht. Andere würden ihr mit ihren Kräften helfen? Wer sollte das sein, wenn nicht Samira? „Kommt Zeit, kommt Rat, mein Kind“, beantwortete Samira die gedachte Frage. „Doch nun, Anne, zurück zu deinem Traum. Du ahnst nicht, in welcher Gefahr du schwebtest und noch immer schwebst und deshalb habe ich dich zu mir gerufen.“ Samira hatte die Worte so bedeutungsvoll ausgesprochen, dass Anne erschauderte. „Hast du schon einmal von einer Kristallkugel gehört, mit der die Schwarzmagier agieren?“ „Ja“, antwortete Anne, „Miraj erzählte mir, dass damit meiner Mutter falsche Traumbilder geschickt wurden und sie daraufhin aufbrach, um meine Tante zu retten und so in Gefangenschaft geriet.“ Samira machte ein zufriedenes, doch zugleich sehr betrübtes Gesicht. „Sehr richtig, Anne. Wir haben mit dieser Methode der Schwarzmagier nicht nur deine Mutter verloren, sondern noch viele andere Grünmagier und dies hat unser Volk so entscheidend geschwächt, dass wir uns hier unten im Süden vor ihnen verstecken müssen. Ich sehe, dass du dich schon einmal gefragt hast, ob die Ringe zwischen den verschiedenen Steinkreisen unterschiedlich stark geschützt sind. Das stimmt.“
„Warum erzählt Ihr mir davon?“ wollte Anne wissen. „Wie ich schon sagte, schwebst du in großer Gefahr. Wir hier hinter dem vierten Steinkreis sind vor den Angriffen der Schwarzmagier aufgrund unserer Macht zurzeit noch sicher. Und das gilt nicht nur für ihre Übergriffe, da sie diesen Ort niemals betreten können. Viel wichtiger ist, dass ihre Gedanken und Visionen, die sie mithilfe der Kristallkugel schicken, uns hier nicht erreichen können. Aber dich schon, da du zu weit außerhalb lebst. Du hast als Somnia eine große Kraft, doch gerade diese bringt dich stärker in Gefahr als die Menschen im roten und gelben Ring,
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