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Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)

Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)

Titel: Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Pioch
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konnte. Anne war immer ein Mensch gewesen, der sich unterordnete und anpasste. Und nun wurde ihr plötzlich klar, dass sie mit ihren Fähigkeiten Dinge bewirken konnte, die für andere ein Leben lang unerreichbar blieben. Ihre Rolle in diesem Teil der Welt veränderte sich mit diesem neuen Wissen. Schlagartig hatte sie das Gefühl, ihre Kindheit sei nun vorbei. Sie war eine Somnia.
     

Kapitel 24: Die hohe Schwester
    Anne hatte noch nicht viel geschlafen, als Silvia sie weckte und ihr mitteilte, Jana würde in der Küche auf sie warten. Annes Gedanken kreisten noch immer um die letzten Dinge, die sie gelesen hatte, und so trödelte sie beim Waschen. Schließlich wurde Jana ungeduldig. Sie ließ Anne wissen, wenn sie nicht bald unten sei, würden sie ohne Frühstück aufbrechen. So riss sich Anne von ihren Gedanken los – es war ja nur für eine Weile –, schließlich wollte sie ja die weise Samira nicht warten lassen. Zwanzig Minuten später ritten sie los, Anne auf Blizzard und Jana auf einer braun-weiß-gefleckten Stute. Die Sonne war noch nicht aufgegangen.
    Unterwegs erklärte Jana Anne: „Ich bringe dich durch den vierten Steinkreis. Am Fuß des Magnolienturms, in dem der Orden zuhause ist, nimmt dich eine meiner Schwestern in Empfang und ich werde dich dann verlassen. Ich muss in die Universität, denn es gibt heute wichtige Dinge zu erledigen. Du wirst im Turm als erstes zu unserer Oberin geführt. Sie ist von uns die einzige, die nicht mit ihrem Namen angesprochen wird. Wenn du dich an sie wendest, sag zu ihr ‚hohe Schwester‘. Sie wird dich über alles in Kenntnis setzen, was du sonst noch wissen musst, und dich dann zu Samira führen. Halte dich unter allen Umständen ans Protokoll.“ Jana wirkte kurz angebunden. Sie schien ihrerseits mit den Gedanken woanders zu sein und Anne konnte nur vage Vermutungen darüber anstellen. So ritten sie beide schweigend durch den zweiten und dritten Steinkreis. Anne musste sich diesmal nicht mehr ausweisen, die Wächter hatten sich ihr Gesicht eingeprägt.
    Erst um die Mittagszeit passierten sie den vierten Steinkreis. Seltsamerweise standen vor dieser Grenze keine Wachposten. Ein Schild wies jedoch darauf hin, dass hier nur Mitglieder des Ordens und des Hohen Rates sowie geladene Gäste Zutritt hätten. Für alle anderen Gruppen war das Betreten strengstens verboten. Anne vermutete, dass die Grenze mit einem Zauber gesichert war, auch wenn auf dem Schild keine Warnung zu lesen war. „Tu genau, was ich auch tue“, sagte Jana zu Anne. Sie ritt in einer komplizierten Abfolge um die einzelnen Steine herum und rief dabei „Jana cum hospiti“, was, wie sie Anne zuvor erklärt hatte, soviel hieß wie „Jana mit Gast“. Dann stieg sie vom Pferd, band dessen Halfter an einen Baum und wies Anne an, es ihr gleichzutun. Nun starrten beide wie gebannt auf die Mitte des Steinkreises, wo ein seltsames, trichterförmiges Gebilde aus Rauch zu sehen war, das sich beständig drehte und dabei immer höher wurde. Es sah aus wie ein Wirbelsturm. „Da durch?“ fragte Anne ängstlich, denn der Eingang wirkte nicht gerade vertrauenerweckend. „So ist es“, erwiderte ihre Begleiterin. „Du wirst dich ein wenig seltsam fühlen, wenn wir hindurch gehen, aber das Gefühl wird nach einer Weile vergehen. Mach dir keine Sorgen. Die Pferde werden hier auf uns warten.“ Nach dieser Ankündigung sorgte sich Anne nun erst recht, doch Jana war bereits vom Pferd gesprungen und schritt zielstrebig durch den Wirbel. Anne blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Blizzard wieherte nervös, als sie auf den Strudel zuging.
    Kaum hatte Anne den Wirbel betreten, als ihr der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Sie schwebte durch einen Tunnel und hatte das Gefühl, dass sich ihr Innerstes nach außen kehrte. Anne meinte, der Vorgang dauere eine Ewigkeit an, obwohl es in Wirklichkeit wohl nur wenige Sekunden waren. Dann berührte sie wieder festen Boden und sah um sich herum grüne Wiesen und einen hohen Turm, doch alles wirkte merkwürdig verzerrt. Jana ging bereits zielstrebig vom Steinkreis weg und Anne tappte ihr verloren hinterher. In ihr drehte sich noch immer alles und sie hatte jede Orientierung verloren. Außerdem fühlte sie einen Hass auf ihre Begleiterin, den sie selbst nicht verstand. War es, weil Jana ihr nicht gesagt hatte, was hier auf sie zukam? Diese lief nun geradewegs auf den Turm zu und klopfte an dessen Tür. Die Pforte öffnete sich und eine hübsche blonde Frau

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