Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)
nicht, wie mein Bruder einen solchen Fehler begehen konnte. Und vielleicht hast du abermals recht und ich werde es eines Tages verstehen. Aber für den Moment können wir uns nicht einigen. Ich schlage vor, dass wir mit dem Training beginnen.“ – „In Ordnung“, antwortete Miraj. „Aber erst, nachdem du dich etwas ausgeruht hast. Keine Widerrede. Das Training wird für dich mehr als anstrengend sein.“ „Na gut“, murrte Anne und rollte sich einmal mehr unter der Satteldecke von Blizzard zusammen. Miraj legte sich nah neben sie. Im Einschlafen dachte Anne noch: „Nun werde ich leider doch nicht seine Frau.“
Kapitel 35: Die Liebende
Anne war gerade mitten im Tiefschlaf, als Miraj sie weckte. „Es ist Zeit“, sagte er, „wir müssen mit dem Training beginnen. Anne murrte zunächst, aber sobald sie wach war, war sie mit Feuereifer bei der Sache. Miraj ritt mit ihr zunächst ein Stück weit fort, damit die anderen sie nicht beobachten und Anne verunsichern konnten. Sie brauchte ihre volle Konzentration, denn die Zauber, die Miraj ihr beibrachte, waren aufwendig und schwierig auszuführen. Hinzu kam, dass Miraj sie ihr nicht zeigen konnte, da er selbst als Nachfahre der Schwarzmagier die grünen Zauber natürlich nicht beherrschte. Also konnte er ihr nur das Zauberwort nennen und erklären, wie das fertige Ergebnis aussehen sollte.
Nach zwei Stunden war Anne vollkommen erschöpft, doch ausruhen konnte sie sich nicht. Denn nun war es an der Zeit weiterzureiten, da es bereits dunkel wurde. Anne schlief beinahe auf ihrem Pferd ein und Miraj ritt sicherheitshalber nah bei ihr. Sie fühlte sich sicher mit Miraj in der Nähe und konnte immer nur daran denken, dass sie ihn um ein Haar geheiratet hätte. Henri hatte es ihr verdorben. Sie beobachtete Miraj im Licht der untergehenden Sonne. Sein Gesicht wurde durch das Rot geglättet und seine Züge wirkten milder und jugendlicher als sonst. Einen Moment lang lächelte er ihr zu, als hätte auch er angesichts des Naturschauspiels ihre Lage für einen Moment vergessen.
Als es in den frühen Morgenstunden heiß wurde – zwar war es mittlerweile November, doch hier im Süden außerhalb der Schutzzone schien es nichts anderes als Sommer zu geben –, hielten sie erneut an und Anne legte sich diesmal ohne jede Vorwarnung auf den Boden und schlief gleich ein. Wiederum weckte sie Miraj und teilte ihr mit, sie müssten nun mit dem Training beginnen. Doch Anne war von der ganzen Zauberei so müde, dass sie dieses Mal schon nach einer Stunde abwinkte. Sie setzte sich in den noch vom Mittag heißen Sand und Miraj ließ sich neben ihr nieder. Anne lehnte für einen Moment den Kopf an seine Schulter. Sie hoffte, er würde den Arm um sie legen, aber er saß nur merkwürdig steif da.
„Ist alles in Ordnung mit dir, Anne?“ Sie seufzte – was für eine seltsame Frage. „Ich habe nur gerade gedacht, dass wir nun verheiratet wären, wenn Henris Männer nicht gekommen wären.“ Sie hatte den Kopf noch immer auf seiner Schulter liegen, da sie nicht wagte, ihn anzusehen. Sicher war sie rot im Gesicht. Miraj sagte eine Weile nichts, dann meinte er: „Dieses Ereignis wird alles verändern. Ich denke nicht, dass der Hohe Rat nun noch den Wunsch hegt, dass wir heiraten. Viriditas muss wieder sicher werden, das hat für die ehrwürdigen Herren höchste Priorität.“ Anne dachte, dass Miraj nicht begriffen hatte, worauf sie hinauswollte. Also wagte sie sich weiter vor. „Dir ist es sicherlich lieber so.“ Und nach einer kleinen Pause, in der sie sich sammelte, fuhr sie zaghaft fort: „Nun kannst du deine Zeit in Zukunft weiter mit Jana verbringen.“
Miraj machte eine hastige Bewegung, sodass Annes Kopf von seiner Schulter glitt. Er sah ihr ins Gesicht, als suche er nach irgendetwas. Dann sagte er vorsichtig: „Du weißt doch, dass ich Zeit mit Jana verbringe, weil sie meine Assistentin ist. Sie hat mich in Bezug auf Henri immer sehr unterstützt.“ Anne ließ sich nicht entmutigen: „Aber euer Verhältnis geht doch darüber hinaus. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass Jana nicht sehr glücklich über unsere Hochzeit war.“ Miraj fixierte Anne. Sie sah, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. Es schien ihm unangenehm, mit ihr über Jana zu sprechen. Aber sie musste es wissen. Sie ließ einige Sekunden verstreichen, in denen die Sonne immer tiefer sank. Gerade wollte sie weiter bohren, als Miraj sagte: „Ich schätze Jana. Sie ist eine sehr engagierte Assistentin
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