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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Auf dem Mäuerchen lagen Pistazienkerne, irgendwelches Vogelfutter. Ich schnippte sie hinunter, traf aber niemanden.
    Na gut. Genug gescherzt. Ich hatte einen neuen, interessanten Platz in der Altstadt gefunden, und ich konnte meinen Auftraggeber ein wenig bauchpinseln, wenn ich ihm sagte, es wäre theoretisch durchaus denkbar, dass der Anschlag so abgelaufen sei, wie er sich das vorstellte. Alles andere wäre übertrieben gewesen.
    Und jetzt hatte ich Hunger.

8
    Ich biss gerade herzhaft in einen Taco mit Knoblauchsoße extra, als zwei Dinge gleichzeitig passierten: Die Turmuhr der Providenzkirche schlug halb eins, und mein Handy plärrte. Vielleicht ein manischer Halb-eins-Anrufer, dachte ich. Kauend holte ich das Handy hervor und kontrollierte das Display. Eine Mannheimer Nummer. Ich kenne keine Mannheimer.
    »Hoho?«, machte ich mit vollem Mund. Oder so ähnlich.
    »Koller?«
    Ich brummte zustimmend.
    »Der Schnüffler?«
    Wie gesagt, ich kenne keine Mannheimer. Also versuchte ich, so hörbar wie möglich zu kauen.
    »Bist du allein? Können wir sprechen?«
    »Nö«, sagte ich. »Noch nicht.« Die Backen weiterhin gut gefüllt, setzte ich mich auf einen Stuhl vor dem Mexiko-Imbiss.
    »Hä, was ist?«
    Wenn der Typ ein Halb-eins-Anrufer war, dann kein routinierter. Er brachte seine Worte eine Spur zu hastig vor, und sein schneller Atem drang unangenehm deutlich an mein Ohr. »Jetzt gehts«, sagte ich, nachdem ich den Mund endlich frei hatte. »Jetzt kann ich sprechen. Ob Sies können, weiß ich nicht.«
    »Ganz ruhig, Alter!«
    »Seit wann duzen wir uns? Macht man das bei euch in Mannheim so?«
    »Nix«, zischte er. »Keine Namen, keine Adressen. Du hast nix zu fragen, verstehst du? Die Fragen stelle ich. Und du hörst zu, Alter.«
    Ich war baff, eine klitzekleine Sekunde lang. Dann sagte ich: »Nö«, und legte auf. Der Taco schmeckte wunderbar. Mais aus der Dose, wässrige Zwiebeln, von pappigen Geschmacksverstärkermolekülen zusammengehalten. Bei dem Hunger, den ich verspürte, konnten sie pappen, so lange sie wollten.
    Ob der Typ um Punkt eins wieder anrief?
    Er rief nach 30 Sekunden wieder an. Dieselbe Nummer, dieselbe hektische Pressatmung drüben in der Quadratestadt.
    »Haben Sie was gegen Mexikaner?«
    »Ganz ruhig, Koller. Nicht auflegen. Wenn wir beide ganz ruhig bleiben, verstehst du, dann haben wir beide was davon.«
    »Ja, kalten Taco.«
    »Was?«
    »Verdammt, ich bin im Dienst, Sie Spaßvogel. Sagen Sie mir, wer Sie sind und was Sie wollen!«
    »Ich sag dir, was ich will, Alter, keine Angst. Und das bringt dir was, das kannst du mir glauben. Kohle, verstehst du? Aber meinen Namen, nix, den kriegst du nie.«
    »Krieg ich nie, okay. Ihre Nummer habe ich aber schon.«
    »Telefonzelle. Kannst du vergessen. Bin auch nicht aus Mannheim.«
    »Beeindruckend.« Einhändig drückte ich die Papierumhüllung des Tacos nach unten und aß weiter.
    »Also, pass auf. Ich hab dein Bild in der Zeitung gesehen. Und dass du für den Spaghetti arbeitest. Der will was hinblättern, damit er rauskriegt, wer seine Tochter umgebracht hat. Versteh ich. Bis die Bullen so weit sind, ist die doch verrottet.«
    »Schön formuliert.«
    »Ich kann dem Spaghetti sagen, wers war. Ich kenne die Typen, alle. Jeden von denen. Wenn er was rüberwachsen lässt, pack ich aus. Der kriegt alles zu hören, was er will. Namen, wo die wohnen und so. Kapierst du jetzt, Alter?«
    »Die Täter sind bekannt, Mister. Ein Stoßtrupp namens Arische Front.«
    »Ja«, rief der Unbekannte, »aber wer ist das? Wer steckt dahinter, hä? Da weißt du nämlich nix.«
    »Okay, duzen wir uns. Ich Max und du?«
    »Vergiss es!«
    »Es war also die Arische Front. Und du kennst die Namen?«
    »Alle.«
    »Weil du selbst einer von denen bist.«
    »Nee, bin ich nicht. Aber ich kenne die. War manchmal dabei. Weiß genug über die Jungs, jede Menge.«
    »Und was willst du dafür?«
    »50.000.«
    »50.000 was? Lire, Cent, Rubel?«
    »Euro, du Arschloch! Euro, bar auf die Kralle, verstehst du? Wenn der Spaghetti nur Dollar hat, auch gut, aber dann 100.000.«
    »Selber Arschloch. Wissen Sie was, Sie Schwätzer? Versuchen Sies bei einem Privatsender, aber nicht bei mir, und schon gar nicht, solange ich esse. Gespräch beendet.«
    »Nix!«, hörte ich ihn noch rufen, bevor ich ihn wegdrückte, zurück in seine konspirative Mannheimer Telefonzelle. Wenn es ihm ernst war mit seinem Vorschlag, würde er es noch einmal versuchen.
    Mit meinem Taco war ich fast durch. Viel ist

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