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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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hingekriegt. Sinnfreies Geplauder plätscherte als Wellen gegen den Strand. Blicke glitten über mich hinweg, blieben kurz an meinem Pullover, meiner Hose hängen, glitten weiter. Ja, ich weiß, dass ich underdressed bin, dass ich mich nachlässig rasiert habe und Schuhe aus dem Secondhandshop trage. Dafür ist eure Trauer secondhand, ihr Weinschnorrer und Beerdigungskomparsen. Anzüge vom Schneider, aber Gefühle von der Stange – glotzt nicht so blöd!
    Ich steckte eine Hand in die Hosentasche und schlurfte ein wenig herum. Daniel in der Partylöwengrube, genau so fühlte ich mich. Von Blicken zerfleischt.
    Prompt wurde ich eines Besseren belehrt. Ich schlurfte nämlich keine Minute allein durch die Menge, als einer der Gäste stutzte, seiner Nachbarin etwas zuraunte und auf mich zutrat. Es war ein hochgewachsener älterer Herr mit hölzernen Bewegungen und einer gewissen Steiflippigkeit. Seine Augenpartie wurde von beeindruckend silberbuschigen Brauen überwölbt, auf tiefdunklem Hemdgrund leuchtete eine Fliege. Die war nämlich ebenso silbern wie seine Brauen. Nur buschig war sie nicht.
    »Max Koller, der Privatdetektiv?«, sagte er und nagelte mich mit seinem Blick fest. »Gestatten Sie, dass ich Ihnen gratuliere.«
    »Danke«, brachte ich hervor. Ich kannte den Alten nicht, aber er war der erste Mensch auf dieser Welt, der mir zu meinem Beruf gratulierte!
    Warm und fest umschloss seine Hand die meine. »Florence«, sagte er über die Schulter. »Darf ich dir Herrn Koller vorstellen?«
    »Isch bin entzückt«, hauchte die Dame. Ihr französischer Akzent war allerliebst, ihr Aussehen war es nicht. Kurz und kompakt, ein Hydrant auf zwei Beinen, das runde Gesicht wie gekalkt und die Backen von albernen Herrenwinkern zerteilt. »Danke, dass Sie elfen!«
    »Isch elfe gern«, murmelte ich. Immer noch hielt der Senior meine Hand gefangen.
    »Gollhoven«, sagte er. »Florence und Arthur Gollhoven. Ich stand lange in diplomatischem Dienst, unter anderem in Italien. Meine Frau und ich sind alte Freunde von Flavio. Wissen Sie, dass Sie mit Ihrer Arbeit zur Rettung des deutsch-italienischen Verhältnisses beitragen?«
    »Ich?«
    »Allerdings. Stellen Sie Ihr Licht bitte nicht unter den Scheffel, das ist eine Unart.« Endlich ließ er meine Hand los, um einen jungen Kerl herbeizuwinken, der entweder den Wein nicht vertrug oder Spätpubertierender war, nach seinem Lachen zu urteilen. »Das ist Vinzenz, mein Großneffe. Vinzenz, du wolltest doch einen Privatermittler kennenlernen. Bitte schön, vor dir steht Herr Koller. Vinzenz möchte einmal in Ihrer Sparte tätig sein.«
    Ich reichte dem Jungen, der fasziniert auf meine Schuhe starrte, die frei gewordene Hand. So viel Bewunderung für meine Arbeit hatte ich mein Lebtag nicht erlebt. Und das Ende der Fahnenstange war noch nicht erreicht. Gollhoven scharte weitere Gäste um mich: ein befreundetes Ehepaar aus Buxtehude, eine klapperdürre Dame, deren Name ihm entfallen war, und einen stummen Kerl mit einer Art Flusspferdgesicht, dessen fleischiges Kinn auf hochgewölbter Brust ruhte. Ein Mann ohne Hals, so was sah man nicht alle Tage.
    »Tja«, sagte ich, froh, dass ich meine Rechte endlich wieder um das Weinglas legen durfte.
    »Ist Ihr Beruf nicht gefährlich?«, hauchte die Dürre.
    »Beschämend, wie sich die hiesigen Behörden anstellen«, erklärte Gollhoven. »Und wenn ich beschämend sage, meine ich beschämend. Da kommt ein Vater, der sein einziges Kind verloren hat, nach Deutschland, und was passiert? Nichts.«
    »Der Wein ist respektabel«, lächelte seine Frau, der Hydrant. »Nischt wahr, Monsieur Koller?«
    Ich nickte. Der Mann ohne Hals schwieg.
    »In Italien wäre das anders«, fuhr der Diplomat fort. »Dort nimmt man auf seelische Befindlichkeiten Rücksicht. Insofern ist es ein Glücksfall, dass Sie ermitteln. Wenigstens einer, der Flavio unterstützt. Neben Dr. Nerius natürlich. Vinzenz, hast du Herrn Koller schon nach seinen beruflichen Erfahrungen gefragt?«
    »Äh«, machte der Großneffe und kratzte sich unter der Achsel. »Herr Koller, ich wollte Sie nach Ihren beruflichen Erfahrungen fragen.«
    »Schön ist die Galerie ja«, warf der Herr aus Buxtehude ein. »Gute Gelegenheit, sich hier mal umzugucken.«
    »Sind Sie auch mit dem Auto ier?«, fragte Madame Gollhoven. »Es gibt keine Parkplätze, in der ganzen Stadt nischt!«
    Der Mann ohne Hals schwieg.
    »Bei uns in Buxtehude«, mischte sich die Frau aus Norddeutschland meckernd ein. Ihrer Statur und

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