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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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kleinkalibrige Pistole. Einfach so. Als sei es die normalste Sache der Welt, dass man einer Kneipenwirtin, sobald man an ihrer Theke lehnt, erst einmal das mitgebrachte Waffenarsenal vorführt.
    »Scheiße im Quadrat«, grinste er und schnippte die Speisekarte zur Seite. Maria zuckte zusammen.
    »Ist das ein Feuerzeug?«, fragte ich mit Blick auf die Pistole. »Oder Plastikspielzeug für den Nachwuchs?«
    Er bewegte den Kopf und musterte mich von der Seite, aber erst, nachdem er einen langen Schluck Bier genossen hatte. »Ein Feuerzeug«, sagte er. »Was denn sonst? Eins, das so ganz kleine Löcher brennt, in wen oder was auch immer. Und einen Waffenschein hab ich auch für das Ding.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, ertönte neben mir der flehentliche Ruf eines Mobiltelefons. Der Securitymann grinste noch breiter, nestelte mit der linken Hand an seiner Hüfte herum und hielt sich mit der anderen ein Mikro vor die Lippen.
    »Na?«, sagte er. »Alles roger? – Nein, im Jäger aus Kurpfalz, oder wie die Bruchbude heißt. Hab meine Mittagspause hierher verlegt. So oft besteht die Möglichkeit ja nicht mehr.« Er lachte ein bisschen.
    Maria stand neben der Spüle und polierte ihre Gläser. Sie wagte nicht aufzuschauen.
    »Holst du mir mal eine Schere und was zu schreiben?«, bat ich sie. Wortlos zog sie eine Schublade auf und reichte mir beides.
    »Lauter alte Knacker«, plapperte Narben-Ede weiter. »Seniorenklub und Hartz IV . Schwierigkeiten werden die keine machen. Ich meine, hier gibt es nicht mal gezapftes Bier. Hast du so was schon erlebt? Ist das überhaupt legal?«
    Ich kritzelte meinen Namen und Adresse auf das oberste Blatt eines Notizblocks, bevor ich es abriss und neben die Bierflasche legte. Der Securitymann warf einen amüsierten Blick darauf, während er sprach. Kein Zweifel, sein Grinsen war ein Geburtsfehler. Das operierte ihm kein Arzt dieser Welt aus der Fresse. Eher schafften sie es, ihm die Narbenautobahn vom Hals zu radieren.
    »Na gut«, sagte er, herzhaft gähnend. »Lassen wir Gnade vor Recht ergehen. Zum letzten Mal, eh klar. Obwohl ich mich schon drauf gefreut hatte.« Seine Finger tasteten Richtung Hüfte.
    »Moment!«, hielt ich ihn auf. »Beenden Sie das Gespräch noch nicht. Ihr Kollege soll mithören, was ich zu sagen habe.«
    Zähnebleckend wandte sich der Typ mir zu. »Da bin ich aber gespannt.«
    »Recht haben Sie: So oft besteht die Möglichkeit nicht mehr, in dieser Kneipe ein Bier zu trinken. Das hier war Ihr letztes.« Ich zog mein Handy aus der Jacke und suchte nach den gespeicherten Nummern.
    »Meine Rede. Wenn ich das nächste Mal hier auftauche, habe ich anderes zu tun, als ein Bier zu trinken.«
    »Sie werden hier nicht mehr auftauchen. Hier, sehen Sie diese Nummer und den Namen? ›Fischer‹, das ist Kriminalhauptkommissar Fischer. Ein Mann, der in Heidelberg für die ganz schweren Jungs zuständig ist, außerdem eine Art Patenonkel von mir. Der steht auf der Matte, wenn ich nur an ihn denke.« Ich steckte mein Handy wieder ein. »Und dann ist Schluss mit Ihrer Waffen- und Pferdeschwanzshow, Sie Clown! Richten Sie den Leuten in Ihrer Drecksfirma aus, dass sie betonieren können, wo sie wollen, aber nicht hier. Das ist heiliger Boden, verstanden? Ciao, amigo.«
    Er begann zu lachen. »Hast du gehört?«, japste er ins Mikro. »Du solltest den Typen neben mir sehen. So ’ne magersüchtige Karotte. Warte mal, wie heißt der? Koller – ist das ein Name oder ein Zustand?«
    »Das ist mein Name, und an mich geht die Rechnung.«
    »Welche Rechnung?«
    »Die Ihres Handys. Gespräch beendet.« Mit einem leisen Schnipp durchtrennte Marias Schere das Kabel, das von seinem Ohr zur Hüfte lief. Der Kerl war so verdattert, dass er dreimal nach seinem Kumpel am anderen Ende der Leitung rief, bevor er kapierte, dass die Verbindung unterbrochen war.
    »Na, warte!«, blaffte er mich an und griff reflexartig nach seiner Pistole. Aber ich war schon wieder schneller gewesen. Neben der Bierflasche lag nur noch der Zettel mit meinem Namen.
    Ich überzeugte mich, dass das Magazin leer war, ging zur Tür und warf die Waffe auf die Straße. Sie schlitterte weit über den regennassen Asphalt. Vom Stammtisch erntete ich zustimmendes Gemurmel.
    Der Securitymann schnaufte. Mit dem Rücken zur Theke stehend, starrte er in meine Richtung und wusste nicht, wohin mit seinen langen, schweren Armen. Er war allein, ohne Waffe, selbst die Verbindung zur Außenwelt war gekappt. Trotzdem machte er Anstalten,

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