Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge
»Live is Life« gesendet - am selben Tag, zur selben Zeit in Deutschland aber mit dem Titel »Die Spätzünder«!
»Wie bitte? Das kann doch wohl nicht wahr sein!?«
»Doch, leider.«
»Und warum?«
»Angeblich weil im ARD-Programm keine englischen Titel vorkommen sollen.«
»Live is Life ist ein Welthit, den jeder kennt!«
»Deswegen bleiben wir in Österreich beim Originaltitel!«
Da war nun aus einem guten Buch ein guter Film geworden, der zeitgleich in zwei deutschsprachigen Ländern gesendet werden soll, mit zwei verschiedenen Titeln? Wer kommt auf so eine Idee? Noch dazu ein Titel, der dem Inhalt des Films diametral entgegensteht und trotzdem völlig falsche Erwartungen weckt.
Warum sollen Altersheimbewohner »Spätzünder« sein? Mit diesem Titel werden die Alten schon wieder diskriminiert. Spätzünder sind Langsambegreifer, Leute, die auf der Leitung stehen, die nur schwer kapieren. Das sind Spätzünder. Die Alten sind Menschen, die ein Lebenswerk hinter sich haben und auf ihre Weise den letzten, ruhigeren Lebensabschnitt
so weit wie möglich in Würde verbringen wollen. Deswegen sind sie doch keine Spätzünder! Die Erfinder des unglücklichen Titels sind sicher sehr jung?
Klar waren die Dreharbeiten anstrengend, Nachtaufnahmen in Eiseskälte sind kein Zuckerschlecken - für alte Mimen schon gar nicht. Bibiana Zeller und ich versuchten, uns mit einem »Flirt in allen Ehren« warm zu halten. Das war herzerfrischend, trotzdem verließen mich die Kräfte und ich musste in einem Wiener Spital mit ein paar Spritzen und einer Infusion wieder aufgemöbelt werden.
Die jungen Kollegen haben das alles sehr viel leichter durchgestanden, aber wir Alten haben mitgehalten und bewiesen, dass wir noch Stehvermögen haben. Bei mir lassen Steh- und Gehvermögen rapide nach, das ist nun mal nicht zu ändern. Und mit Jan Josef Liefers verbindet mich eine neue Freundschaft. Aber das Hirn arbeitet noch einwandfrei, denke und hoffe ich wenigstens.
Ob das vor zehn Jahren auch der Fall war, wurde damals heftig bezweifelt. Eine Einladung von BMW-Australien zum ersten Rennen der Formel 1, nach dem Wechsel von Adelaide nach Melbourne.
Seit meiner Kindheit bin ich ein Formel-1-Fan. Ich
war ein Dreikäsehoch mit sieben Jahren, als mein Vater mich 1934 mitnahm zum Nürburgring. Ich glaube, das war der erste Auftritt der berühmten Mercedes »Silberpfeile«. Der Name »Silberpfeil« war eine aus der Not geborene Tugend. Das Reglement schrieb ein bestimmtes Gewicht vor, das die weiß lackierten Mercedes-Rennwagen nur wenig überschritten. Ein findiger Kopf kam auf die Idee, ganz einfach die Farbe von der Metallkarosserie abzukratzen. Voilà! Der Bolide war jetzt zwar nackt, glänzte silbrig und hatte vor allem das vorgeschriebene Gewicht. Sie nannten das Geschoss auf vier Rädern »Silberpfeil«.
Die Pistenhelden von damals hießen Rudolf Carraciola, sein Konkurrent auf dem mit Heckmotor ausgestatteten Auto Union-Modell war Bernd Rosemeyer. Die anderen »Helden am Volant« waren Tazzio Nuvolari, Hans Lang, Manfred von Brauchitsch, um nur einige von denen zu nennen, für die ich mich damals begeisterte.
Kann schon sein, dass ich Rennfahrer werden wollte. Auf jeden Fall hatte mein Vater Verständnis für meine Schwärmerei und nahm mich überallhin mit, wo er sportlich oder organisatorisch etwas zu sagen hatte. So lernte ich Tag- und Nacht-Orientierungsfahrten, Schnitzeljagden, Ballon- oder Zeppelin-Verfolgungsfahrten kennen und lieben. Höhepunkte
waren natürlich die Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring, oder gar die Weltrekordversuche der beiden Konkurrenten Mercedes-Benz und Auto Union, bei denen Bernd Rosemeyer 1938 tödlich verunglückte.
Die Rennsaison 1997 wurde in Melbourne, im australischen Bundesstaat Victoria, wie immer im März eröffnet, und zwar ziemlich genau an meinem siebzigsten Geburtstag. Zu diesem »Runden« hatte ich mir gewünscht, beim ersten Formel-1-Rennen dabei zu sein.
Melbourne bietet rund um den Rennzirkus eine besondere Atmosphäre. Die Rennstrecke, rund um den idyllischen See im Albertpark, mitten in der Stadt, war von Anfang an Streitobjekt der »Melbournites«. Die Anlage ist einfach wunderschön, aber gerade deswegen kämpfte jedes Jahr ungefähr die Hälfte der Bevölkerung gegen den Trubel und den ohrenbetäubenden Radau während der Vorbereitungen, der Trainings- und der Renntage.
Schon beim Training packte mich wieder das Formel-1-Fieber. Der Freitagabend vor dem Rennen ist der
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