Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge
gesellschaftliche Höhepunkt. Das Büro des Premiers, den ich kurz vorher für unsere »Terra Australis«-Serie interviewt hatte, hatte uns die Einladung besorgt. Während des Abends traf ich auf
der Terrasse Norbert Haug, den mächtigen Boss des McLarren-Mercedes-Teams.
»Interessieren Sie sich für unseren Sport?«
»Ich kenne noch die alten Fahrer, vor dem Krieg. Carraciola, Rosemeyer, Lang, Seaman, Nuvolari, von Brauchitsch... und Ihren Vorgänger Neugebauer...!«
Das schien ihm zu imponieren.
»Die Melbourne-Formel-1 sind das Geburtstagsgeschenk meiner Familie.«
»Dann müssen wir ja was drauflegen. Hier haben Sie meine Handynummer, rufen Sie mich morgen früh um 10.00 Uhr an, ich werde was organisieren.«
Die Handynummer von Norbert Haug war ein Ritterschlag. Er öffnete die Sperren zum Fahrerlager. Ich traf Michael Schumacher in seiner Box, wurde von ihm zu Spaghetti mit Tomatensoße eingeladen. David Coulthart kam vorbei und fand Gefallen an meinem Original Akubra Hut. Er meinte, so was stünde ihm auch. Das Angebot, meinen Sonnendeckel als Geschenk anzunehmen, lehnte er bescheiden ab.
Alle Formel-1-Rennen verfolge ich am Bildschirm. Da gibt es keine andere Verabredung. Vier Wochen nach Melbourne saß ich also vor der Glotze und verfolgte
das Training auf der Rennstrecke von Estoril. Großer Preis von Portugal.
Plötzlich kam Norbert Haug ins Bild, in einem Interview für das deutsche Fernsehen. Sofort dachte ich an den Tag in Melbourne. Hatte er mir nicht seine streng geheime Handynummer gegeben? Dann juckte mich das Fell. Mal sehen, ob er die Nummer noch hat, und ob er sein Handy immer noch in der linken Hosentasche trägt?
Ich wählte. Es dauerte etwas. Dann sah ich auf meinem Bildschirm in München, wie Norbert Haug in Estoril etwas irritiert sein Handy aus der linken Hosentasche zieht: »Haug...«
»Guten Tag, Norbert, hier ist Blacky, ich finde das Interview, das Sie gerade geben, außerordentlich interessant!«
Ich bin sicher, dass er mich in diesem Augenblick dorthin wünschte, wo der Pfeffer wächst. Aber er machte gute Miene zum bösen Spiel. »Das hat bisher noch keiner mit mir gemacht.« Ich bin sicher, dass er nach diesem Anruf seine Nummer geändert hat.
Das Rennen hatte aufregende Folgen. Eines Tages erhielt ich einen Brief mit dem Logo der Formel 1. Er kam von BMW-Australien.
»Sehr geehrter Herr Fuchsberger, wir erinnern uns gerne an Ihren Besuch beim Formel-1-Rennen in Melbourne, im vergangenen Jahr.
In diesem Jahr wird BMW das alljährliche ›Celebrity Race‹, das Prominentenrennen, sponsern. Einundzwanzig ›BMW Model Z3‹ werden renngerecht hergerichtet und einer Auswahl von Fahrerinnen und Fahrern zur Verfügung gestellt. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie als einen der Piloten gewinnen könnten.«
Träume ich? Haben die vergessen, wie alt ich bin? Die halten mich also immer noch für so fit, dass ich einige Runden auf einer Formel-1-Rennstrecke durchhalte. Also siegte die Eitelkeit, ich sagte zu.
Die Sache hatte nur einen Haken. Jeder Teilnehmer muss in einem speziellen Kurs eine temporäre Rennlizenz machen. Ferner verlangt das Organisationskomitee ein Attest eines von ihnen benannten Arztes. Die Unterlagen dazu waren beängstigend.
Der tasmanische Doktor nahm die Brille ab, sah mir in die Augen.
»Wollen Sie das im Ernst machen?«
»Ja!«
»Sie sind zweiundsiebzig!«
»Ich weiß!«
»Ich kann Ihnen das wohl nicht ausreden?«
»Nein!«
»Vom rein Medizinischen sind Sie fit!«
»Aber?«
»Kein aber, ich halte es für Unsinn!«
»Kann ich die Unterlagen mitnehmen?«
»Nein! Die Vorschrift lautet, dass der untersuchende Arzt die Ergebnisse direkt an das O.K. schickt!«
»Bitte tun Sie das bald!«
»Natürlich! Good luck!«
Ich fühlte mich sauwohl. Verdammt und zugenäht! Ich alter Sack werde an einem Sportwagenrennen teilnehmen. Auf einer der schönsten Formel-1-Strecken der Welt.
Natürlich hatte auch Gundel ihre Bedenken, aber gezeigt hat sie das nicht. Sie wollte mir den Spaß nicht verderben. »Autofahren kannst du«, sagte sie, um dann eine typisch weibliche Ermahnung draufzusetzen: »... du musst halt recht vorsichtig fahren!«
Anfang März 1999 war es so weit. Auf einer außerhalb Melbournes gelegenen Rennstrecke wurden wir eine Woche lang nach allen Regeln der Kunst um die Kurven gejagt. Jeder Teilnehmer hatte einen »Instructor«,
der seinem Lehrling die Tricks und Tücken beibringen sollte, mit denen man ein
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