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Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
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vierrädriges Geschoss um die Ecken bringt. Wie man Kurven ansetzt, wie man die Ideallinie findet, wie man mit Über- und Untersteuerung umgeht, wie man die Karre wieder in die Spur bringt etc.
    Zugegeben, die Einführung in das zwanzigköpfige Fahrerteam wurde etwas peinlich. Zur Vorstellung gehörten Name, Beruf und Alter. Unterstützend wurden die frisch erhaltenen Rennlizenzen auf eine Leinwand projiziert. Beim Namen gab es schon verstecktes Gelächter, weil die englische Aussprache des Namens Fuchsberger ein beliebtes »Four letter word« assoziiert. Beim Alter wurde das Gelächter schon deutlicher. Da kommt so ein alter Sack aus Deutschland, völlig unbekannt und will hier Rennen fahren? Wer hat den denn aufgetrieben?
    Dagegen musste ich etwas tun. Vielleicht würde »name dropping« helfen? Und es half. Nachdem ich meine alten Formel-1-Namen in die Runde geworfen hatte, war allseits Staunen angesagt. Ergebnis meiner Angeberei: Der alte Sack aus Europa wurde als Senior der Truppe zu deren Sprecher gewählt.
     
    »Briefing« vor dem Rennen. Die Piloten werden mit den Regularien bekannt gemacht. Klar, was
man von uns erwartete. Sportliches Verhalten, keine erzwungenen Karambolagen, die teueren Vehikel heil ins Ziel bringen.
    Die Einfahrt in die Aufstellung auf dem »grip« war schon das erste Gänsehauterlebnis. Um die einhundertzwanzigtausend Fahnen schwenkende und mit Tröten bewaffnete Formel-1-Fans warteten auf »Die Großen der Piste«. Die Gelegenheitsgladiatoren wurden empfangen. Lautsprecher verkündeten die Namen der Prominenten und die Nummern ihrer Fahrzeuge. Ich war nicht dabei.
    Und dann wurden die Hundertzwanzigtausend aufgefordert, sich von ihren Plätzen zu erheben, um der deutschen Nationalhymne zu lauschen. Wieso? Weil die zwanzig Auserwählten ein deutsches Erzeugnis um die Kurven bugsierten, weil BMW in diesem Jahr der Sponsor des Prominentenrennens war.
    Ich bin, wenn überhaupt, gemäßigter Patriot, und das auch noch zweigeteilt. Zwar »Made in Germany«, aber mit der zweiten Heimat Australien. Die Familie fühlt sich in Australien wie zu Hause, aber »daheim« sind wir in Deutschland.
    Als »Einigkeit und Recht und Freiheit...« durch die Ohrenstöpsel drang, lief es mir kalt über den Rücken, obwohl es so heiß war, dass wohl allen der Schweiß unter den Helmen herunter lief.

    Und dann ging’s los! Der Adrenalinspiegel stieg mit den nacheinander aufleuchtenden Lichtern der Startmaschine. Die Motoren heulten in der maximalen Drehzahl, die Knie fingen an zu zittern. Zuerst leicht, dann immer stärker, bis das letzte Rotlicht über der Bahn erlosch und die röhrende Kolonne losschoss, eine nach Rizinus-Rennöl stinkende, weiß-bläuliche Wolke am Start hinterlassend. Nach den ersten Metern war der Knieschnackler wie weggeblasen.
    Bei zwanzig Teilnehmern hatte ich es bis zur Startposition siebzehn gebracht. Zu mehr hatte es im Training nicht gereicht.
    Vielleicht könnte ich vor der ersten Kurve noch eine oder zwei Positionen gutmachen? Tatsächlich schaffte ich zwei. Vermutlich weil Gundel mit klopfendem Herzen auf der BMW-Ehrentribüne saß, gleich nach der ersten Kurve, und da wollte ich mich doch nicht lumpen lassen - oder?
    Auf der anschließenden langen Geraden geschah das Unvermeidliche. Die zwei beim Start Überholten zogen an mir vorbei, es waren zwei Teilnehmerinnen. Eine war mir unbekannt und daher ziemlich egal. Aber die andere Amazone war keine Geringere als die bekannte Popsängerin Natalie Imbruglia. Besonders attraktiv und besonders schnell, aber das hätte sie ja nicht unbedingt gerade jetzt beweisen müssen...
Da zog sie davon, und ich versuchte vergeblich hinterherzukommen. Dass sie aus der nächsten Kurve flog, in der Reifenmauer landete und das Rennen vorzeitig beenden musste, tat mir leid, verschaffte mir aber eine gewisse Genugtuung.
    Aber mein Ego war bereits empfindlich gestört und wurde auch durch den erfolgreichen Abschluss der fahrerischen Auseinandersetzung mit dem berühmten Maler Ken Done nicht sonderlich aufgerichtet, obwohl der immerhin gute fünfzehn Jahre jünger war.
    Fazit meiner späten rennfahrerischen Ambitionen: »Wenn’s dem Esel zu wohl wird, geht er auf’s Eis...«
    Zwar hab ich mir keine Knochen gebrochen, aber die wichtige Erkenntnis gewonnen, dass man mit »70+«, wenn auch noch nicht in einen Rollstuhl, so doch eher in einen bequemen Sessel gehört als hinter das Steuer eines getunten Spotwagens.

Das hat’s früher nicht gegeben...?
    Da

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