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Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
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amerikanischen
Highway unterwegs war. Er hatte erfahren, dass der Ku-Klux-Klan diese Unternehmung gewaltsam stoppen wollte. Er bat seinen Freund Sydney Poitier, ihn auf der Autofahrt zu begleiten. »Zwei Stars gleichzeitig umbringen? Das würden sie wohl nicht wagen.«
    An einer Tankstelle ging Belafonte auf die Toilette. Plötzlich hörte er hinter sich ein leises, metallisches Klicken. Eine Stimme sagte: »Wenn du Nigger hier pisst, schieß ich dir’ne Kugel in den Kopf!«
    Er hatte wohl übersehen, dass diese Toilette mit dem Schild versehen war: »Nur für Weiße!«
    Atemlose, ungläubige Stille im Studio in Unterföhring. Ich war geschockt. Hatte der Weltstar mich nicht gebeten, genau dieses Thema zu vermeiden? Und jetzt kommt er mit so einer story! Was war in ihn gefahren?
    Er ließ sich Zeit mit seinen Erinnerungen, war sichtlich beeindruckt von der Reaktion der Zuschauer. Dann sagte er: »Ich wusste, er würde schießen - aber mein Urin war klug genug, in meinen Körper zurückzufließen!« Es blieb lange still im Studio.
    Nach der Sendung, auf der Hinterbühne, packte er mich plötzlich am Arm: »Was zum Teufel hat mich dazu gebracht, diese Geschichte zu erzählen?«
    »Ich hab dich nicht gefragt, wie verabredet.«

    »Ich weiß. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, ich bin dir und deinem Publikum das schuldig!«
    Das war vor dreißig Jahren, seitdem sind wir Freunde.
    »Für die Kategorie ›Lebensleistung national‹ - Die Goldene Kamera für Joachim ›Blacky‹ Fuchsberger!«, verkündete Hape Kerkeling, der die HÖRZU-Großveranstaltung zum ersten Mal moderierte. Eine Wand öffnete sich und da stand ich, mit Gehstock und strohtrockener Kehle.
    Désirée Nosbusch, die eine äußerst schmeichelhafte Laudatio gehalten hatte, kam auf mich zu, um mich für meine Dankesrede zum Mikrofon zu führen.
    Gerade als ich beginnen wollte, unterbrach Hape Kerkeling: »Einen Moment noch! Wir haben eine Überraschung für dich. Ein Freund aus Amerika, den du seit dreißig Jahren kennst. Er hat es sich nicht nehmen lassen, über den Atlantik zu kommen, um dir die Goldene Kamera zu überreichen. Du kannst ihn noch nicht sehen, aber vielleicht schon hören...?«
    Es ertönte der Ruf des Bananenverkäufers: »Deo...!« - und mir blieb die Luft weg.
    Da kam Harry um die Dekoration, gemessenen Schrittes, aufrecht, kahlköpfig, lächelnd, mit meiner Goldenen Kamera in der Hand. Langsam kam er auf mich zu, sah wohl meine Erstarrung, nahm mich in
den Arm: »Good to see you again! Congratulations!« Da standen sich zwei alte Männer gegenüber, ließen ihrer Emotion freien Lauf - und steckten viele im Saal an, wie an gezückten Taschentüchern zu erkennen war. Zwei Männer, die sich ihres Alters nicht schämten.
     
    Beide normalerweise am Stock, hatten wir für den Auftritt auf der Bühne auf unsere Gehhilfen verzichtet und hatten unsere Mühe damit.
    Bis tief in die Nacht saßen wir anschließend zusammen, verabredeten uns für den kommenden Tag.
    Vergeblich versuchte einer den anderen telefonisch zu erreichen. Vergeblich. Bis mir mein Fahrer berichtete, sein bester Freund sei der Fahrer von Harry Belafonte. Er hätte gehört, dass der Belafonte-Tross für den Abend bei Borchert einen Tisch bestellt hätte. Also bestellte ich auch einen.
    Als Harry mit seinem Gefolge hereinrauschte, einen Blick in die Runde warf und sah, dass Gundel und ich schon dasaßen, gab er seinen Stock an der Garderobe ab und kam gestreckt auf uns zu. Fast wie in alten Zeiten, weniger federnd vielleicht, aber unvermindernd imponierend. Alle Blicke folgten ihm.
    Der Abend wurde ein Fest der Erinnerungen. An seinen Besuch vor Jahren, in München, zum Beispiel.

    »Ich möchte mal sehen, wie populär du hier bist«, sagte er damals, »lass uns irgendwo hingehen, wo viele Leute sind. Ich lauf hinter dir her und beobachte, wie die Leute auf dich reagieren.«
    Wir gingen auf die Auer Dult, am Maria-Hilf-Platz, einem riesigen Flohmarkt, rund um die Maria-Hilf-Kirche. Harry hatte sich verkleidet. Schlägermütze, dicker Schal und dunkle Brille. So schlenderte er mit Gundel von Stand zu Stand, immer mit seinen Augen bei mir, etwa 20 Meter vor den beiden. Was Harry nicht sehen, vor allem nicht hören konnte: Bevor die Menschen auf dem Markt auf mich reagierten, ging ich auf sie zu: »Da hinten, der Lange mit Sonnenbrille, Mütze und Schal, das ist Harry Belafonte!«
    Nach wenigen Augenblicken war er umringt von begeisterten Fans und hatte alle Hände voll zu

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