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Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
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Kummer als dein innerer Schweinehund. Der versteht es trefflich, die Sinne für verbotene Köstlichkeiten zu schärfen und das Wasser im Mund zusammenlaufen zu lassen.
     
    Da ist halt der große Unterschied zwischen dem Rezept für die Küche, und dem Rezept für die Apotheke.
    Vernunft gegen Versuchung. Dieser Gewissenskonflikt wird dich ab jetzt begleiten, bis ans Ende deiner Tage.
     
    Da ist das »Forsthaus Wörnbrunn«, da ist die »Grünwalder Einkehr«, da ist das »Gasthaus zur Mühle« mit der langen Rutsche für die berühmten »Isar-Flößer« - alles Etablissements bayerischer Köstlichkeiten, auf die zu verzichten ich mir kaum vorstellen kann.
    »Schweinsbraten in dunkler Biersoße«, mit einem fingerdicken »Rammerl«.
    Leicht angebratene »Krautwickerl« mit Kartoffelbrei.
    Drei »Weißwürscht mit katholischem Senf« und einer frischen Breze.

    »Rindsroulade mit Bratkartoffeln und Blaukraut«,
    »Schweinswürschtl mit Sauerkraut«,
    »Abgebräunter Leberkäs mit Kartoffelsalat«!
    »Gaisburger Marsch« oder »Abgeschmelzte Brotsuppe mit Bratkartoffel und Leberwurst«!
    Und was ist mit einem goldbraun gebratenen »Hendl«, auf der Wiesn, mit einer frischen Mass Oktoberfestbier, oder einer Halben Weißbier und einem »Obstler« hintendrauf?
    Soll ich weitermachen?
    Seit Jahren bitten mich eingeweihte Freunde um ein Töpfchen selbst gemachtes »Griebenschmalz«, mit geheim gehaltener Gewürzmischung. Für die Folgen übernehme ich keine Haftung, hab aber sicherheitshalber auf den Deckel geschrieben: »Blackys Griebenschmalz - ungesund, aber saugut!«
    Aufgestrichen auf eine Scheibe »1331 Bauernbrot«, aus der Hof-Pfisterei, und du meinst, »ein Engelchen hat dir auf die Zunge gepinkelt«!
    Soll das alles »tempi passati« sein? Vorbei für den Rest meiner Tage?
    »Wir empfehlen«, so steht auf dem vom Klinikum mitgegebenen Arztbrief, »die Flüssigkeitszunahme auf 1,5 Liter stilles Mineralwasser pro Tag zu beschränken. Eine drastische Verminderung der Zufuhr von Salz oder anderen Würzmitteln erscheint geboten.«

    Dann hör ich doch auch gleich auf mit der ins Uferlose angewachsenen Pillenfresserei. Irgendwann kam ich auf sage und schreibe einunddreißig blaue, weiße, rote, braune oder sonstwie farbige, runde, längliche, ovale, gespaltene und sonstwie gepresste, über den Tag verteilte, chemische oder homöopathische, auf jeden Fall sauteure Medikamente, die vor allem den Umsatz meiner Apotheke gesteigert haben. Bei der Bezahlung hatte ich manchmal das Gefühl, mit der Medizin Besitzanteile an der Apotheke erworben zu haben.
    Jetzt beschränke ich mich auf die tatsächlich notwendigen, Leben erhaltenden Medikamente. Es sind gerade mal noch sechs, und es geht mir wesentlich besser.
    Auch das eine Alterseinsicht: Es muss nicht immer mehr sein! Im Gegenteil - weniger ist oft mehr und macht fröhlicher.

Milliarden von Fliegen können sich nicht irren
    Irgendwann im Spätherbst des Jahres 1958, Sohn Thomas Michael war gerade mal ein Jahr alt, machte ich meinen vierten Film in Folge. »Der letzte Mann«
hieß das Remake mit Romy Schneider und Hans Albers in den Hauptrollen. Regie führte Dr. Harald Braun. Gedreht wurde in den Bavaria Filmstudios in Geiselgasteig, Gemeinde Grünwald, damals nichts weiter als ein ruhiger Marktflecken mit viel Landwirtschaft drum herum, heute eher verschrien als nobles Millionärs-Viertel der Bussi-Hauptstadt München.
    Aber da waren eben die Filmstudios. Harald Braun mit seiner NDF drehte diesen Film und gab mir die Chance, die mit »08/15« begonnene Karriere nahtlos fortzusetzen.
    Die kleine Fuchsberger-Familie wohnte damals noch in einem moralisch leicht lädierten Apartmenthaus in Schwabing, Ainmillerstraße 5.
    »Stoßburg« oder auch »Kaserne der einsamen Herzen« genannt, bot dieses neu erbaute, neunstöckige Monstrum beste Gelegenheiten zu jeglicher Art von »Kontaktpflege«. Im obersten Stockwerk ließen wir einige Einzimmer-Apartments zu einer geräumigen, ansehnlichen Dachterrassenwohnung ausbauen und fühlten uns von Stund an dort sehr wohl. Bis wir eines Tages, zu Tode erschreckt, unseren geliebten Sohn beobachteten, wie er mit kaum anderthalb Jahren auf sein Dreirad kletterte, sich über das Geländer beugte und aus dem neunten Stock begeistert den Verkehr auf der Ludwigstraße verfolgte.

    Seit diesem Tag suchten wir intensiv nach einer Behausung zu ebener Erde, und fanden nach einer Rundreise durch alle in Frage kommenden Stadtteile der Isar-Metropole

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