Alvion - Vorzeichen (German Edition)
vor die Wahl gestellt hatte, mich zu unterwerfen und damit wenigstens ihr Leben zu retten. Jeder von ihnen beschwor mich, nicht auf Absaloms Angebot einzugehen und alle hatten versichert, lieber zu sterben, als Sklaven zu sein.
„ Sire, wir müssen fort von hier! Lieber sterbe ich, bevor ich mich zum Sklaven machen lasse!“, drängte der erste empört und erntete laute Rufe der Zustimmung unter den Übrigen. Dann richteten sich alle Augen auf mich und blickten erwartungsvoll, so als müsste ich bereits jetzt einen perfekten Fluchtplan ausgearbeitet haben.
„ Wir sind alle am Ende unserer Kräfte und brauchen zumindest einige Stunden Ruhe! Solange es noch hell ist, sollten wir ohnehin nichts unternehmen. Später beratschlagen wir noch einmal, was zu tun ist, bis dahin aber ruhen wir uns aus. Teilt Wachen ein, damit wir nicht zu lange schlafen. Sobald es dunkel ist, will ich geweckt werden. Nur in der Nacht besteht überhaupt die Möglichkeit zur Flucht!“, befahl ich und ging dann einfach hinüber zu einer Wand des völlig leeren Gebäudes. So bequem wie es mir möglich war legte ich mich auf die Erde und starrte zur Decke, die ich im Halbdunkel des fensterlosen Raumes nicht einmal erkennen konnte. Es bereitete mir Sorgen, dass unsere Zeit so knapp bemessen war, denn nach den Ereignissen der letzten beiden Tage hätten wir alle eine wesentlich längere Ruhepause benötigt. Stattdessen kamen erneut Strapazen und lange aufwühlende Stunden auf uns zu, sofern uns überhaupt die Flucht gelang. Noch während ich meine Gedanken auf die Flucht zu richten versuchte, umfing mich schon der gütige Mantel des Schlafes.
Ich erwachte davon, dass mich jemand heftig an der Schulter rüttelte.
„ Wacht auf, Sire, die Sonne ist schon lange untergegangen!“
Verärgert fuhr ich hoch und war von einem Moment auf den anderen hellwach und verfluchte meine Schläfrigkeit. Eigentlich hatte ich mir zumindest noch einige Gedanken machen wollen, aber, wie ich nun wütend feststellte, war ich zu müde gewesen und sofort eingeschlafen. Da die Zeit aber nun einmal verstrichen war, drängte ich meine Verärgerung beiseite, stand mit einer schwungvollen Bewegung auf und blickte durch den Raum. Der Soldat, der die letzte Wache übernommen hatte, schüttelte gerade einen weiteren Schlafenden an der Schulter, während sich überall schlaftrunkene Gestalten die Augen rieben oder gerade dabei waren, aufzustehen. Durch die Ritzen in den Holzwänden drangen noch die letzten schwachen Schimmer von Tageslicht, doch bald würde auch von draußen kein Lichtschein mehr hereinfallen. Als ich näher zum Eingang ging, entdeckte ich, dass wir Besuch gehabt hatten. Dort standen mehrere Körbe mit Brot, teilweise schon verschimmelt und drei Tonkrüge mit Wasser. Wenigstens hatte man daran gedacht, dass wir längere Zeit ohne Nahrung gewesen waren, und wollte vermeiden, dass einer von uns schon vor der Ankunft auf der Sklaveninsel zusammenbrach oder aber es war unsere Henkersmahlzeit. In diesem Moment durchfuhr mich ein erschreckender Gedanke, der mich sofort dazu veranlasste, nach dem Knauf meines Schwertes zu greifen. Doch ich fand meine Befürchtung, dass man uns entwaffnet hatte, bestätigt.
Zuerst stieg Wut in mir herauf, dass die Wache uns nicht geweckt hatte, aber sobald meine kühle Überlegung wieder einsetzte, beruhigte ich mich wieder. Was hätten wir im wachen Zustand dagegen tun können? Außerdem besaß Absalom sicherlich Mittel und Wege, uns daran zu hindern, aufzuwachen und ohnehin spielte es keine Rolle. Vielmehr verärgerte mich, dass sich nun ein Feigling wie etwa der Naraanier, der uns empfangen hatte, oder Absalom selbst mit meiner Waffe schmücken konnten. Den Verlust meines Schwertes bedauerte ich zutiefst, denn es war ein besonderes Stück gewesen und hatte im Kampf immer wieder seine Einzigartigkeit unter Beweis gestellt und es war außerdem der letzte direkte Bezug zu meiner Heimat, sah man einmal von den äußerst seltenen Gelegenheiten ab, wo ein Wirt tatsächlich noch eine verstaubte Amphore lyranischen Weines in seinem Keller fand und Unsummen dafür verlangte. Aber davon durfte ich mich nicht beeinflussen lassen, weil ich es mir jetzt ohnehin nicht zurückholen konnte. Ich hatte mich damit abzufinden, dass das außergewöhnliche Stück für immer verloren war. Es gelang mir, meine Gedanken in die richtigen Bahnen zu lenken und zu überlegen, wie unsere Flucht vonstatten gehen konnte. Auch bei wohlwollender Betrachtung sah
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