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Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
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Wand an einen kleinen Ecktisch gesetzt und einfach vor mich hin gestarrt, während ich den Krug Wein, den ich mir bestellt hatte, langsam leerte. Als ich eingetreten war, war in der Stube nur noch ein anderer Tisch mit vier Händlern besetzt gewesen, deren Gejammer über den mangelnden Ertrag während des Krieges ich jedoch absichtlich überhörte. Während ich meinen Gedanken nachhing, füllte sich die Gaststube, ohne dass ich es wirklich bemerkte. Ständig hatte ich die Bilder im Kopf, die ich in den letzten Tagen im Süden hatte sehen müssen und ich erahnte das Leid, das über die dort verbliebenen Menschen hereingebrochen war. Ich dachte an die verwesenden Leichen am Straßenrand und auf den Feldern, und die verzweifelten Flüchtlinge überall im Land, die nur mit viel Glück den Winter überleben würden. Als ich versuchte meine Gedanken in erfreulichere Gefilde zu lenken, stand mir sofort Salinas Gesicht vor Augen und für einen kurzen Moment musste ich tatsächlich lächeln, ehe ich mich in einer Art Zwiegespräch selbst einen Narren nannte, weil ich mich ausgerechnet in eine Magierin, die für mich so unerreichbar war, wie meine versunkene Heimat, verliebt hatte. Ich wusste nicht einmal, ob ich sie je im Leben wieder sehen würde, und konnte dennoch nicht aufhören, an sie zu denken.
    Irgendwann war der Krug schließlich leer und ich war es leid, weiterhin trübselig an die Wand zu starren, außerdem fühlte ich tatsächlich Müdigkeit in mir aufsteigen, die der Wein noch verstärkt hatte. Ich winkte einem der Bediensteten und bezahlte, dann erhob ich mich und ging auf den schmalen Gang hinaus, der zur Eingangstüre führte. Unter dem Türbogen erstarrte ich mit einem Mal und blickte wie versteinert in den direkt gegenüberliegenden Raum, dessen Eingang zwei Soldaten bewachten. Es war eine gehobene Gesellschaft, so viel verrieten schon die beiden Soldaten vor der Türe und Sie war ebenfalls dort! Nicht einmal zehn Schritt von mir entfernt saß Salina an einer Tafel, doch sie bemerkte mich nicht. Das angenehme Licht der Laternen in dem Raum betonte noch ihre weichen, ebenmäßigen und wunderschönen Gesichtszüge, fast so als würde sie von innen heraus leuchten. Im gleichen Moment sagte der neben ihr sitzende, stattliche Offizier etwa meines Alters, etwas zu ihr, worauf sie ihm ein wunderschönes Lächeln schenkte und dann weiter interessiert seinen Worten lauschte, während ich das Gefühl hatte, dass mir das Herz stehen blieb. Einen kurzen Moment verspürte ich einen heftigen Stich und schloss die Augen, dann warf ich ihr einen letzten Blick zu. In jenem Moment, als ich bereits meine Augen abwendete, blickte sie, durch irgendetwas aufmerksam geworden in meine Richtung und schien mich wieder zu erkennen, doch ich wartete nicht, sondern verließ fast fluchtartig den Gasthof und begann draußen auf der Straße sofort zu laufen. Viel später gestand ich mir selbst ein, dass es dumm und bedeutungslos war, doch in diesen Momenten war ich klarer Gedanken einfach nicht fähig. Ich nahm nichts um mich herum wahr, bis ich das Lager vor der Stadt erreichte, wo bis auf einige wenige Feuer bereits Nachtruhe herrschte. Das große, geräumige Zelt, das ich mir mit vier anderen Offizieren teilte, war zu meiner Erleichterung leer. Meine Zeltgenossen, die ich bis auf einen noch nicht einmal kannte, waren wohl selbst in der Stadt oder irgendwo im Umland unterwegs. Vor dem Eingang zum Zelt ließ ich mich einfach auf dem Boden nieder und starrte trübsinnig auf den Vollmond, der mit seiner Größe und Erhabenheit den Nachthimmel beherrschte, und erwog kurzfristig ernsthaft, mich einfach in mein Schwert zu stürzen. Das entfachte nun wiederum meinen Zorn und ich schalt mich selbst eine Memme und einen Schwächling, was mich zumindest von jenem völlig unsinnigen Vorhaben abbrachte. Dennoch blieben in mir überwältigende Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zurück, darum machte ich mich auf die Suche nach Wein, und trank anschließend bis zur Besinnungslosigkeit.
     
    Zwei Tage später saß ich am frühen Abend im Sattel meines Pferdes und fühlte mich immer noch genau so elend, wie an jenem Tag, als ich Salina gesehen hatte. So sehr ich mich bemühte, es gelang mir nicht, jenen Moment aus meinem Gedächtnis zu verbannen und mich abzulenken. Das Gegenteil war der Fall, denn die ständig hochschwappende Erinnerung behinderte mich in meiner Aufmerksamkeit, was auch den mit mir reitenden Soldaten meines Trupps nicht verborgen

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