Alvion - Vorzeichen (German Edition)
blieb, doch keiner wagte es, mich direkt darauf anzusprechen. Selten hatte ich mich so einsam und verzweifelt gefühlt, wie in jenen Tagen und nirgendwo konnte ich einen Funken Hoffnung erspüren. Eine Stimme riss mich in diesem Moment aus den Gedanken.
„ Sire, dort vorne ist eine Baumgruppe, dort könnten wir lagern.“
Es war Salas, ein junger Soldat aus dem Trupp, der neben mir im Sattel saß und mit seinem ausgestreckten Arm auf einige Bäume in östlicher Richtung wies. Ich ließ meinen Blick in der Umgebung umherwandern und nickte schließlich.
„ Stimmt, Salas, es sieht nach einem guten Platz aus. Das wollen wir uns näher ansehen!“
In leichtem Trab ritten wir durch das hohe, von der Hitze der letzten Wochen gelb gewordene Gras auf jene Baumgruppe zu, die tatsächlich ein gutes Nachtlager abgeben würde. Es waren nicht viele Bäume, aber in ihrer Mitte würde genug Platz für uns und die Pferde sein. Dort angekommen ließ ich die Männer absitzen, die Pferde versorgen und dann ein kleines Feuer anzünden, während ich noch im Sattel blieb und über das Land blickte, über das sich bald die Nacht legen würde. Im Süden war einige Meilen entfernt eine Hügelkette, die wir am morgigen Tag erkunden würden und irgendwo dahinter, sammelten sich derzeit die Streitkräfte Meridias, bis sie sich wieder stark genug fühlten, um erneut nach Norden vorzustoßen. In den anderen Himmelsrichtungen erstreckte sich die grasbewachsene, hügelige Landschaft so weit das Auge reichte und nirgends war eine Spur von Leben zu entdecken. Schließlich saß ich ab und führte mein Pferd am Zügel zwischen die Bäume, wo die Männer bereits untereinander die Wachen für die Nacht aufteilten.
Später saßen einige von Ihnen noch um unser kleines Feuer herum und führten leise Gespräche, während ich einige Zeit abseits im Dunkeln blieb und vor mich hin grübelte, natürlich wieder, ohne zu einem Ergebnis zu kommen oder mich irgendwie besser zu fühlen, ehe ich schließlich einige Stunden Ruhe finden wollte.
Irgendwann in der Nacht schreckte ich aus dem Schlaf, ohne mich erinnern zu können, warum. Während sich meine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen versuchten, lauschte ich in die Nacht hinein, doch außer dem leisen Rauschen eines Windhauchs, der durch die Bäume fuhr, war alles ruhig. Ich blickte zum Feuer hinüber, das mittlerweile nur noch schwach in der Dunkelheit glomm, und konnte auch dort nichts Ungewöhnliches feststellen. Vielleicht hatte ich von Salina geträumt oder von meiner Heimat, überlegte ich und setzte mich auf, da ich mit dieser Überlegung die peinigenden Gedanken und Gefühle sofort wieder geweckt hatte. Von einem Moment auf den anderen übermannte mich pure Verzweiflung, da mir jener Moment vor Augen führte, wie unerreichbar fern sie für mich war. Tränen der Verzweiflung stiegen mir in die Augen und ein schwarzer Abgrund drohte mich zu verschlingen, da ich nun erkannte, wie sehr ich trotz aller Vernunft gehofft hatte, sie für mich zu gewinnen. Vergeblich mühte ich mich, den Gefühlssturm unter Kontrolle zu bekommen, doch in diesem Moment brachen sich Schmerz und Verzweiflung mit Gewalt den Weg. Ein tiefer Seufzer entrang sich meiner Kehle und ich legte eine Hand vor mein Gesicht. In diesem Moment hörte ich nicht weit entfernt ein merkwürdig röchelndes Geräusch und wurde trotz des Aufruhrs in meinem Inneren aufmerksam. Zugleich machte sich ein Gefühl größten Unbehagens in mir breit und ich war mir instinktiv sicher, dass irgendetwas in meiner Umgebung nicht stimmte. So leise es mir möglich war erhob ich mich, zog vorsichtig mein Schwert und blickte an den Schlafenden vorbei dorthin, wo die Wache stehen musste. Im fahlen Mondlicht erkannte ich dort eine Bewegung. Es sah aus wie ein merkwürdig geformter Schatten eines Knienden, der sich über irgendetwas am Boden beugte. Leise setzte ich mich dorthin in Bewegung, um herauszufinden, was dort vor sich ging, verzichtete jedoch darauf, die Schlafenden zu wecken. Als ich auf etwa drei Schritt heran war, bewegte sich der Schatten und ich konnte sein Profil im schwachen Licht erkennen. Es war ein Skone, der gebeugt über der Leiche des Soldaten stand, den er gerade getötet hatte. Das musste das Röcheln gewesen sein, das ich gehört hatte. Wie ein Blitz am Himmel durchzuckte mich ungestüme Wut und ich sprang im nächsten Moment mit einem lauten Schrei auf den Unvorbereiteten zu, ohne daran zu denken, dass er vielleicht nicht alleine war. Die
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