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Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
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würden die Läden öffnen, die Buden auf den Marktplätzen würden ihre Waren und Spezialitäten feilbieten, Gaukler würden die Menschen belustigen und geschäftiges Treiben würde die Stadt mit Leben erfüllen. Exotische Gerüche nach gebratenem Fleisch, Südfrüchten, Blumen, Fisch und edlen Gewürzen würden sich ausbreiten. Jeden Tag blickte Melior nach dem Aufstehen hinunter auf seine prächtige Hauptstadt, von der man überall in Velia geradezu schwärmerisch berichtete. Ein altes Sprichwort besagte, dass man Media bestaunen konnte, atemlos durch Theban wandeln, die Ruhe und zugleich das Temperament von Bilonia genießen konnte, oder im kalten Aurora frieren konnte, oder durch die unterirdischen Straßen und Galerien von Litein gehen konnte und doch niemals wahre Größe gesehen haben würde, wenn man nicht einmal in Vylaan gewesen war. Ein kurzes Lächeln huschte über Meliors Gesicht, als ihm das Sprichwort einfiel, während er über die gewaltigen Bauwerke, die Prachtstraßen und die mächtigen Verteidigungsanlagen seiner Hauptstadt blickte und ihn ihre Größe mit Stolz erfüllte.
    Dann sah er auf die machtvolle Palastanlage, die auf einem lang gestreckten, von einer hohen Mauer umgebenen, Hügel lag. Am Fuß des Hügels lagen die Quartiergebäude der Palastwachen, die Stallungen und die königlichen Getreidespeicher. Von den vier Toren, jedes nach einer Himmelsrichtung benannt, führten gepflasterte Straßen den Hügel hinauf. In den Flanken des Hügels waren die prächtigen Palastgärten in Terrassenform angelegt. Auf dem Hügel selbst war die eigentliche Palastanlage. Um sie herum war eine zweite Mauer aus Marmor errichtet worden, der im Licht der Sonne erstrahlte. Die gesamte Anlage war quadratisch angelegt und hatte einen riesigen Innenhof, den ein Säulengang umgab und in dessen Mitte ein herrlicher Brunnen stand. In Richtung zu der Straße, die vom Hauptportal der Mauer heraufführte, war der einzige Zugang zum Palast. Dieses Portal konnte durch ein riesiges Tor und ein Fallgitter geschlossen werden. Wenn man im Innenhof angelangt war, musste man um den Brunnen herumreiten, um zum Haupteingang des Palastes zu kommen. Eine breite Marmortreppe führte hinauf in die Vorhalle, wo offizielle Besucher sich anmeldeten, um eine Audienz gewährt zu bekommen. Für Dienstboten gab es natürlich Nebeneingänge. In seinem Inneren erstrahlte der Palast in unglaublicher Pracht, denn jeder einzelne Raum war einzigartig geschmückt, mit Wandteppichen, Wandmalereien, Skulpturen, Gemälden und weiteren Kostbarkeiten. Die Böden waren entweder aus Marmor oder mit prächtigen Teppichen bedeckt. Beheizt wurde der Palast im Winter durch ein ausgeklügeltes System von Hohlräumen unter den Böden, durch die Dampf strömte, außerdem hatte fast jeder Raum einen eigenen Kamin. Kurzzeitig empfand Melior großen Stolz, dass es ihm gelungen war, Solien wieder zu solchem Wohlstand zu führen, der es ermöglicht hatte, so einen herrlichen Palast zu erbauen, vor allem wenn er sich in Erinnerung rief, in welch erbarmungswürdigen Zustand das Land gewesen war, als er seine Herrschaft angetreten hatte. Dann jedoch verdunkelte sich seine Miene, als ihm bewusst wurde, wie trügerisch dies alles war. Gewaltige Heere aus Meridia marschierten scheinbar unaufhaltsam auf Vylaan zu und brachten Kummer und Leid über Soliens Städte und Dörfer. Sein Reich zerbröckelte unaufhaltsam und mit gewaltiger Geschwindigkeit, unzählige Menschen hatten bereits den Tod gefunden, entweder im Kampf gegen die Eindringlinge oder danach als Flüchtlinge oder Geknechtete. Tag für Tag erreichten neue Schilderungen den königlichen Hof und berichteten von den Grausamkeiten, die der Bevölkerung in den unterworfenen Gebieten angetan wurden. Plünderungen, Brandschatzungen, Gewalttaten, lange Kolonnen von Gefangenen, deren Schicksal es war, auf der Sklaveninsel im Kragischen Golf oder im Plantagenland ein geknechtetes Dasein zu fristen. Und diejenigen, die sich noch in Freiheit befanden, waren von Hunger und Seuchen bedroht, jenen grausamen, unbarmherzigen Verbündeten des Krieges. Vielleicht würde das noch freie Septrion den nächsten Winter überstehen, da der Großteil der Ernten noch eingebracht werden konnte, doch im nächsten Jahr würde der Hunger Einzug halten, wenn der Feind seinen unerbittlichen Vormarsch fortsetzen und niemand mehr im Frühling die Felder bestellen würde. Oder, es war bis dahin schon alles vorbei. Melior betrachtete sein

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