Am Abgrund der Zeit (Science-Fiction-Roman) (German Edition)
anklagend in den schmutzigen Himmel, aus dem trübe das glosende Auge der Sonne schien.
Stafford glaubte, den Öldunst riechen zu können, der beißend in seine Nase drang. Auf dieser Welt gab es in den Ozeanen keine Fische mehr, überhaupt keine Lebewesen, und selbst das Plankton war bis in die tiefsten Tiefen abgestorben. Demzufolge waren auch die Menschen von der Küste verschwunden. Die Ökoverpestung hatte auch einen Klimaumschwung zur Folge. Schwefelartige Regenfälle verseuchten das Land noch mehr und entzogen der spärlicher gewordenen Bevölkerung jede weitere Lebensgrundlage.
»Zum Glück gab es auch hier einen Kreuzweg der Zeit, der das verhinderte«, sagte Leach in die Stille hinein. »Deshalb hat sich die Katastrophe auf diese Ebene verschoben.«
»Und wir existieren auch auf dieser kaputten Welt?«, fragte Stafford.
»Ja, falls wir es überlebt haben.«
»Woher wissen Sie das, Leach?«
Das Etwas, das von Leach noch übrig war, zuckte mit den Schultern.
»Ich kann durch mehrere Dimensionen blicken«, behauptete er. »Ähnlich wir Gray. Cramer natürlich auch. Vermutlich ist diese Gabe aber nur vorübergehend und verschwindet wieder.«
Stafford schwieg beklommen und warf einen letzten Blick auf den total verseuchten Planeten, der einst die Erde war oder sie in einer anderen Dimension darstellte.
Er gab dem Impulstrieb ein wenig Schub und nahm direkten Kurs auf die Parallelwelt.
Es war so, wie er es sich gedacht hatte. Entweder waren die Planeten alle stofflich instabil oder sie selbst waren es. Es gab keine Alternative, wie man das beurteilen konnte. Sie mussten es als gegeben hinnehmen.
Spiegelwelten, dachte der Commander. Abbilder der Erde, vermutlich ebenfalls seitenverkehrt, die sich wie ein einer Reihe aufgestellter Spiegel endlos fortsetzten – bis in alle Ewigkeit.
»Herakles« durchflog mit geringer Geschwindigkeit den verseuchten Planeten, als sei er aus flüchtigem Gas, und fand sich einer anderen Welt gegenüber.
Hier war, so stellte er mit Erschrecken fest, ebenfalls alles anders. Die Menschen waren fast einheitlich mit weiten Umhängen gekleidet. Sie sahen, dass sich die Frauen von den Männern nur unterschieden, weil sie ganz in Schwarz gehüllt waren und ihre Gesichter unter schwarzen Tüchern verborgen hatten. Alles war deutlich zu erkennen, denn es gab nirgends Smog, weil es keine Industrie gab. Überall standen Moscheen mit ihren Minaretten. Auf dem europäischen Kontinent sah es genauso aus. Auch hier ragten überall moslemische Heiligtümer in den Himmel. Das setzte sich bis in den hohen Norden fort. Der amerikanische Kontinent hatte sich ebenfalls total verändert. Statt hoher Wolkenkratzer herrschten überall im Land Moscheen vor. Die gesamte Erde erschien ihnen als einziges Jammertal.
»Der Islam ist die herrschende Weltmacht«, erläuterte Cramer. »Er hat mit seiner Religion den gesamten Planeten überzogen und alle Kontinente erobert. In der realen Ebene hat das nur ein Zufall verhindert, sonst wären wir jetzt nicht hier.«
»Wie im Mittelalter«, meinte Beauregard. »Es gibt nicht einmal mehr Flugzeuge und kaum noch Autos, und die Menschen sehen bis auf die Kinder bedrückt und ängstlich aus.«
»Herakles« durchstieß auch diese Welt mühelos. Der Raumer brauchte keinen Orbit einzuschlagen, sondern konnte ungehindert alles durchfliegen.
Auf der dritten Parallelwelt sah es nicht viel anders aus. Nur eine Kleinigkeit hatte sich geändert.
Hier trugen die Menschen ebenfalls wallende Gewänder, und überall herrschte eine strenge Zucht, die ebenfalls an das Mittelalter erinnerte. Autos gab es keine, der Verkehr war total zum Erliegen gekommen . Die meisten Leute ähnelten asketischen Büßern, die unter der unbarmherzigen Knute einer Oberschicht standen.
»Sekten, nehme ich an«, sagte Stafford.
»Richtig, Sir. Die Scientologen haben die Welt erobert, aber auch die anderen Sekten breiteten sich aus.«
Ganz unmerklich wurde das Szenario düster. Die Helligkeit machte einer Zwielichtzone Platz. Es war, als hätte man vor eine unsichtbare Sonne einen dunklen Schleier gelegt. Dennoch waren die Planeten alle deutlich zu erkennen.
»Hier bricht das dunkle Kapitel der Menschheit an«, sagte Leach. »Die Welten waren total dem Untergang geweiht. Auch hier hat nur ein Zufall bewirkt, dass sie sich verschoben haben. Allerdings sind diese Kreuzwege der Zeit nicht immer einwandfrei erkennbar. Man weiß nicht genau, was den Untergang noch rechtzeitig verhindert
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