Am Anfang eines neuen Tages
müsste es doch in deinem Sinne sein, dass er bald wieder gesund wird, damit er für dich arbeiten kann, oder nicht?“
„Ich weiß nicht, woher du diese merkwürdigen Ansichten hast, Josephine, oder wie ich dein Denken berichtigen kann. Früher wusstest du, dass es nicht gut ist, sich mit unseren Sklaven anzufreunden, und jetzt erwartest du, dass sie eine Sonderbehandlung von einem weißen Arzt bekommen?“
Josephine atmete ungehalten aus. „Lizzie hat mich gefragt, ob Dr. Hunter heute kommt, und wenn, ob er sich vielleicht die Verletzungen ihres Mannes ansehen könnte. Es muss ziemlich schlimm sein, wenn sie um Hilfe bittet.“
„Wie kannst du erwarten, dass er unsere Familien behandelt, nachdem er sich die Hände bei denen schmutzig gemacht hat? Er könnte uns alle anstecken. Wage es ja nicht, ihn um so etwas zu bitten!“
„Dr. Hunter sollte derjenige sein, der entscheidet, wem er hilft, meinst du nicht?“
Wie aufs Stichwort hörte Josephine eine Kutsche vor dem Haus vorfahren, und als sie durch das Fenster spähte, sah sie, dass es der Arzt war. Hastig lief sie zur Tür, aber ihre Mutter folgte ihr stehenden Fußes, und gemeinsam sahen sie zu, wie er vom Kutschbock stieg und die Treppe hinaufkam.
„Guten Morgen, meine Damen“, sagte er und nahm seinen Hut ab. Er wollte fortfahren, aber dann blickte er zwischen Josephine und ihrer Mutter hin und her, als habe er die Verärgerung in ihren Mienen entdeckt. „Störe ich?“
„Nein, David. Kommen Sie herein.“
Er blieb auf der Veranda stehen. „Es ist ein so schöner Morgen, dass ich fragen wollte, ob Sie mich auf einer kleinen Ausfahrt begleiten, Eugenia. Und mir war nicht bewusst, dass Sie wieder zu Hause sind, Josephine. Harrisons Rollstuhl ist endlich angekommen und ich liefere ihn heute ab.“ Er zeigte auf seine Kutsche, an der hinten ein hölzerner Stuhl mit großen Rädern festgebunden war. „Ich hatte gehofft, Sie könnten Mrs Blake und mir helfen, indem Sie dabei sind, wenn Harrison den Rollstuhl das erste Mal sieht.“
Jo beeilte sich zu antworten, bevor ihre Mutter etwas sagen konnte. „Das mache ich gerne, Dr. Hunter, aber es gibt zuerst noch eine andere Sache. Unser schwarzer Kutscher wurde gestern Nacht verwundet. Seine Frau, die unseren Haushalt macht, hat gefragt, ob Sie ihn sich ansehen könnten –“
„Und ich habe Josephine gesagt, dass Sie anständige Weiße behandeln. Bitte fühlen Sie sich nicht verpflichtet, meiner Tochter einen Gefallen zu tun. Sie hat sich in letzter Zeit einige merkwürdige Verhaltensweisen angewöhnt.“
Dr. Hunter schien seine Worte gründlich abzuwägen, bevor er antwortete. Er war ein so rücksichtsvoller Mann, ein wahrer Gentleman, und sie zwangen ihn, Partei zu ergreifen. „Eugenia“, sagte er zuerst an ihre Mutter gewandt, „es hat gestern Nacht einen schrecklichen Fall von Gewalt gegen Schwarze gegeben und mehrere von ihnen haben sehr schwere Verletzungen erlitten. Auch wenn Sie zu Recht sagen, dass sie normalerweise nicht meine Patienten sind, scheint es mir klug, mir Ihren Diener anzusehen. Ich weiß, wie wenig Hilfe Sie im Augenblick haben und wie sehr Sie darauf angewiesen sind, dass dieser Mann für Sie arbeitet. Ist er nicht derjenige, der Baumwolle auf Ihrem Land anpflanzen soll?“
„Was für Gewalt?“, fragte Josephine, bevor ihre Mutter antworten konnte.
„Man hat gestern Abend vier Schwarze, die brutal zusammengeschlagen worden waren, in meine Praxis gebracht. Zwei weitere hatten Schussverletzungen. Einer der Männer ist heute früh gestorben und ich fürchte, der andere wird es auch nicht schaffen.“
„Warum die Gewalt? Was haben sie getan?“, fragte Josephine.
„Offenbar leben sie draußen im Wald und die Nachtwachen wollten ihr Lager zerstören. Leider wurden dabei Schüsse abgegeben. Die Schwarzen waren gewarnt worden, den Wald zu verlassen, aber das haben sie nicht getan.“ Er blickte einen Moment lang auf seine Füße hinunter und hob dann wieder den Blick. „Außerdem hat gestern die Schule für schwarze Kinder gebrannt.“
Josephine schluckte. „Wird vermutet, dass das Feuer absichtlich gelegt wurde?“
„Es sieht ganz danach aus. Ich bin aufgewacht, als die Feuerglocke läutete. Dass es hier im Ort Leute gibt, die nicht wollen, dass die Schwarzen eine Schule besuchen, wusste ich schon seit einiger Zeit und ich finde diese Ansicht äußerst tragisch.“
„Wie schlimm war der Brand? Wurde jemand verletzt?“, fragte Josephine.
„Der Mann vom Amt
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