Am Anfang eines neuen Tages
für Freigelassene hat Verbrennungen erlitten und eine Menge Rauch eingeatmet, aber er wird sich wieder erholen.“
Jo überrollte eine Welle der Erleichterung. Überrascht stellte sie fest, dass sie Alexander gernhatte und dass er auf merkwürdige Weise tatsächlich ein Freund geworden war. „Lizzies Kinder haben mir erzählt, dass die Schule geschlossen werden musste.“
„Ja. Jemand muss überprüfen, ob das Gebäude noch sicher ist, und selbst wenn, wird es wohl einige Zeit dauern, bis es renoviert werden kann, nach allem, was ich gesehen habe.“
Jo sah, dass ihre Mutter ihre typische hochmütige Haltung eingenommen hatte, den Kopf stolz in die Höhe gereckt. Wie konnte sie nur so ungerührt sein? Sie war eine fürsorgliche Frau, die tiefe Zuneigung zu anderen Menschen empfinden konnte. Warum empfand sie nichts für die Schwarzen? Aber Jo war klug genug, sie nicht vor ihrem Gast danach zu fragen.
Dr. Hunter berührte kurz Eugenias Arm, als wäre es ihm wichtig, dass sie ihn verstand. „Wenn Sie mich entschuldigen wollen, meine Damen, dann hole ich meine Tasche und sehe nach Ihrem Diener. Es dauert nicht lange.“ Er bemühte sich, Mutter nicht zu beleidigen. Jo wurde bewusst, dass er sie achtete und ihre Meinung ihm wichtig war. Vielleicht zu wichtig.
Josephine machte Anstalten, ihm zu folgen, um ihm den Weg zur Sklavensiedlung zu zeigen, aber ihre Mutter hielt sie zurück. „Lass dir ja nicht einfallen, mit ihm dorthin zu gehen.“
Jo fiel es schwer, sich zu beherrschen und eine gehorsame Tochter zu sein. Sie wandelte auf dem gleichen schmalen Grat, auf dem sich auch Dr. Hunter befand, wobei ihr Gewissen ihr das eine sagte, ihr Pflichtbewusstsein und ihr anerzogener Respekt für ihre Mutter hingegen etwas anderes. „Darf ich Dr. Hunter bitte begleiten, um Harrison mit seinem neuen Stuhl zu helfen?“, fragte sie.
„Natürlich.“
Josephine drehte sich um und ging ins Haus, aber wieder hielt ihre Mutter sie auf.
„Ich weiß, dass du mich für barsch und unvernünftig hältst, Josephine, aber ich will nur das Beste für dich. Es ist wichtig, dass du auch weiterhin als Teil der Gesellschaft hier anerkannt wirst, und das bedeutet, dass du nicht gegen die etablierten Werte verstoßen darfst.“
„Auch wenn diese Werte falsch sind?“ Sie dachte an Daniel und fragte sich, ob er etwas mit der Sache zu tun hatte.
„Ich will nicht, dass du am Ende allein dastehst. Man wird dich merkwürdig finden, dich als Aussätzige betrachten.“
„Aber es ist mein Leben –“
„Ja, und ich werde nicht zulassen, dass du es zerstörst. Der Krieg hat nichts als Trümmer zurückgelassen und wir können es uns nicht leisten, als Einzelpersonen zu handeln. Wir sind Teil einer Gemeinschaft. Wir brauchen einander, gerade jetzt. Wenn du gegen die akzeptierten gesellschaftlichen Normen verstößt, wird dein Leben unendlich viel schwerer und leidvoller. Niemand wird dich akzeptieren. Bitte versteh, dass meine Kritik zu deinem eigenen Besten ist. Deine Familie braucht dich. Ich brauche dich. Ich versuche, dich auf einen besseren, einen einfacheren Weg zu lenken.“
„Aber so vieles hat sich verändert. Der Süden wird nie mehr so sein, wie er war.“
„Umso mehr ein Grund, an unseren Traditionen und aneinander festzuhalten. Die Zukunft ist weniger Angst einflößend, wenn manche Dinge gleich bleiben.“
„Ich verstehe nicht, warum sie Otis etwas antun mussten. Oder die Schule in Brand stecken.“
Ihre Mutter antwortete nicht. Stattdessen schien sie Josephine zu mustern, während sie einen eingebildeten Fussel von ihrer Schulter zupfte und eine Strähne ihres Haares zurückschob. „Du musst nach oben gehen und dich ausgehfertig machen, Josephine. Bitte gib dir mehr Mühe mit deinen Haaren und zieh diese schreckliche Schürze aus. Und während du oben bist, denk bitte über das nach, was ich gesagt habe.“
Jo eilte die Treppe hinauf, unsicher, was sie denken oder fühlen sollte. Sie wusste nur, dass sie wütend war. Während sie die Nadeln aus ihrem Haar zog und es erneut bürstete, wusste Josephine, dass sie sich nicht gegen die Gemeinschaft stellen und isoliert leben wollte, so wie Harrison es tat. Hatte sie ihm nicht gesagt, es sei falsch, sich von allen anderen abzuwenden? Aber warum zwang ihre Mutter sie, zwischen der einen und der anderen Seite zu wählen? Warum konnte sie nicht Lizzie und Otis gegenüber Fürsorge zeigen, sich mit Alexander Chandler unterhalten und trotzdem von den anderen akzeptiert
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