Am Anfang eines neuen Tages
würden sie dann mit zwei kleinen Jungen machen oder mit ihrer schönen Roselle? Sie wollte es sich nicht einmal vorstellen.
„Euch passiert nichts“, versicherte ihr Vater ihnen. „Der liebe Gott wird auf euch aufpassen.“
„So wie er auf dich aufgepasst hat?“, platzte Lizzie heraus.
„Ja, Lizzie. Ich lebe noch und ich werde wieder gesund. Ich habe nur ein paar blaue Flecke abbekommen, das ist alles.“
Sie lief aus der Hütte und zur Küche hinauf und fühlte sich so schlapp und ausgewrungen wie ein alter Putzlappen. Wie eine Schlafwandlerin deckte sie den Tisch für das Frühstück, richtete das Essen auf Platten an und servierte es Miz Eugenia, Missy Mary und Missy Josephine, die vor ein paar Tagen von der Plantage der Blakes nach Hause zurückgekommen war. Lizzie hielt den Kopf die ganze Zeit gesenkt, weil sie Angst hatte, dass sie etwas Schreckliches sagen würde, wenn sie in ihre weißen Gesichter sah. Zum Glück kam Massa Daniel nicht mit den anderen zum Essen herunter. Er war zweifellos ganz erschöpft davon, dass er wehrlose Leute zusammengeschlagen hatte. Lizzie hätte sich niemals dazu zwingen können, den Mann zu bedienen, der ihrem Otis wehgetan hatte.
Endlich war die Mahlzeit vorüber. Lizzies Kinder aßen in der Küche ihr Frühstück und gingen dann zur Schule. Dicht aneinandergedrängt wie kleine Lämmer liefen sie die Straße in Richtung Stadt hinunter. Lizzie hatte sich gerade hingesetzt, um selbst etwas zu essen, als Missy Jo durch die offene Küchentür kam. Sofort sprang Lizzie auf. „Kann ich was für Sie tun, Missy Jo?“
„Nein, nein. Bitte setz dich und iss dein Frühstück weiter, Lizzie. Ich wollte nur fragen … ist bei dir alles in Ordnung? Du hast so ausgesehen, als … machte dir etwas zu schaffen.“
Was konnte sie sagen? Sie traute sich nicht, Missy Jo zu erzählen, dass ihr Bruder ein schrecklicher Mann war, der ohne jeden Grund unschuldige Leute zusammenschlug. „Es geht mir gut.“ Lizzie hielt den Kopf gesenkt und wandte sich von Missy Jo ab, damit diese nicht ihre geröteten Augen und die Tränen sah, die plötzlich darin aufstiegen.
„Bitte sag mir, was los ist, Lizzie. Kann ich dir bei irgendetwas helfen?“
Sie schüttelte den Kopf. Missy Jo war Daniels Schwester und in derselben Familie aufgewachsen. Konnten sie wirklich so unterschiedlich sein? „Nein, danke, Missy Jo. Ihrer Mama würde das nicht gefallen und ich will nicht, dass sie böse wird. Sie hat versprochen, dass Otis das Land bestellen darf, wussten Sie das? Er ist gestern Abend weggegangen, um noch mehr Arbeiter zu finden, und dabei … ist er verletzt worden.“
„Aber wenn er verletzt ist, kann ich ihm vielleicht helfen.“
„Könnten Sie Miz Eugenia sagen, dass es uns sehr leidtut, aber dass Otis sie heute nicht fahren kann?“
Missy Jo schien sie lange zu mustern, bevor sie sagte: „Natürlich, Lizzie. Warum gehst du nicht und kümmerst dich um deinen Mann? Ich erkläre meiner Mutter alles. Und bitte sag mir, wenn ich irgendetwas tun kann.“
„Danke, Ma’am. Dafür bin ich wirklich dankbar. Ich spüle nur zuerst das Frühstücksgeschirr.“
„Das mache ich. Mach dir keine Gedanken über meine Mutter. Nimm dein Frühstück mit und geh, Lizzie.“
„Ja, Ma’am. Danke, Ma’am.“
Aber Lizzie ließ den Teller mit dem Essen stehen und eilte ohne ihn zur Hütte hinunter, weil ihr ohnehin zu schlecht war, als dass sie etwas hätte essen können. Saul und der andere Mann waren fort und Otis schlief. Sie trat neben das Bett und blickte auf ihn hinunter. Wie gerne hätte sie eine Schüssel mit Wasser geholt und seine Wunden gesäubert und ihm das Blut abgewaschen, aber sie wollte ihn nicht aufwecken. Sie war wütend auf Gott, weil er zugelassen hatte, dass die weißen Männer ihn so misshandelten – aber gleichzeitig war sie Gott dankbar, dass er Otis’ Leben verschont hatte.
Lizzie stand immer noch dort und betrachtete den wundervollen, schrecklichen Anblick, den Otis bot, als die Hüttentür aufging und Roselle und die Jungen hereingeschlichen kamen. „Was macht ihr hier?“, flüsterte sie. „Habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt in die Schule gehen? Euer Papa braucht Ruhe.“
„Es gibt keine Schule mehr, Mama“, sagte Roselle. „Gestern Nacht gab es ein Feuer und alles ist verbrannt!“ Sie lief in Lizzies Arme und weinte an ihrer Schulter.
„Ein Feuer? … In der Schule?“ Lizzie hätte nicht schockiert sein dürfen, aber sie war es trotzdem. Hatte sie nicht
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